Gladbeck. In der dritten Folge von Heidi Klums Castingshow könnte für Yanik schon Schluss sein. Wie es weitergeht, entscheidet sich um 20.15 Uhr auf Pro7.
Zugegeben, so richtig viel kriegt das Gladbecker Model Yanik in der zweiten Folge von Heidi Klums „Germanys Next Topmodel“ nicht zu tun. In der Rückschau auf die vergangene Folge darf er einmal kurz wiehern – natürlich –, und kurz vor Schluss der 100-Minuten-Sendung (ohne Werbung) seine Überraschung zum Ausdruck bringen. Heidi hat nämlich schon für die gerade erst gecasteten Models ein derartiges Highlight in Petto, dass die ganzen jungen, schönen Menschen gar nicht wissen, ob sie lachen oder weinen sollen. Wobei es meistens weinen ist.
Aber dazu später mehr. Denn auch wenn Yanik, den die Gladbecker nun stolz „unser Yanik“ nennen können, im zweiten Teil des Castings zum Start der Staffel nicht wirklich vorkommt – man kann ja trotzdem schonmal gucken, welche Konkurrenten dem Gladbecker den gar geschichtsträchtigen Titel als erstes männliches Topmodel streitig machen könnten. Gut aussehen tun sie ja alle – aber wer die Spielregeln der Trashformate im Privatfernsehen kennt, weiß, dass es eben vor allem auf die Schicksale und „Vermarktbarkeit“ der Kandidaten ankommt.
GNTM Folge zwei: ghanaischer Prinz und geköpfte Barbies
Bestes Beispiel: Marvin. Als die GNTM-Redaktion den 22-Jährigen in die Finger bekommen hat, dürfte der ein oder andere Freudenjauchzer durchs Büro geschallt haben. Marvin kommt aus Bielefeld, arbeitet an der Supermarktkasse, studiert Soziale Arbeit und ist generell ein lieber Kerl – vor allem aber ein ghanaischer Prinz. Sein Vater regiert zirka 15.000 Menschen in West-Ghana, mit dem Handy vom Bielefelder Sofa aus, wohlgemerkt. Könnte sich Prinz Marvin später auch vorstellen, sagt er. Aber jetzt erstmal modeln. Passt ja irgendwie, sind schließlich beides repräsentative Berufe.
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Wenn man so weiterschaut, ist man Heidi Klum (oder vielmehr ihrer Redaktion) schon dankbar, dass jetzt Männer mitmachen dürfen. Die sind nämlich durch die Bank unterhaltsamer als die Damen, muss man so sagen. Gut, eine Kandidatin hat ihre Barbies geköpft und die Schädel trophäengleich an ihr Kostüm getackert. Schon ein Hingucker. Aber sonst...
Wie Friedrich Nietzsche zu GNTM kam
Da lauscht man lieber den Männern, die sich neben der Modelei hin und wieder auch in der Philosophie versuchen. Jason zum Beispiel zittert sichtlich kurz vor Heidis gestrengem Urteil, muss aber trotzdem noch ein Interview geben – und feuert ein nihilistisches Rätsel in den Raum, dass selbst Nietzsche die Ohren geschlackert hätten: „Was ist, wenn ich jetzt nach Hause gehe und traurig bin?“
Aber dieser popkulturelle Fiebertraum, der sich GNTM nennt, wird gerade erst warm. Jetzt kommt nämlich Linvingsten, 22 Jahre alt, ein Archetyp jenes Charakters, der in jeder GNTM-Staffel auftritt und zum Bösewicht hochgejazzt wird. Bei Livingsten (der übrigens tatsächlich mit „e“ statt mit „o“ geschrieben wird) fängt die Redaktion schon ziemlich früh damit an, und hält die Kamera gnadenlos drauf, als der junge Mann ein Quätschken mit seinem Spiegelbild hält und sich sagt: „Wie soll ein Mensch schlecht gelaunt sein, wenn er so gut aussieht?“
Katzen an Leinen und vaterlose Kinder
Das Kuriositätenkabinett, es wird länger und länger. Sandro hat zwei Kinder, ein drittes ist auf dem Weg. Heidi fragt ihn, was Kind Nummer drei denn wohl später mal davon halten soll, dass sein Vater lieber mit Models durch die Welt getourt ist, als bei der Geburt dabei zu sein. Sandro guckt irritiert, grinst dann und sagt: „Ich hab ja schon zwei.“ Wasserdichte Logik. Neben Sandro steht ein Kandidat mit grau gefärbten Strähnen, „da habe ich mich von meiner Großmutter inspirieren lassen, die hatte früher einen Pigmentfehler.“ Ach so. Der nächste Kandidat geht gerne mit seiner Katze an der Leine Gassi.
Als dann alle Kandidaten gecastet sind und die Sendung die Spannungskurve in Richtung Folgen-Finale steil nach oben biegt, traut man auf einmal Augen und Ohren nicht mehr. Model Lucas erzählt seine Geschichte, ohne Pathos und künstliche Tränen, so herzzerreißend ehrlich, dass selbst die Produzenten vergessen haben, überdramatisierte Schnitte und Soundeffekte auf die Szene zu klatschen.
Ein Lichtblick im GNTM-Wahnsinn: Lucas‘ Geschichte
Lucas war nämlich vier Jahre Soldat bei der Bundeswehr. Schon so kein schönes Schicksal, doch Lucas hat noch stärker gelitten. „Da wurde einem eingebläut, dass man nie genug ist“, das habe ihn fertig gemacht. Und als homosexueller Mann sei das Ganze noch härter gewesen, „ich wurde vor versammelter Mannschaft als ‚Stabsgefreiter Schwuchtel‘ vorgestellt, und an meinem Spind hingen immer wieder Bilder nackter Frauen und Klebezettel, auf denen ‚Gute Besserung‘ stand“.
Da fehlen einem als Zuschauer die Worte, aber das erste Mal an diesem Abend nicht aus Fremdscham. Schau an, sowas kann GNTM also auch. Aber nur kurz, dann ist das Kuriositätenkabinett zurück. Heidi war so euphorisch, sagt sie, dass sie versehentlich zu viele Kandidaten durchs Casting gelassen hat und jetzt doch nochmal den Rotstift ansetzen muss. Das dämpft die Stimmung in der Kandidatenschar, die sich schon auf die bevorstehende Fashionshow mit Klamotten von Designerin Jasmin Erbas gefreut hatte. Unter den wachsamen Augen von Jean Paul Gaultier. Richtig, der mit dem Parfümflakon ohne Arme und Beine.
Dabei hatte sich unser Yanik schon so gefreut. Im Interview, gewohnt stilsicher im Neckholder-Oberteil mit Wasserfallausschnitt, durfte er seinen ersten und einzigen Satz der Folge loslassen, gefragt nach der Reaktion auf die unerwartete Fashionshow: „Aufgeregt, nervös, alles, aber hauptsächlich habe ich mich gefreut.“
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Und jetzt müssen also noch vor der Show Kandidaten nach Hause gehen. Doch Moment, etwas ist faul im Staate Dänemark: Die Folge ist doch bloß noch ein paar Minuten lang, wie soll denn da die Entscheidung reinpassen? Richtig, gar nicht. Das Urteil wird auf Folge drei vertagt. Heidi eiert noch ein paar bedeutungsschwangere Sätze, die Kandidaten gucken schockiert, eine kleine Vorschau auf die kommende Woche – der Rest ist Schweigen.