Gladbeck. In einem Gladbecker Wohngebiet gibt es Streit um Stellplätze auf einem Privatgrundstück. Warum die Stadt verklagt wird und was Anwohner sagen.
Es sind sechs Parkplätze am Kopf einer beschaulichen Sackgasse in Gladbeck. Und sie sorgen jetzt für einen ausgewachsenen Konflikt. Anwohner vom Ginsterweg klagen nun gegen die Stadt, die den Bau dieser Stellplätze auf einem privaten Grundstück genehmigt hat.
Aber der Reihe nach: Ein Eigentümer will auf seinem Gelände sechs Parkplätze bauen. Er stellt den entsprechenden Antrag bei der Stadt. Die wiederum befreit ihn daraufhin von den Vorgaben des Bebauungsplans, der an dieser Stelle gilt.
Anwohner sehen ihre Interessen seitens der Stadt nicht ausreichend berücksichtigt
Der Haken an der Sache: Das Grundstück liegt an der Gecksheide. Die Zufahrt zu den Parkplätzen erfolgt jedoch nicht von der Gecksheide und über besagtes Grundstück. Stattdessen müssen die Nutzer die Plätze über die Sackgasse am Ginsterweg anfahren. Die Anwohner dort fürchten nun den zusätzlichen Verkehr. Fünf von ihnen klagen gegen die Stadt, die den Bau genehmigt hat.
Kay Puffer ist einer der Kläger. Aus seiner Sicht geht mit dem Bau der Stellplätze der Charakter der Sackgasse verloren. Sie sagen, die Stadt habe ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt. „Wir sind nicht bereit, das hinzunehmen.“ Demnächst wird sich also das Gericht damit befassen müssen, ob diese Befreiung vom Bebauungsplan – Fachleute sprechen von Dispens – rechtens war.
Anwohner haben Stadt Gladbeck Unterschriften gegen das Vorhaben übergeben
Zuvor hatten Nachbarn bereits Unterschriften gesammelt, bei der Verwaltung Widerspruch eingelegt und einen Ortstermin mit der gesamten Verwaltungsspitze erreicht. Am Ergebnis hat das jedoch nichts geändert. Darüber und über das Auftreten der Rathaus-Fachleute ärgert sich Emil Vesper sehr. Der ehemalige Gladbecker Stadtdirektor ist ebenfalls Anwohner, wehrt sich gegen die Stellplätze. Er gehe davon aus, dass „die Stadt sehr viele Fehler gemacht hat“.
Gladbecks ehemaliger Stadtdirektor sprich von „Anfangsverdacht der Korruption“
In seinen Augen widerspreche die jetzige Planung der ursprünglichen Idee, Verkehr aus dem Ginsterweg herauszuhalten. Kinder, die dort jetzt spielen, stießen nun immer wieder auf Verkehr, der eigentlich in die Gecksheide gehöre.
Was ihn zusätzlich ärgert: Zunächst seien auf dem Grundstück an der Gecksheide genügend Stellplätze vorhanden gewesen. Dann jedoch habe der neue Eigentümer des Mehrfamilienhauses an das bestehende Haus ein Einfamilienhaus angebaut und dafür Garagen abgerissen. Einen ersten Antrag, Garagen zu bauen und über den Ginsterweg anzufahren, habe er zudem zurückgezogen, bevor die Stadt ihn abschlägig beschieden hätte, so Vesper.
Der ehemalige Stadtdirektor geht sogar noch weiter, spricht von einem „Anfangsverdacht der Korruption“ und begründet das mit dem „einseitigen parteiischen Verhalten der Bauverwaltung“ und dem völlig überraschenden Kurswechsel der Bauverwaltung. Daher sei auch die Kommunalaufsicht eingeschaltet. Zudem wirft er dem Bauherrn vor, nach und nach eine Gewerbefläche aus dem Grundstück in dem Wohngebiet zu machen.
Anwohner im Ginsterweg hoffen, dass die Stellplätze entfernt werden müssen
So weit geht Kay Puffer nicht, er spricht davon, dass es sich die Verwaltung vielleicht ein wenig zu einfach gemacht habe. Letztlich sei nur eine Anwohnerin in den Prozess eingebunden gewesen. Vielleicht hätte man da früher aktiv werden müssen, räumt er durchaus selbstkritisch ein.
