Gladbeck. Mehrere Ortsvereine haben sich zusammengeschlossen, NRW-weit sind die Umfragewerte schlecht. Warum SPD-Chef Dustin Tix dennoch nicht zweifelt

Die SPD in der Krise? Laut aktuellem NRW-Check kennen die Menschen im Land das Spitzenpersonal nicht mal mehr, und auch in Gladbeck haben sich jüngst mehrere Ortsvereine zu einem gemeinsamen Ortsverein Gladbeck-Nord zusammengeschlossen, da die einzelnen Ortsvereine zu wenig Mitglieder hatten. Die WAZ hat mit SPD-Chef Dustin Tix über die aktuelle Situation gesprochen.

Nachdem die SPD im Sommer 2022 bereits die Ortsvereine im Stadtsüden zusammengelegt hat, haben nun auch die Ortsverbände im Norden fusioniert. Geht es der SPD so schlecht?

Dustin Tix: Ich habe nicht den Eindruck, dass es uns schlecht geht. Aktuell ganz im Gegenteil. Wir haben gerade viele Neueintritte. Im ersten Quartal diesen Jahres sind wir mit 15 bis 20 Neueintritten ordentlich gewachsen. Wir sind jeden Samstag mit einem Infostand in der Innenstadt vertreten und da kommen viele Menschen auf uns zu, die sagen, dass sie sich engagieren möchten. Mein Eindruck ist, dass mehr Menschen jetzt die Notwendigkeit sehen, sich zu positionieren.

Dennoch haben sich die Ortsvereine zusammengeschlossen, da es nicht genügend Mitglieder gibt.

Die Zusammenschlüsse der Ortsvereine waren seit längerer Zeit überfällig. Wir haben schon 2016 als Jusos gefordert, die Strukturen zu überdenken, da die Ortsvereine geschrumpft sind. 2022 hatten wir noch neun Ortsvereine in Gladbeck, jetzt sind es noch drei. Ich habe aber das Gefühl, dass alle Ortsvereine sehr lebendig sind, es gibt viele Aktionen vor Ort. So aktiv können sie durch die Bündelung der Kräfte sein. Denn komplett tote Ortsvereine wiederzubeleben, das bringt es am Ende nicht. Wir möchten die Neumitglieder vielmehr in Strukturen bringen, die funktionieren. Dazu gehören auch regelmäßige Treffen. Mit der neuen Struktur sind wir jetzt überall komplett handlungsfähig. Das ist auch wichtig für die anstehende Europawahl.

Wie wollen Sie es schaffen, die SPD neu zu beleben?

Wir sind aktuell gut belebt. Wir beanspruchen für uns, die aktivste Partei vor Ort zu sein. In den vergangenen zwei Jahren, in denen ich Vorsitzender bin, ist viel passiert. Wir haben Zukunftskonferenzen gemacht und uns nie gedrückt, kritische Themen anzusprechen. Zum Beispiel als es um die ZUE in Wittringen ging, haben wir eine Bürgerveranstaltung organisiert, zu der über 350 Menschen kamen.

Laut aktuellem NRW-Check hat Ihre Partei landesweit große Probleme, denn viele Menschen kennen das Spitzenpersonal gar nicht.

Das Problem haben wir in Gladbeck aber nicht. Wir haben eine Bürgermeisterin, die omnipräsent ist und eine hohe Transparenz in ihrer Arbeit hat. Auch die Ratsfraktion macht eine sehr solide Arbeit, trotz wechselnder Mehrheiten haben wir einen soliden Haushalt auf den Weg gebracht. Unsere Partei ist sehr umtriebig.

Dennoch wird sie von den Menschen nicht mehr als Kümmerer-Partei wahrgenommen. Und gerade das war doch das Herzstück der SPD.

Wir sind noch eine Kümmerer-Partei, absolut. Viele Anliegen der Menschen erreichen uns noch. Erst heute bekam ich einen Anruf mit einer Beschwerde über schmutzige Wege an der Mosaikschule, das sind genau diese kleinen Dinge. Aber auch zum Verkehrsversuch Buersche Straße haben wir massig Feedback bekommen, sowohl von Händlern als auch von Bürgern, und das war ja auch ein Grund, den Versuch zu beenden. Die SPD ist definitiv also immer noch Kümmererpartei. Aber nicht nur.

Sondern?

Wir wollen auch die Partei sein, die mal Visionen vorstellt, wir wollen der politische Taktgeber und Vordenker von Themen in der Stadt sein. Wir möchten immer auch Menschen beteiligen, die Affinität für ein Thema haben, auch wenn sie kein Parteibuch haben.

Der allgemeine Trend, dass die SPD in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden droht, trifft auf Gladbeck also nicht zu?

Davon bin ich stark überzeugt. Ohne uns wäre kein Haushalt zustande gekommen, ich glaube, dass die Menschen das honorieren. Auch wenn das Thema zunächst einmal niemanden hinter dem Ofen hervor locken kann, kommen die Effekte des Haushalts doch bei den Menschen an. Die Leute sehen, dass eine Schule gebaut, eine Straße saniert wird und auch der Sportpark Mottbruch gebaut wird. Und wir möchten auch weiter daran festhalten, Themen in Bürgerveranstaltungen anzugehen, auch wenn die Themen unangenehm sind. Das haben wir zuletzt bei der ZUE, bei der Steinstraße, beim A52-Ausbau und dem Windrad gemacht. Auch, wenn manchmal nur 20 Leute da waren.

20 Besucher sind nicht gerade viel...

Es gibt immer eine gewisse Zahl an Menschen, die keine Lust hat, sich einzubringen. Es wird aber wahrgenommen, dass wir als Partei einiges ausprobieren, so machen wir jede Veranstaltung Bürgeroffen und nicht nur Mitgliedern zugänglich.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die anstehende Europawahl?

Entscheidend wird die Wahlbeteiligung sein. Der Bezug der Menschen zur EU fehlt, für viele ist das viel zu weit weg. Angesichts der weltpolitischen Lage ist ein starkes Bündnis, das unsere Werte geeint verteidigt, enorm wichtig. Und obwohl die Wichtigkeit der EU enorm ist, ist die Entfernung und die Komplexität so hoch, dass viele Menschen nicht zur Urne gehen werden. Daher ist es unsere Priorität, die Wähler zu mobilisieren.

Wie große Sorgen haben Sie, das angesichts der derzeitigen Umfragewerte für die SPD zu schaffen?

Natürlich stimmen mich solche Umfragen nicht zufrieden, Sorgen mache ich mir dennoch nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass die SPD fähig ist, mit richtigen Themen und authentischem Personal die Wahlen zu gewinnen.

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