Gladbeck. Hauen und Stechen an Gladbecker Schulen? Die Polizei meldet einen deutlichen Anstieg von Taten. Das sind die Zahlen differenziert nach Delikten.
Landesweit klettert die Zahl der Straftaten in Schulen und deren Umfeld drastisch. Eltern, Lehrkräfte, Polizei und Politik sind alarmiert. Müssen sie sich auch in GladbeckSorgen machen? Die Redaktion hat im zuständigen Polizeipräsidium Recklinghausen nachgefragt – und Antworten erhalten, die keineswegs Anlass zur Entwarnung geben.
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Denn die Statistik weist einen deutlicher Anstieg von Straftaten auf, zu denen es im Bereich „Tatörtlichkeit Schule“ gekommen ist, also im Schulgebäude, auf dem Hof bzw. Gelände. „Das kann auch ein unmittelbar angrenzender Park sein. Diese Taten sind völlig unabhängig von den Unterrichtszeiten“, stellt Andreas Lesch klar. Der Sprecher im Polizeipräsidium Recklinghausen nennt beispielhaft „Sachbeschädigungen wie Graffiti“. Er macht keinen Hehl daraus: „Hier haben wir in allen Bereichen Zuwächse.“ Dabei seien, wohlgemerkt, Schüler nicht unbedingt gleich Täter.
Polizeisprecher vergleicht die Statistiken der Jahre 2019 und 2022 in Gladbeck
Lesch zieht zum Vergleich die Daten der Jahre 2019 und 2022 in Gladbeck heran, die Corona-Zeit bleibt aufgrund der besonderen Situation außen vor. Zunächst einmal lässt sich sagen: „Die Anzahl der Straftaten insgesamt ist gestiegen.“ Waren es im Jahre 2019 noch 91 Delikte, so verzeichnete die Polizei drei Jahre später 146 – plus 55. Heraus stechen Körperverletzungen, die von 29 Fällen (2019) auf 44 schnellten. Lesch: „Das ist ein Plus von fast 52 Prozent.“
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In das polizeiliche Zahlenwerk gingen auch Diebstähle ein, deren Anzahl explosionsartig gestiegen ist – von 35 auf 63 Taten. Ist gar von einer 100-prozentigen Steigerung bei Raubdelikten die Rede, klingt das dramatischer, als es realiter der Fall ist: eine Tat im Jahr 2019, eine weniger als drei Jahre darauf. Ähnlich schaut’s bei Bedrohung aus – ein Anstieg von zwei auf drei. Zu Sachbeschädigungen, inklusive Graffiti, sagt der Polizeisprecher: „Ein Anstieg von neun auf elf Taten.“
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Über Gewalttaten mit einem Messer im Bereich rund um die Lehrstätten kann er keine dezidierten Angaben machen. Denn: „Wir können sie nicht filtern nach Schulen oder Schulgeländen.“ In die Statistik gehe nur die Gesamtzahl der Taten ein, bei denen ein Messer eine Rolle spiele. Straftaten mit einem Messer nach dem Waffengesetz, genannt sei hier beispielsweise ein Springmesser, sanken von neun auf ein einziges Delikt. Anders sieht’s bei sonstigen Messern aus. Lesch rechnet vor: „Wir haben für Gladbeck ein Plus von 21 auf 27 Taten. Ein starker Zuwachs, doch das sind sechs mehr aufs Jahr gerechnet.“ Der Fachmann erläutert: Diese Zahlen bedeuten nicht, dass auch ein Messer gezückt worden sein müsse. „Es reicht schon, wenn zum Beispiel ein Taschenmesser mitgeführt wurde, um polizeilich erfasst werden zu können.“
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Polizeisprecher Lesch erläutert: „Es gibt zwei Tabellen, die die Lage differenzieren.“ Da sind einmal die genannten Zahlen auf dem Gebiet der „Tatörtlichkeit Schule“. Und in einer zweiten Betrachtung Straftaten in dem Sektor, der in Zusammenhang mit Unterricht steht, „darunter fallen zum Beispiel auch Skisportveranstaltungen und Klassenfahrten“. Hier sieht die Entwicklung ganz klar rosiger aus als oben beschrieben. Lesch konstatiert: „Die Zahlen sind in allen Bereichen sehr stark zurückgegangen.“ Woran das liegen mag, da kann der Experte nur spekulieren. Eventuell an einem veränderten Anzeige-Verhalten? Über einen mutmaßlichen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie mitsamt Auflagen und Verbote wie Kontaktregelungen können Fachleute ebenfalls nur mutmaßen. Haben sich in dieser komplizierten Zeit womöglich ein besseres Miteinander und ein stärkerer Zusammenhalt entwickelt?
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Die polizeiliche Statistik spricht eine klare Sprache. „Die Straftaten mit unmittelbarem schulischen Bezug sind im Vergleich von 2019 auf 2022 um 67,61 Prozent heruntergegangen“, so Andreas Lesch. Statt 71 Delikte wurden für Gladbeck zuletzt 23 erfasst. Der Polizeisprecher führt aus: „Bei Nötigung und Raub ging’s jeweils zurück von eins auf null.“ Wurden 2019 noch zwei Bedrohungen statistisch aufgenommen, gab’s 2022 ebenfalls nicht eine einzige solche Tat. „Rauschdelikte haben wir auch keine“, berichtet Lesch. Fügt jedoch hinzu: „Das ist aber nur das, was bekannt wird.“
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Erfreulich ist ebenso die Entwicklung in puncto Körperverletzung: „Ein Rückgang um 65,5 Prozent, von 29 auf zehn Fälle.“ Die Polizei hatte es mit weniger Diebstählen als 2019 (24) zu tun: Es waren nur noch zehn Taten. Dazu legt Andreas Lesch dar: „Dazu wird nicht weiter unterschieden, ob es sich um einen schweren Diebstahl handelte, weil die Beute gesichert gewesen ist, wie bei einem Fahrrad, oder in einem Raum verschlossen. Einbruchsdiebstahl ist nicht berücksichtigt.“
Sehr gering sei auch die Anzahl der vorsätzlichen Sachbeschädigungen – ein Minus um drei auf eine einzige Tat. Lesch: „Das kann ein zerrissenes T-Shirt, ein beschmiertes Gebäude oder ein zerbrochener Füller sein.“
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Und steht Mobbing auf der Tagesordnung an Gladbecker Schulen? „Das ist kein Straftatbestand und vom Strafgesetzbuch nicht erfasst. Es kann sich um Bedrohung, Beleidigung oder Körperverletzung handeln“, erläutert Lesch. In diese Kategorien fallen dann derartige Vorfälle.
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Polizeisprecher Lesch zeigt sich erleichtert über die sinkenden Deliktzahlen zum Kapitel „Ereignis Schule“ in Gladbeck. „Das ist der Bereich, den wir Schon- oder Schutzraum nennen. Schüler sollen in sicherer Atmosphäre lernen.“