Nun also die Überprüfung durch das Gericht. Die Hoffnung der Ginsterweg-Anwohner: Die Befreiung wird für ungültig erklärt und die Stellplätze müssen abgebaut oder aber zumindest über das Grundstück von der Gecksheide aus angefahren werden. Denn: „Sollte es Parkprobleme in der Gecksheide geben, müssen die an dieser Straße selbst gelöst werden“, heißt es in einem Schreiben der Anwohner an die Verwaltung.
Stadt Gladbeck verweist auf Dutzende ähnliche Befreiungsverfahren im Jahr
Angesichts der immer weiter zunehmenden Parkprobleme in Wohnvierteln, ist es denkbar, dass die Stadt ein Interesse an Stellplätzen auf privatem Gelände hat. Die äußert sich auf Nachfrage nur zurückhaltend zu dem Konflikt, verweist auf das schwebende Verfahren. Für einen Antrag auf eine Befreiung vom Bebauungsplan werde geprüft, „ob ein Vorhaben städtebaulich vertretbar ist, Grundzüge der Planung berührt wurden oder eine unzumutbare Belästigung durch die Befreiung entsteht“, erklärt Stadtbaurat Volker Kreuzer. Das sei in dem Fall auch geschehen. Ansonsten warte man bei der Stadt nun auf die Klagebegründung und entscheide über das weitere Vorgehen.
Was Kreuzer noch sagt: Eine solche Entscheidung über eine Befreiung gehöre in der Verwaltung zum Alltag, betreffe auch nicht nur den Ginsterweg. Im Gegenteil, jährlich würden in Gladbeck Dutzende solcher Entscheidungen getroffen. Da gehe es beispielsweise dann auch um die geringfügigen Abweichungen vom vorgegebenen Mindestabstand.
Bauherr ist fassungslos, dass seine Stellplätze einen derartigen Konflikt ausgelöst haben
Der Anwohner, der all das quasi ausgelöst hat, ist fassungslos. Er habe nie gedacht, dass die Errichtung von einfachen PKW-Stellplätzen auf seinem privaten Grundstück, irgendwann vor Gericht landet. Dennoch erwarte er kein Urteil gegen die Stadt Gladbeck, da der Antrag seitens der Stadtverwaltung bis aufs kleinste Detail untersucht und geprüft worden sei, sagt er.
Gegenüber der Lokalredaktion stellt er den Fall aus seiner Sicht dar. Ja, er habe damals für den Bau des Einfamilienhauses Garagen abgerissen. Die seien jedoch nicht an das nebenstehende Mehrfamilienhaus gebunden gewesen. Das stamme noch aus Zeiten, als es gar nicht nötig war, Stellplätze nachzuweisen. Für den Neubau sind ganz vorschriftsmäßig zwei Parkplätze auf dem Grundstück geschaffen worden.
Vorwurf, ein Gewerbe im Wohngebiet zu betreiben, weist Bauherr zurück
Die Idee von weiteren Stellplätzen auf dem Grundstück wäre nicht neu. Auch damals im Zusammenhang mit dem Hausbau wurden neue Garagen in Erwägung gezogen, jedoch nie beantragt und beschieden worden. Vielmehr habe es damals schon Vorbehalte der Anwohner gegen den Bau von Garagen gegeben. Obwohl die angrenzenden Nachbarn damals mit Ihrer Unterschrift ihre Zustimmung für den Garagenbau erteilten, habe er dann letztlich wegen des sich schon damals andeutenden Konflikts den Stellplatzbau zurückgestellt. „Der Bau unseres Hauses hatte Priorität.“ Jetzt aber gehe es darum, den zweiten Schritt auch zu machen.
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Mit dem Bebauungsplan und den Bestimmungen habe er sich vor dem Kauf des Grundstückes intensiv befasst und sich in der Bauberatung umfassend beraten lassen. „Der Ginsterweg ist eine öffentliche Straße“, so sein Argument. Den Vorwurf, ein Gewerbe zu betreiben und sein Grundstück Stück für Stück in eine Gewerbefläche umzuwandeln, weist er zurück. Er sei hobbymäßig Trike-Fahrer, aber das sei kein Gewerbe. Er kenne zudem die Vorschriften und habe selbst auch überhaupt kein Interesse an einem Gewerbe im Wohngebiet.