Hattingen. Biologe Thomas Kordges blickt auf die Natur in Hattingen früher, heute und in Zukunft. Feuersalamander und andere Arten sind stark bedroht.

Die Umwelt, der Umweltschutz und der Klimawandel sind Themen, die nicht nur die Hattinger umtreiben. Was der Blick in die Vergangenheit über die Zukunft verrät, erklärt Biologe Thomas Kordges. Wie die Hattinger Umwelt 2030 aussieht, haben die Menschen zumindest zum Teil selbst in der Hand.

Pandemie rottet Feuersalamander aus

Thomas Kordges ist Naturschützer und Landschaftsplaner. Als solcher beobachtet der 63-Jährige seit mehr als 40 Jahren die Veränderungen der Flora und Fauna in und um Hattingen. „Dabei gibt es Veränderungen im Positiven und auch im Negativen, die ich nie für möglich gehalten hätte“, sagt er.

Krisen durch Krankheiten, wie aktuell Corona, gibt es auch in der Tierwelt. Kordges nennt den Feuersalamander als Beispiel. „Früher war der in Hattingen weit verbreitet.“ Seit etwa zehn Jahren breite sich in NRW aber der Salamanderpilz aus. „Der ist hochansteckend - eine Pandemie, die große Populationen der Tiere ausgelöscht hat“, weiß der Biologe. Einige Bereiche in Hattingen seien schon jetzt komplett frei von Feuersalamandern. „Wir könnten ihn als einheimische Art komplett verlieren.“

Arten verschwinden zunehmend

Auch bei anderen Tierarten beobachtet Kordges Beunruhigendes: „Feldsperling, Star und Feldlerche gab es früher in Mengen, heute muss man sie suchen.“ Der Kiebitz musste in den vergangenen zehn, 15 Jahren einen Bestandseinbruch um fast 90 Prozent verkraften. Ebenso wie der Salamander fällt die Geburtshelferkröte einem Pilz zum Opfer.

Auch die klimatischen Veränderungen haben in Hattingen Folgen. „Es sind für jeden sichtbare, wie dass am Landhaus Siebe der Skilift nicht mehr fährt. Das ist im wahrsten Sinn Schnee von gestern“, sagt Kordges.

Gewässer fallen erstmals seit Jahrzehnten trocken

Veränderungen der Niederschläge haben aber auch Folgen für die Gewässer. „Ich habe im vergangenen Jahr Bäche das erste Mal in 40 Jahren trockenfallen sehen.“ Das habe dramatische Folgen für Fische, Insekten und Amphibien. „Ein oder zwei Mal ist das in einem gesunden System kein großes Problem, aber es gibt Hinweise, dass sich das künftig häufen wird“, fürchtet der Biologe.

Schon jetzt sei sichtbar, dass viele Bäume in den Hattinger Wäldern nicht über den Winter gekommen seien. Durch zu wenig Wasser im Sommer, lassen ihre Abwehrkräfte nach. „Das wird eine große Herausforderung für den Forst. Man muss mit neuen Arten nachbessern, will aber auch nicht unbedingt Arten pflanzen, die hier nicht hingehören“, beschreibt er das Dilemma.

Wasserqualität hat sich sehr verbessert

Zum Beispiel am Riesenbärenklau, der Ausbreitung von Waschbären und asiatischen Gründelarten, die alles wegfressen, oder auch amerikanischer Krebsarten in den Flüssen wird deutlich, wie sich Fauna und Flora durch den Eingriff des Menschen negativ verändern.

Aber Thomas Kordges beobachtet auch Positives. So habe sich die Wasserqualität deutlich verbessert. „Früher schwammen noch meterhohe Schaumteppiche auf der Ruhr.“ Da sei vieles besser geworden, dennoch gebe es noch Handlungsbedarf.

Kordges spricht den geplanten Umbau der Ruhr an, der in Hattingen auf massiven Prostest stößt. Ziel sei es, die Struktur des Flusses zu verändern – zum Beispiel könnten Lachse ihre Eier nur in Kiesbetten ablegen. „Auch andere Arten brauchen Nebenrinnen zwingend zum Ablaichen.“ Kordges verweist auf das Potenzial des Flussabschnitts für anspruchsvollere Arten. „Natürlich sind die Buhnen auch schön“, betont er, doch an der Hattinger Ruhr sei so viel mehr möglich.

Wanderfalke und Schwarzstorch kommen zurück

Selbst mithelfen können auch alle Bürger. „Die Vermüllung ist ein Problem. Da muss sich jeder an die eigene Nase packen.“ Zudem werde ein Bewusstsein entwickelt: Warum nicht eine Wildwiese statt Intensivrasen, Grün statt Schotter, Wildblumen statt hochgezüchteten Arten ohne Nutzen für die Insekten?

Zum Schluss blickt Thomas Kordges auch positiv in die Zukunft. So gebe es Entwicklungen, mit denen er nicht gerechnet habe: „Als ich Biologie studiert habe, da waren manche Arten in Hattingen quasi ausgestorben. Und heute gibt es zum Beispiel Wanderfalken und den Schwarzstorchwieder bei uns“, freut er sich. Auch anspruchsvolle Libellenarten seien mit der verbesserten Wasserqualität aufgetaucht. „Das macht Mut für die Zukunft.“

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