Gladbeck. Sind Straßensperrungen im Einsatz gegen die Gefahr durch Elterntaxis an Schulen eine Lösung? Das sagen Schulen, Stadt und Elternvertreter.

Es gibt wohl kaum einen Schulstandort – und das gilt weit über Gladbeck hinaus – an dem nicht über den Hol- und Bringverkehr geklagt wird. Die „Elterntaxis“ rollen bis vor den Eingang, die Kinder steigen aus und verschwinden im Gebäude. Dabei entsteht nicht selten draußen auf der Straße ein großes Chaos. Es knubbeln sich die Autos, die ja alle ziemlich gleichzeitig anrücken, dazwischen laufen die Schülerinnen und Schüler, die zu Fuß zur Schule kommen. So entstehen Tag für Tag aufs Neue brenzlige Situationen.

Die Glückaufstraße an der Mosaikschule wurde bereits einmal an einem Aktionstag im September für den Autoverkehr gesperrt. Die Erfahrungen seien gut gewesen, sagt die Schulleiterin.
Die Glückaufstraße an der Mosaikschule wurde bereits einmal an einem Aktionstag im September für den Autoverkehr gesperrt. Die Erfahrungen seien gut gewesen, sagt die Schulleiterin. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Das Land hat nun einen Erlass veröffentlicht, wonach Städte reagieren und Straßen vor Schulen zeitweise sperren können. Für Elterntaxis hieße das: Wir müssen draußen bleiben. Laut Verkehrsministerium könnten die Kommunen von sich aus tätig werden oder aber auf Antrag von Eltern. Eine besondere Gefahrenlage muss nicht nachgewiesen werden.

Also sind demnächst zu Schulbeginn und Schulschluss die Straßen an Gladbecker Schulen dicht? So schnell wird es wohl nicht gehen. Denn noch liege der Erlass nicht vor, sagt Stadtsprecher David Hennig. „Sobald dies der Fall ist, werden wir genau prüfen, unter welchen Voraussetzungen an welchen Standorten eine Sperrung von Straßen möglich und sinnvoll ist, um letztlich auch eine Verbesserung der Situation an den jeweiligen Schulen zu erzielen.“

Im Sinne der Gefährdungsabwehr hat die Sperrung an unserer Schule etwas gebracht.“
Ute Kirsten - Schulleiterin Mosaikschule

Heißt aber auch, eine pauschale Sperrung vor allen Schulen wird es nicht geben, die Stadt wird sich jeden Einzelfall genau anschauen. An einer Stelle jedoch hat man auch in Gladbeck bereits Erfahrungen mit dem Aussperren der Elterntaxis gemacht. Für das Projekt Gladbecker Mobilitätswerkstatt (Glamobi) wurde einen Tag lang die Glückaufstraße an der Mosaikschule gesperrt.

Für die Sicherheit habe das auf jeden Fall etwas gebracht, sagt Schulleiterin Ute Kirsten rückblickend. „Im Sinne der Gefährdungsabwehr hat die Sperrung an unserer Schule etwas gebracht.“ Allerdings müsse man eben auch schauen, inwieweit sich der Verkehr dann verlagert und es zu Problemen in umliegenden Straßen kommt.

Mobilitätswende ist mit Straßensperren wohl nicht zu erreichen

Außerdem müsse man auch schauen, was man erreichen wolle. Bezogen auf Glamobi gehe es ja auch um den Aspekt Klimaschutz und Mobilitätswende. Eltern sollen ja animiert werden, den Wagen für den Schulweg generell stehenzulassen. „Ob eine Straßensperre einen solchen Sinneswandel auslöst, ist dann doch schwer zu sagen“, so Ute Kirsten. Womöglich wirke es bei denjenigen, bei denen sich die Fahrt mit dem Auto durch die Sperrung nun nicht mehr lohne, das sei aber nur ein Bruchteil. Doch grundsätzlich erreiche man mit einer Sperrung schon einmal das Ziel, dass es für die Schülerinnen und Schüler weniger gefährlich wird.

