Hattingen. Seit 2005 gibt es auch in Hattingen Stolpersteine für Opfer des Holocaust. Eine beispielhafte Aktion über den Umgang mit der eigenen Geschichte.

Wie gehen wir um mit unserer eigenen Geschichte? Wie halten wir die Erinnerung wach an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft? Wie lebt unsere Gesellschaft mit dieser Art von: Tod? In Hattingen gehört zur Antwort auf diese Fragen unter anderem auch die Aktion „Stolpersteine“.

Angeregt hatten die Beteiligung an der Aktion des Kölner Künstlers Gunter Demnig dabei Teile der hiesigen Bevölkerung.

Zehn mal zehn Zentimeter große Messingplatten

Die ersten elf Stolpersteine in Hattingen wurden am 13. Dezember 2005 verlegt, acht weitere folgten am 6. Juni 2014: zehn mal zehn Zentimeter große Messingplatten, die Raum für gerade einmal die wichtigsten Lebensdaten bieten, verlegt in den Boden an Orten, an denen die NS-Opfer bis zu ihrer Flucht, Verhaftung, Deportation lebten.

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Da sind zum Beispiel das jüdische Zahnarzt-Ehepaar Markes und die vierköpfige jüdische Familie Markus, die jeweils nacheinander in dem 1980 abgerissenen Haus an der Bahnhofstraße 6 wohnten. Die Eheleute wurden nach Auschwitz deportiert, die Familie Markus ins polnische Ghetto Zamosc. Nach Kriegsende wurden alle sechs für tot erklärt.

Kaplan Hubertus Antonius Maria Mol lebte nur wenige Tage in Hattingen.
Kaplan Hubertus Antonius Maria Mol lebte nur wenige Tage in Hattingen. © Foto: Stadtarchiv Hattingen

Gestorben durch Genickschuss

Ein anderer Stolperstein erinnert an Kaplan Hubertus Antonius Maria Mol, einen Kriegsgefangenen aus den Niederlanden, der ab dem 5. April 1943 als Zwangsarbeiter auf der Hütte arbeiten musste. Er ist im Hof des ehemaligen Ledigenheims der Hütte an der Welperstraße 49 verlegt – dort war Mol untergebracht in seinen letzten Lebenstagen. Mol, geboren am 6. Mai 1914, habe laut amtlicher Todesursache am Morgen des 13. April 1943 plötzlich einen Herzschlag erlitten. Jahre später nannte der Bestatter den wahren Grund: Genickschuss.

Hattingens Stadtarchivar Thomas hat diese und alle weiteren Schicksale der Toten, an die die 19 Stolpersteine in Hattingen erinnern, aufgeschrieben. Zu finden sind diese Lebensläufe auf der Stadtseite im Internet unter dem Link: https://t1p.de/ut1w

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