Hattingen. Landwirt Peter Oberdellmann wagt einen Blick in die Zukunft: So sieht er in Hattingen die Landwirtschaft 2030.

„Die Landwirtschaft wird in Hattingen sicherlich nicht aussterben. Aber ich glaube, der Strukturwandel wird auch hier weitergehen, wenn auch vielleicht nicht mehr ganz so krass wie in den letzten Jahrzehnten“: Diese Prognose wagt Peter Oberdellmann (46), der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, für die Zeit bis zum Jahr 2030.

Einen weiteren größeren Schrumpfungsprozess in der Landwirtschaft erwartet Oberdellmann für die nächsten Jahre nicht

Allein neun Betriebe in Holthausen, erinnert sich Peter Oberdellmann, hätten in seiner Kindheit noch Milchvieh gehalten. „Heute gibt es im Stadtteil nur noch einen.“ Insgesamt sei die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten 20, 30 Jahren in Hattingen um etwa die Hälfte auf zurzeit rund 50 Betriebe zurückgegangen, rechnet er vor.

Einen weiteren größeren Schrumpfungsprozess in der Landwirtschaft werde es in Hattingen in den nächsten Jahren allerdings nicht mehr geben, glaubt Peter Oberdellmann. Aber anno 2030 wohl noch weniger Betriebe als heute, die ausschließlich von der Landwirtschaft leben, ist er überzeugt.

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„Bei uns in der Gegend ist es dabei schon jetzt so, dass viele Bauern sich weitere Einnahmequellen durch das Anbieten von Dienstleistungen geschaffen haben“ – mit Pensionspferden zum Beispiel, mit Mietwohnungen auf dem Hofgelände, ein Betrieb wäscht im großen Stil auch Pferdedecken, er selbst will in Kürze am Salzweg einen Eierautomaten aufstellen, auch ein solcher Weg regionaler Vermarkung könne für den ein oder anderen Landwirt hier eine Nische sein.“

Prognose: Immer mehr Höfe in Hattingen werden nur noch im Nebenerwerb bewirtschaftet

Die Kreativität bei solcher Art von Nischen für zusätzliche Einnahmequellen werde unter den Hattinger Landwirten dabei im nächsten Jahrzehnt zunehmen, glaubt Peter Oberdellmann. Zudem würden die Nachfolgegeneration der heutigen Hofbetreiber zunehmend mehr mit einem nichtlandwirtschaftlichen Job den Lebensunterhalt der Familie sichern, „immer mehr Höfe werden also nur noch im Nebenerwerb bewirtschaftet.“

https://www.waz.de/staedte/hattingen/stadtteil-check/hattingen-und-sprockhoevel-mitmachen-beim-stadtteil-check-id228273101.htmlSich finanziell breiter aufzustellen als allein auf die Landwirtschaft zu setzen, erachtet er indes für durchaus richtig, auch weil Hattingen schon aufgrund der Topographie und hohen Zersiedelung nur sehr bedingt geeignet ist für größere Betriebe, deren Produkte preislich zudem direkt vom Weltmarkt abhängig sind.

Anforderungen an die Produktion von Nahrungsmitteln werden immer höher und teurer

Zudem würden die Anforderungen an die Produktion von Nahrungsmitteln immer höher und teurer. Nachhaltigkeit etwa, sagt Peter Oberdellmann, sei schließlich gerade auch in der Landwirtschaft ein wichtiges Thema, „die behördlichen Auflagen auf dem Weg hin zu dieser nehmen in den kommenden Jahren weiter zu“.

Nicht, dass der 46-Jährige dafür kein Verständnis hätte, eine entsprechende Offensive hätten die Landwirte in Westfalen-Lippe 2017 sogar selbst angestoßen.

Doch Peter Oberdellmann sieht auch die damit verbundenen Gefahren: „Eine nachhaltigere Landwirtschaft umzusetzen, beim Tierschutz, beim Umweltschutz, heißt in letzter Konsequenz doch auch, dass man dafür etliches an Geld in die Hand nehmen muss“, erklärt er. Aber nicht jeder Betrieb sei dazu finanziell in der Lage – wenn das Produkt am Ende keinen entsprechenden Mehrpreis erzielt oder dieser Mehraufwand anderweitig ausgeglichen wird.

Oberdellmann: Auch der Klimawandel birgt für uns Landwirte ein unkalkulierbares finanzielles Risiko

Und auch der Klimawandel berge für Hattingens Landwirte ein unkalkulierbares finanzielles Risiko. „Mit trockenen Böden hatten wir hier ja schon in den letzten beiden Jahren zu tun.“ Bewässerungsanlagen zu bauen, wie es sie etwa in den Niederlanden gibt, sei in Hattingen allerdings nicht möglich, „das wäre hier aufgrund der natürlichen Gegebenheiten viel zu teuer. Wir können da im Grunde nur abwarten, was passiert. Wenn der Regen ausbleibt, müssen wir gegebenenfalls Futterpflanzen für die Tiere zukaufen – so lange, wie es sich noch rechnet.“

>>> ZUR PERSON

Peter Oberdellmann bewirtschaftet den Kneibel-Hof in Hattingen-Holthausen seit dem Jahre 2005, dieser ist seit 1868 im Besitz der Familie.

In der letzten Generation wurde der Kneibel-Hof ausschließlich als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb geführt und durch Zupacht von Flächen von Nachbarn vergrößert.

Heute kombiniert Peter Oberdellmann mit seiner Familie dort Landwirtschaft und Tourismus, um wirtschaftlich breiter und sicherer aufgestellt zu sein.