Wanne-Eickel. Auch in diesem Jahr wurde auf der Cranger Kirmes um die Krone des Revierkönigs gestritten. Elf Starter hatten sich für die Endrunde des Talentwettbewerbs qualifiziert. Geboten wurde viel Rap, wenig Talent und eine nicht unproblematische Jury-Besetzung. Ein fahriger Abend im Bayernzelt.
Zum Schluss freut sich vor allem der Rapper H1. Zusammen mit seinem Kompagnon MQstylez ist er soeben zum Revierkönig 2012 gekrönt worden, jetzt kniet er auf der Bühne des Bayernzeltes und kann sein Glück kaum fassen. Aus den Boxen dröhnt „We are the champions“, dieser ewig rotierende Gewinner-Song von Queen, abgeschmackter geht es kaum. Das passt zu diesem etwas fahrigen Dienstagabend.
Wie üblich in den Kirmestagen wurde wieder einmal um die Krone des Revierkönigs gestritten. Elf Starter hatten sich für die Endrunde des Talentwettbewerbs qualifiziert, der, so schreiben es die Veranstalter, „das Ausnahmetalent im Revier“ zutage fördern soll. Ob Artistin, Tänzer, Sängerin oder Komiker – jeder und jede soll dabei sein. Hauptsache, sie können was.
Song für die Freundin
Die Teilnehmer beim diesjährigen Wettbewerb können vor allem eines: rappen. Das ist nicht schlimm, nur auf Dauer etwas eintönig. Gleich fünf Künstler gehen mit Rap-Songs ins Rennen, sie sind sozialkritisch oder voller großer Gefühle.
Einer widmet seinen Song der Freundin: „Datt is für sie“; die Rapperin C-One singt ihr Stück „Wenn ich könnte“ für ihre „wundervolle Mutter“. Dann soll es losgehen, nur der Beat springt nicht an. „Haben wir doch gerade extra noch geprobt“, ruft die junge Frau Richtung Mischpult. Noch ein Versuch. Wieder nicht. Beim dritten Mal stimmt die Hintergrundmusik. „Wenn ich könnte, würd’ ich die Welt hier besser machen, keiner würde mehr einen anderen Menschen hassen“, reimt die 19-Jährige. Dafür gibt es großen Applaus, der entscheidet über den Gewinner.
Jury hat Mitspracherecht
Und eine hohe Wertung der Jury, auch die hat Mitspracherecht. „Ich bin gerade darüber aufgeklärt worden, dass rappende Frauen sehr selten sind“, sagt Jurymitglied Oliver Beerhenke. Beerhenke ist einer dieser Komiker aus dem Privatfernsehen. „Kein Rap-Experte“, sagt er, „kein Tanz-Experte“, und darum eine nicht unproblematische Jury-Besetzung. Einst war er selbst Gewinner einer Castingshow, immerhin also kennt er sich mit Talentwettbewerben aus.
Weitaus mehr Expertenwissen weist die Sängerin Pamela Falcon auf. Auch der Tänzer, Choreograf und ehemalige Rapper Michael Kassner sitzt in der Jury – ein Totalausfall. Soll er ein Urteil fällen, sagt er gerne „Tja“ oder „Dazu sage ich nichts“. Einem der jungen Rapper, der vor Aufregung seinen Text vergisst, klärt er schulmeisterlich auf: „Professionalität beginnt schon, wenn Du auf die Bühne kommst.“ Als wollte er sich vor allem selbst entlarven.
Gesungen wurde auch: Die erst 16-jährige Künstlerin Jo Marie singt den Pop-Klassiker „Ain’t no mountain high enough“, mit einem Stimmvolumen, das bis in die letzten Ecken des Festzeltes reicht. Dafür gibt es zu Recht Platz zwei.
Folk und Comedy
Die Sängerin Tarya singt „You and me“ von Joan Franka. Michael Kassner hat „Texas-Vibration“, sagt er, „ich weiß nicht warum.“ Der Song klingt nach amerikanischem Folk, daran lag es. Der Comedian Manuel Wolff versucht sein Glück ebenfalls, wird vom Hip-Hop-Publikum allerdings mit Missachtung gestraft. „Du hattest auch einige Fans“, baut Pamela Falcon ihn auf. „Ich glaube, die wollten mich eher verprügeln“, gibt Wolff schlagfertig zurück. Dann trinkt er noch auf der Bühne drei Klare und macht Platz für H1 und seine Leute.
Wie auf Ritalin-Entzug jagen H1, MQstylez und drei Begleiter über die Bühne. Man versteht kaum was sie da rappen, der Beat stampft nur so, im Refrain singen alle: „Und wir gehen ab, ab, ab, ab!“ Das reicht zum Sieg. „Wisst ihr, worauf ich mich freue“, freut sich Moderator Helmut Sanftenschneider gleich nach dem Auftritt, „der Sieger tritt im nächsten Jahr bei der Eröffnungsfeier auf. Da sitzen dann Franz Müntefering und die ganze Polit-Prominenz.“ Die werden sich auch freuen.