Hattingen. Hattingen wird auch 2030 als attraktive Heimatstadt wahrgenommen, sagt Baudezernent Jens Hendrix voraus. Dafür müsse aber weiterer Wohnraum her.
Nicht nur der Klimawandel hat bereits wahrnehmbar eingesetzt. Auch der demografische Wandel läuft – und wird massive Auswirkungen auf das Zusammenleben in den Städten haben. Zwar wird der Bevölkerungsrückgang in Hattingen bis zum Jahr 2040 mit 1,5 Prozent weit geringer ausfallen als im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis (12,1 Prozent). Aber: Ein Drittel aller Hattingerinnen und Hattinger werden Senioren sein.
„Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt Baudezernent Jens Hendrix. Wie die Stadt im Jahr 2030 aussehen wird? Da ist sich Hendrix sicher: „So liebens- und lebenswert wie heute.“ Warum? „Weil dann umgesetzt ist, was wir heute planen, also jetzt schon wissen. Beim Bauen dauert es eben meist sehr lange.“
Immer mehr Senioren suchen kurze Wege
Womit wir bei der zentralen Voraussetzung für das Eintreffen der Prognose sind. „Wir müssen bauen“, fordert Hendrix. „Stagnation wäre fatal.“ Das Wohnen in der Innenstadt werde an Bedeutung noch mehr zunehmen. Immer mehr Senioren suchten kurze Wege. Hier habe die Stadt mit ihrem Ansatz „Innenverdichtung vor Außenbebauung“ in den vergangenen zehn Jahren viel erreicht.
„Nun müssen auch die restlichen Potenziale ausgeschöpft werden“, mahnt Hendrix. Auf dem ehemaligen O&K-Gelände, an der Bahnhofstraße, im gesamten Bereich Pottacker - wo eben möglich, müssten neue Wohnungen entstehen.
Über Rathausplatz und Reschop-Bunker nachdenken
Reichen wird das nicht. Auch da ist sich der Baudezernent ziemlich sicher. Als Konsequenz blieben zwei Möglichkeiten. „Alte Pläne müssten mit neuem Schwung versehen werden“, sagt Hendrix. Und meint etwa den Bunker am Reschop. Vor Jahren hat ein privater Investor Pläne für eine Wohnraumnutzung vorgelegt. Und sich dann nicht mehr gemeldet.
Auch die Idee, den Rathausplatz zu bebauen, holt der Baudezernent noch einmal aus der Planungskiste. Vor Jahrzehnten als Vision verfolgt, war sogar von einem „Campanile“ als Landmarke die Rede. Dann wurden die Pläne eingemottet.
Behutsam mit der historischen Baustruktur umgehen
„Vielleicht denkt man noch einmal drüber nach“, regt Hendrix an. „Ohne Campanile natürlich. Landmarken dieser Art braucht unsere Innenstadt nicht. Da tun wir gut daran, behutsam mit der historischen Baustruktur umzugehen.“
Apropos behutsamer Umgang: Mit der Verdichtung der Innenstadt wollte die Stadt nicht zuletzt verhindern, das in den Stadtteilen Grünflächen für neuen Wohnraum geopfert werden. Auch darüber werde man bis 2030 neu nachdenken müssen, meint Jens Hendrix.
In Holthausen und Welper sei im vergangenen Jahrzehnt viel passiert. Künftig kämen andere Stadtteile in den Blick. „Dabei geht es nicht nur um Neubauten“, erläutert Hendrix. „Wir müssen uns auch um die Infrastruktur kümmern. Nicht nur Niederbonsfeld hat da große Probleme.“
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Ruhr
Neben der Innenstadt und den Ortsteilen sieht Hendrix noch einen dritten Schwerpunkt der Stadtentwicklung: die Ruhr. „Die Ruhr-Promenade in Winz-Baak, das Henrichsforum an der Werksstraße, der Gethmannsche Garten in Blankenstein – ich hoffe, dass bis 2030 möglichst viel davon fertig ist.“
Die großen Fäden für die Zukunft hält bei der Verwaltung Regine Hannappel zusammen. Sie leitet die Abteilung Strategische Stadtentwicklung und denkt schon deshalb stets zehn Jahre voraus. Ökologie, Ökonomie und Soziales sind die drei Säulen, an denen sie ihr Handeln ausrichtet.
Bemühungen um die Ansiedlung eines An-Instituts laufen bereits
„Dass wir unser Verhältnis zu Natur und Umwelt dringend überdenkenmüssen, ist nie so klar geworden wie 2019“, sagt Hannappel zur Ökologie. „Mit dem Klimaschutzkonzept sind wir auf dem Weg zur Ökostadt Hattigen. Wir wollen die 50 Einzelmaßnahmen jetzt so schnell wie möglich umsetzen.“
Bei der Ökonomie gehe es nicht nur um Ansiedlung von Unternehmen, sondern auch um Zugang zur Wissensgesellschaft. Hier ließe sich die Nähe zur Ruhr-Universität sicher noch besser nutzen, meint Regine Hannappel. Bemühungen um die Ansiedlung eines An-Instituts liefen bereits.
Und dann ist da noch das Soziale: demografischer Wandel, Infrastruktur, Bildung, Bürgerbeteiligung. Die Stadt lebt, wenn die Bürgerinnen und Bürger mitmachen. „Das tun sie immer öfter und ich denke, dieser Trend wird noch zunehmen“, meint Jens Hendrix. Er findet das gut, wenn der Ton sachlich bleibt. Schließlich sei die Stadt Dienstleisterin für ihre Bürger. „Da müssen wir schon darüber diskutieren, was wir vorhaben, und Sorgen und Nöte ernst nehmen.“