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Rund um das Projekt Glamobi an der Mosaikschule hat die Abteilung Umwelt des Amtes für Planen, Bauen, Umwelt der Stadt zahlreiche Daten erhoben, die zuletzt auch im Schulausschuss vorgestellt wurden. So haben Zählungen ergeben, dass mehr als ein Viertel der Kinder dort morgens mit dem Auto zur Schule gebracht wurden, so Abteilungsleiter Jürgen Harks im Ausschuss. „Fuß und Auto dominieren beim Schulweg eindeutig.“ Und nachmittags habe der Autoverkehr im Vergleich zum Morgen auch noch zugenommen, so die Beobachtung.

Gladbecker Schulpflegschaftsvorsitzende will Sperrung beantragen

Bei den Anwohnern und der Schule sei die Sperrung für einen Tag gut angekommen, so das Fazit der Verwaltung. Aber: Es handelte sich eben um einen Aktionstag. An dem wurde die Straße vor der Schule dann auch zu einer Spielstraße – im wahrsten Sinne des Wortes. Im Alltag ist auf den gesperrten Flächen vor Schulen selbstverständlich nicht täglich Programm. Außerdem muss sichergestellt werden, dass Anwohner, Lehrer und auch Busse, Rettungs- oder Müllfahrzeuge die gesperrten Bereiche passieren können. Das erfordert eben auch Organisation und im Zweifel muss vor Ort auch kontrolliert werden.

Für die Wittringer Schule kann sich die Schulpflegschaftsvorsitzende Anna Lange durchaus vorstellen, eine solche Sperrung zu beantragen. Denn vor der Grundschule in Mitte kommt es auch immer wieder zu gefährlichen Szenen, ausgelöst durch Autos, die vor der Schule anhalten und Kinder aussteigen lassen. Zuletzt hatten die Schülerinnen und Schüler an einem Aktionstag Rote Karten an die Fahrerinnen und Fahrer verteilt und versucht, ihnen klarzumachen, dass sie eine Gefahr darstellen.

Als ich dann von diesem Erlass gelesen habe, war mein erster Gedanke: Super!
Anna Lange - Schulpflegschaftsvorsitzende Wittringer Schule

„Als ich von diesem Erlass gelesen habe, da war mein erster Gedanke: Super!“, sagt Anna Lange. Aber die Umsetzung könne schwierig werden, befürchtet sie mit Blick auf Anwohner und Lehrer, die ja weiterhin durchkommen müssten. Hinzu kommt an der Wittringer Schule noch die Besonderheit, dass sie direkt neben der Polizeiwache am Jovyplatz liegt.

Trotzdem: „Ich kann mir vorstellen, einen solchen Antrag zu stellen und dann zu sehen, wie es sich entwickelt“, sagt sie, will allerdings zuvor noch Rücksprache in der Schule halten.

Kinder für den Fußweg zur Schule belohnen, anstatt Eltern zu bestrafen

Doch als Mutter und Schulpflegschaftsvorsitzende weiß sie selbstverständlich auch, dass man manchmal das Auto nehmen müsse. Es gebe aber auch diejenigen, die zwei Straßen weiter wohnen und trotzdem mit dem Wagen an der Schule vorfahren.

Doch auch Anna Lange fürchtet, dass eine Sperrung ohne Kontrollen womöglich nicht zum gewünschten Erfolg führt. Vielleicht lohne es sich ja, auch noch über andere Modelle nachzudenken, vielleicht über Belohnungen anstatt Strafen. Sie erinnert sich an Aktionstage, an denen die Kinder einen Stempel erhalten haben, wenn sie zu Fuß zur Schule gekommen sind. Je mehr Stempel, umso besser, am Ende seien dafür Preise verlost worden. Vielleicht sei es eine Möglichkeit, die Kinder zu belohnen, die auf diese Weise vielleicht Druck auf die Eltern ausüben. Denn Anna Lange ist sicher: „Der Verkehr geht ja nicht von den Kindern aus.“