Hattingen. Im Jahr 2030 werden 5500 Hattingerinnen und Hattinger Diabetes Typ 2 haben. Chefarzt Juris Meier empfiehlt Sport und setzt auf eine Zuckersteuer.
Diabetes ist eine Volkskrankheit, die weltweit auf dem Vormarsch ist. Auch in Hattingen. Die Aussichten in den nächsten zehn Jahren sind eher trübe.
„Bis zum Jahr 2030 wird es in Hattingen eine deutliche Zunahme geben“, sagt Prof. Juris Meier, Chefarzt der Diabetologie des Klinikums Bochum und der Klinik Blankenstein.
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„Acht Prozent der Deutschen haben Diabetes. Das heißt: Zurzeit leiden etwa 4400 Hattinger an der Krankheit. In zehn Jahren werden es zehn Prozent sein, also ungefähr 5500“, prognostiziert der Fachmann. Die AOK meldet in ihrem aktuellen “AOK-Gesundheitsatlas Diabetes mellitus Typ 2“ sogar, dass schon jetzt 9,4 Prozent der Bürger im EN-Kreis an Diabetes Typ 2 erkrankt sind.
Die Patienten werden immer jünger
Dabei könne man beim Diabetes Typ 2, dem sogenannten Alterszucker, selbst viel dazu beitragen, dass man die Krankheit erst gar nicht bekommt. Und, wenn man sie hat, gibt es die große Chance, sie zu besiegen, indem man einen entsprechenden Lebensstil führt.
Denn es sind in erster Linie Bewegungsarmut und Fastfood-Essen, was Übergewicht zur Folge hat und so den Diabetes auslöst. „Wir stehen vor einer Lawine, die uns überrollt“, erklärt Juris Meier. 20 bis 30 Prozent der über 60-Jährigen sind betroffen. Und die Patienten werden immer jünger.
Die Folgeerkrankungen sind gravierend. Es gibt ein hohes Risiko für Herzinfarkt, Nierenschädigungen, Schlaganfall, Erblindung und Amputationen. „Man hat in England eine Gruppe von Diabetikern ein Jahr lang intensiv begleitet, auf Bewegung und richtige Ernährung geachtet. Ein großer Teil der Menschen war am Ende der Studie komplett frei von Diabetes“, erklärt Juris Meier.
Es gibt auch durchaus Menschen mit einem BMI von 40
Im Durchschnitt haben Menschen mit Diabetes einen Body-Mass-Index (BMI) zwischen 30 und 35. Das ist eine Maßzahl für die Bewertung des Übergewichts. Bei einem BMI ab 30 sprechen die Ärzte von Adipositas, also Fettleibigkeit. „Es gibt aber auch durchaus Menschen mit einem BMI von 40“, sagt der Diabetologe. Man müsse vor allem auf Kinder- und Jugendliche achten.
Meier: „Während früher die Krankheit frühestens mit dem 40 Lebensjahr auftrat, trifft der Diabetes Typ 2 mittlerweile auch Kinder und Jugendliche im Alter von elf oder zwölf Jahren. Vor 20 Jahren gab es das nicht.“ Auch da sind schuld: falsche Ernährung, stundenlanges Sitzen mit dem Handy in der Hand oder vor der Playstation, also kaum Bewegung.
Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft will eine Zuckersteuer einführen
Professor Meier erklärt, man gehe das Thema in Deutschland sowohl überregional, als auch regional an. „Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft setzt sich dafür ein, dass eine Zuckersteuer eingeführt wird. Regional sind wir im Gespräch mit Politikern und Krankenkassen, mit Selbsthilfegruppen und Sportverbänden, um lokale Programme zu entwickeln, Prävention und Aufklärung in Kindergärten und Schulen voranzutreiben.“
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Beim Diabetes Typ 1 liegt eine ganz andere Problematik vor. Den bekommen auch junge Menschen, die Sport treiben und sehr schlank sind. „Den hat man oder man hat ihn nicht“, sagt Meier. Da spiele das persönliche Verhalten keine Rolle.
Vor 100 Jahren war die Diagnose ein Todesurteil
Aber es gibt gute Nachrichten. „Vor 100 Jahren war die Diagnose ein Todesurteil. Mittlerweile kann man damit alt werden, wenn der Zucker immer gut eingestellt ist.“ Denn die Technologie schreite zum Wohle der Patienten unglaublich schnell voran. „Da tut sich ganz viel mit intelligenten Insulinpumpen, die das ständige Spritzen vermeiden und den Zucker kontinuierlich auf Normalwert halten. Das sind wirklich gute Aussichten für die Patienten“, sagt Juris Meier erleichtert.