Freude schenken zu Weihnachten: Ehrenamtliche verteilten Präsente zum Fest an die Kunden der Tafel – neben den üblichen Lebensmitteln.
Nein, mit seinem hölzernen Schlitten, gezogen von ein paar Rentieren, wäre der Weihnachtsmann vollkommen überfordert gewesen. Für diese Bescherung benötigt man schon einen Zwölftonner und ein mehrköpfiges Team. Exakt 1890 Weihnachtspäckchen – allesamt per Hand zusammengestellt – überreichte die Tafel Gladbeck am Mittwochnachmittag auf dem Marktplatz an ihre Kundinnen und Kunden. 40 weitere Präsente brachten Ehrenamtliche Bedürftigen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, nach Hause. Wilhelm Walter, Vorsitzender des für die Tafel verantwortlichen Kreisverbandes Gladbeck des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) schätzt, dass die Pakete einen Gesamtwert von rund 18.000 Euro haben.
Über 600 Tafel-Kunden sind zu der Weihnachtsaktion in Gladbeck gekommen
Für 14 Uhr hat die Tafel – wie immer am Mittwoch – ihr Kommen auf dem Marktplatz angekündigt. Die ersten Kunden warten schon um 11 Uhr auf die DRK-Wagen. Die Schlange wächst und wächst. Kein Wunder: Während die Tafel ansonsten in den Stadtteilen einmal in der Woche vor Ort ist, gibt’s die Weihnachtstüten nur an diesem Nachmittag in der Innenstadt. Kommen mittwochs ansonsten rund 130 Kunden, sind es dieses Mal über 600. Sie stehen geduldig an, bis sie an der Reihe sind.
Aus dem großen Transporter überreichen die Helferinnen und Helfer die Präsente an die Bedürftigen – sortiert nach solchen für Alleinstehende und für Familien. Lebensmittel, Schokoladen-Weihnachtsmänner, Spielsachen und Hygieneartikel haben die Ehrenamtlichen zusammengestellt und liebevoll verpackt. Dann geht’s für die Kunden, die alle über einen Tafelausweis verfügen, weiter zum Verkaufswagen, wo die Lebensmittel ausgegeben werden, die in den Supermärkten aussortiert und vom Tafel-Team abgeholt worden sind.
Freude über das Weihnachtspäckchen – und einen Sack Kartoffeln
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Karl-Heinz Quetnau gehört zu den Stammkunden der Tafel. Normalerweise holt sich der 67-Jährige montags in Brauck die Lebensmittel ab, heute hat er sich auch auf den Weg ins Zentrum gemacht, um ein Weihnachtspäckchen in Empfang zu nehmen. Der frühere Gerüstbauer macht keinen Hehl daraus: Er ist auf den Besuch der Tafel angewiesen. „Dass es so etwas gibt, dass man den Leuten hilft, finde ich gut“, sagt der Gladbecker. 600 Euro – inklusive des Wohngeldes – stehen ihm monatlich zur Verfügung. Quetnau freut sich nicht nur über das Weihnachtspäckchen, sondern auch über den Sack Kartoffeln, den er an diesem Nachmittag ergattert. Damit ist so manche Mahlzeit für die kommenden Tage gesichert. Äpfel, Bananen, Zucker, Chips – der Einkaufswagen füllt sich.
Die Gaben für die Weihnachtspäckchen sind allesamt gespendet worden oder vom DRK von gespendetem Geld eingekauft worden. Cheforganisator Wilhelm Walter ist sichtlich stolz darauf, dass sein Team diese Hilfsaktion hat zusätzlich stemmen können. Im November hatte die Tafel mit den Vorbereitungen begonnen, Plakate und Handzettel gedruckt und in den Lebensmittelgeschäften verteilt. Das DRK schrieb Partnerfirmen an und bat um Unterstützung für die weihnachtliche Aktion. Wilhelm Walter ist überzeugt davon: „Für manch einen Kunden ist es das einzige Geschenk, das er an den Festtagen erhält.“ Für andere ist es ein kleines Extra zu Weihnachten.
Justus ist mit 13 der jüngste Helfer im Team der Gladbecker Tafel
Justus Dieler steht vor einer großen Palette mit Chips. Seine Aufgabe an diesem Nachmittag: die Ausgabe der Knabbereien an die Tafelkunden. Vier Dosen darf er pro Haushalt ausgeben – nicht mehr, weil der Vorrat für den ganzen Einkaufsnachmittag reichen soll, denn auch die Kunden, die erst später auf dem Marktplatz eintreffen, sollen nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Ein Discounter hat die Chips aus dem Programm genommen, die Tafel Gladbeck hat sie aus dem Zentrallager in Coesfeld abgeholt.
Justus Dieler ist gerade einmal 13 Jahre alt. Bis vor einiger Zeit hat er bei der Lebensmittelausgabe in Brauck geholfen. Dafür hat er, weil schulische Verpflichtungen vorgehen, keine Zeit mehr. Aber bei der Weihnachtsaktion auf dem Marktplatz ist er gerne eingesprungen. „Man hilft den Menschen, damit sie nicht hungern müssen“, sagt der junge Gladbecker, der auch bei einer Typisierungsaktion des DRK – Justus interessiert sich sehr für Medizin – schon im Einsatz war. Bei der Ausgabe der Chips zeigt er sich wie ein alter Hase. Den Wunsch nach mehr Dosen lehnt er mit einem Hinweis auf die vielen wartenden Menschen ab. Die Bedürftigen zeigen Verständnis, häufig auch Dankbarkeit dafür, dass sie unterstützt werden.
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Die Zahl der Tafelkunden steigt kontinuierlich. Im vergangenen Jahr versorgte das DRK gut 400 Menschen aus Gladbeck mit Lebensmittel, mittlerweile sind es knapp 2000. „Es gehen viel mehr zur Tafel, weil sie darauf angewiesen sind“, sagt Wilhelm Walter. Erst am frühen Abend können die Ehrenamtlichen ihren Einsatz beenden. Sie haben den Weihnachtsmann würdig vertreten. Alleine hätte er das auch gar nicht geschafft.