Gladbeck. Die Gladbecker Voßstraße ist wegen Arbeiten an einer Fernwärmeleitung seit Wochen gesperrt. Warum auf der Baustelle nicht gearbeitet wird.

Seit etlichen Wochen ist die Gladbecker Voßstraße zwischen Winkelstraße und Scheideweg gesperrt. Grund sind Arbeiten an der Fernwärmeleitung. Allerdings: Arbeiter seien dort äußerst selten zu sehen, seit geraumer Zeit liege die Baustelle gänzlich brach, klagen Betroffene.

Anwohner können ihre Autos in der Nähe der Wohnung nicht abstellen, weil vor der Absperrung mindestens zehn Parkplätze auf dem Seitenstreifen nicht genutzt werden dürfen. Für die Dauer der „Arbeiten“ gilt dort absolutes Halteverbot. Manch einer, der die Schilder angesichts der ruhenden Baustelle ignoriert hat, fand ein Knöllchen hinter dem Scheibenwischer vor. Auch Kunden von Geschäften und Dienstleistern im Sperrbereich müssen etliche Runden drehen, bevor sie in einer Seitenstraße mit viel Glück vielleicht einen Parkplatz finden. Ändern werde sich nach daran bis zum Abschluss der Arbeiten nichts, so die Stadtverwaltung. Auf dem Parkstreifen liege der Einstieg zum Leitungsschacht, der für Notfälle zugänglich bleiben müsse.

Baustelle auf der Gladbecker Voßstraße: „Fehlende Parkplätze sind eine Katastrophe“

Gisela Optatzy bietet in ihrem Studio medizinische Fußpflege an. „Zu mir kommen Kunden und Kundinnen auch aus Nachbarstädten. Wer eine pologische Behandlung braucht, ist häufig nicht gut zu Fuß. Die fehlenden Parkplätze in der Nähe sind eine Katastrophe. Es ist schon vorgekommen, dass Kunden ihr Auto mal eben im Halteverbot abstellen, um mir zu sagen, dass sie den Termin nicht wahrnehmen, aus Angst vor dem Abschleppwagen.“

Wenn meine Toilette defekt ist, kann ich ja zumindest dort aufs Klo gehen.
Monika Wienkötter - Inhaberin von „Monis Stoffwelt“, nimmt die Baustelle und Dixiklos auf der Voßstraße mit Galgenhumor

Auch Monika Wienkötter muss feststellen, dass weniger Kundinnen in ihr „Stoffparadies“ kommen. „Zum 20-jährigen Bestehen meines Geschäfts im September konnten wir noch eine Party feiern, seit Oktober ist die Straße hier gesperrt und niemand weiß, warum es nicht weitergeht und wie lange dieser unhaltbare Zustand noch dauert.“ Direkt vor der Tür von „Monis Stoffparadies“ steht das Dixiklo für die Arbeiter, die seit Wochen nicht aufgetaucht sind. „Wenn meine Toilette defekt ist, kann ich ja zumindest dort aufs Klo gehen“, sagt sie. Das nennt man wohl Galgenhumor.

Stammkunden kommen weiter: „Sonst wäre die Situation geschäftsschädigend“

Zum Scherzen ist Andrea Weimann absolut nicht mehr zumute. „Die Situation ist ganz, ganz schrecklich“, sagt die Inhaberin eines Blumengeschäftes. Zum Glück hielten ihr viele Stammkunden die Treue, sonst wäre die Situation geschäftsschädigend.

Tristesse in Grau: Auf der Voßstraße in Gladbeck klaut eine Baustelle die Parkplätze – gearbeitet wird dort aber nicht.
Tristesse in Grau: Auf der Voßstraße in Gladbeck klaut eine Baustelle die Parkplätze – gearbeitet wird dort aber nicht. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

„Seit zwei Monaten tut sich an dieser Baustelle nichts“, schimpft Muhrin Basar. Dem Chef eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs gehören mehrere Häuser im abgesperrten Bereich. Deshalb hat er ein zusätzliches Problem: „Viele meiner Mieter scheuen den Aufwand. Deshalb muss ich mehrmals pro Woche 40 Mülltonnen bis zur Winkelstraße oder zum Scheideweg rollen, weil die Müllabfuhr hier natürlich auch nicht reinkommt.“

Falsche Hoffnung: Am 5. Dezember ging es doch nicht weiter

Heinz Enxing, Ehrenvorsitzender des Heimatvereins, ist zwar meistens mit dem Rad unterwegs, fährt aber bei schlechtem Wetter mit dem Bus. Die Linie 255 hält ganz in der Nähe – normalerweise. Wegen der Sperrung können die Haltestellen Heidkampstraße, Hubertushöfe und Voßstraße nicht angefahren werden. Die Fahrgäste werden auf die Stopps Bürgerhaus Ost, Kotten Nie und Ginsterweg verwiesen. Enxing: „Nicht jeder kann ein paar hundert Meter bis zur Haltestelle laufen.“

Anfang Dezember habe das für die Fernwärme zuständige Unternehmen Uniper den Anwohnern schriftlich mitgeteilt, dass die Arbeiten am 5. Dezember weitergingen und die Wärmezufuhr deshalb für zehn Stunden abgestellt werden müsse. „Wir waren erleichtert, dass es endlich weitergeht, aber leider ist wieder kein Arbeiter erschienen.“

Wann wird die Sperrung aufgehoben? Das sagt Uniper

Den Grund dafür kennt Ilona Flechtner. „Der 5. Dezember war der kälteste Tag des Jahres. Ausgerechnet dann wollten wir unseren Kunden zehn Stunden ohne Heizung nicht zumuten“, sagt die Pressesprecherin von Uniper auf WAZ-Anfrage. Bedauerlicherweise habe man versäumt, die Betroffenen über die Verschiebung zu informieren.

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Dass die Baustelle jetzt schon so lange ruht, sei dem Fachkräftemangel und dem hohen Krankenstand geschuldet. Die eigentlichen Arbeiten an der Fernwärmeleitung seien abgeschlossen. Jetzt müssten noch die Häuser, die derzeit über Provisorien versorgt werden, angeschlossen werden. „Wir haben keine eigene Bautruppe mehr, arbeiten mit verschiedenen Firmen zusammen und müssen warten, bis sie Kapazitäten haben.“ Wann die Restarbeiten erledigt werden können, sei deshalb noch nicht klar, bedauert Ilona Flechtner. „Die Firma, die uns zuerst einen Termin anbietet, kommt zum Zuge. Wir hoffen, dass Anfang nächsten Jahres alles erledigt ist.“ Das hoffen die Betroffenen auch.