Hattingen. Die Abrahams aus Hattingen sind froh, dass es in der Nachbarstadt einen Tierfriedhof gibt. Regelmäßig besuchen sie das Grab ihrer toten Haustiere.

Elsos Tod hat Lydia und Jürgen Abraham völlig unerwartet getroffen. Zu ihrer Tierärztin brachten sie ihren Kater an seinem letzten Lebenstag, ihm sollte ein Zahn gezogen werden. Doch dabei entdeckte die Veterinärmedizinerin einen fortgeschrittenen unheilbaren Knochenkrebs. Elso solle nicht mehr aus der Narkose erwachen, entschied das Hattinger Ehepaar daraufhin schnell. Und dann? Wohin mit dem toten Tier?

Elso einfach weggeben konnten sie nicht

„Wir wollten nicht, dass Elso in einer Tierkörperbeseitigungsanlage endet, Fettteile seines Körpers in der Industrie als Brennstoff eingesetzt und anderes zu Tiermehl verarbeitet wird“, sagt Lydia Abraham (59). Und ihr Mann Jürgen (57) fügt hinzu: „Elso einfach so weggeben, nein, das konnten wir nicht.“ Zumal sich die Abrahams bis heute schmerzlich daran zurückerinnern, dass sie genau so hatten handeln müssen, als im Jahr 2001 kurz hintereinander ihre Katze Kleo und sein Hund Tasso starben und sie nicht wussten, wie sie deren gesetzlich vorgeschriebener „Entsorgung“ sonst hätten nachkommen können.

Denn von einem Tierfriedhof hatten sie damals noch nichts gehört. Diesmal aber fiel ihnen nach dem ersten Schock der Tierfriedhof „Wolkenreise“ in der Nachbarstadt Sprockhövel ein, Freunde hatten dem Bredenscheider Ehepaar schon einmal von diesem erzählt. „Wir sind froh, dass es so etwas gibt“, betonen die Abrahams.

Ihren Kater wollten sie in Würde bestatten

Auf der seit 2006 bestehenden Anlage der Familie Hassel in Obersprockhövel haben sie Elso in Würde bestatten können, ihn in einem mit Blumen geschmückten Holzsarg am Tag nach seinem Tod beigesetzt. In einem 1x1 Meter großen Wahlgrab, das Jürgen Abraham, von Beruf Landschaftsgärtner, nach persönlichen Vorlieben gestaltet hat. Vor der Beisetzung hatten Lydia und Jürgen Abraham den toten Kater-Körper von der Tierärztin noch für eine Nacht mit zu sich nach Hause genommen. „Wir wollten Abschied von Elso auch in seiner gewohnten Umgebung nehmen“, sagen die zwei.

Das Tiergrab des Hattinger Ehepaares Abraham auf dem Tierfriedhof „Wolkenreise“: Hier haben sie ihren Kater Elso und ihre Katze Lea bestattet – und symbolisch zudem ihre drei Pferde Feivel, Tobias und Wino.
Das Tiergrab des Hattinger Ehepaares Abraham auf dem Tierfriedhof „Wolkenreise“: Hier haben sie ihren Kater Elso und ihre Katze Lea bestattet – und symbolisch zudem ihre drei Pferde Feivel, Tobias und Wino. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Achteinhalb Jahre ist das inzwischen her, doch wenn sie erzählen von ihrem verstorbenen Kater, dann rückt sein Leben wieder in die unmittelbare Gegenwart. Viele gemeinsame, schöne Erlebnisse verbinden sie mit ihrem geliebten Haustier; ein enges Familienmitglied wie auch seine Schwester Lea, die vor zwei Jahren starb und heute neben Elso auf dem Tierfriedhof „Wolkenreise“ bestattet ist. Dazu sind ebendort, symbolisch, auch drei Pferde des Ehepaares beigesetzt: Feivel, Tobias und Wino.

Drei kleine Spielzeugpferde auf der Grabstätte erinnern an ihre Pferde

Drei kleine Spielzeugpferde auf Elsos und Leas Grabstätte erinnern an die Vierbeiner, deren tote Körper die Abrahams alle einem Abdecker überließen. Die erlaubte Alternative, die Pferde einzuäschern und dann beizusetzen, „ist nicht so mein Ding“, sagt Jürgen Abraham, der sich auch für Großtiere die Möglichkeit einer Sargbestattung wünschen würde.

„Wir sind mit Tieren schon sehr speziell“, gesteht er. Doch ihr Umfeld akzeptiere das, betonen beide unisono. Und ohnehin gewinnt die respekt- und liebevolle Bestattung eines (Haus)-Tieres heutzutage ja auch zunehmend an Bedeutung.

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Für Lydia und Jürgen Abraham indes war es damit allein nicht getan. Jeden Sonntag besuchen sie bis heute das Grab von Elso und Lea, erzählen ihnen etwas von ihrem Alltag und von dem, „was uns gerade bewegt“. Und jedes Jahr zu Weihnachten stellen sie eine kleine, mit einer Solarlichterkette geschmückte Zuckerfichte aufs Grab.

Die Liegezeit wollen sie immer wieder verlängern – so lange sie leben

Drei Jahre beträgt dabei die Mindestliegezeit für ein solches Wahlgrab, die Abrahams indes sagen: „Wir werden die Liegezeit immer wieder verlängern - so lange wir leben.“ Das seien sie Elso und Lea schuldig.

Heute übrigens sind Lydia und Jürgen Abraham wieder zu viert, leben mit Merlin und Elsa, einem Kater und seiner Katzen-Schwester, zusammen. Mit ihrer „Wolkenreise“ werden diese, so hoffen Lydia und Jürgen Abraham, hoffentlich noch lange warten.

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