Gladbeck. 48 Fälle von Sachbeschädigung durch Graffiti führt die aktuelle Polizei-Statistik für Gladbeck auf. Diese Taten sind keine Kavaliersdelikte.
Ach, das ist doch nur ein bisschen Farbe, mögen gelassene – und vor allem unbehelligte – Naturen über illegale Graffiti auf Hauswänden, Garagentoren und anderen Objekten sagen. Opfer hingegen sehen rot, weil das Entfernen der Sprühereien alles andere als ein Pappenstiel ist. Und auch Täter müssen ihr verbotenes Vergnügen bezahlen, wenn sie erwischt werden. 48 Fälle sind für Gladbeck in der aktuellen Statistik der Polizei aufgeführt.
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Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Ein Kavaliersdelikt ist ein Graffito mitnichten. Immer wieder nimmt die Polizei Ermittlungen auf. Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Anzahl der Anzeigen geht nach oben. Annette Achenbach, Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen, vergleicht, dass im Jahr 2019 für Gladbeck 24 Fälle aufgenommen wurden, genau doppelt so viele waren es 2021. Anno 2020 gingen sogar 52 derartige Sachbeschädigungen ins Zahlenwerk ein. „Auffällig ist, dass davon ungefähr die Hälfte, nämlich 24 Fälle, Graffiti an Fahrzeugen waren“, stellt die Polizeisprecherin fest. Oftmals würden Unbekannte Lkw-Planen oder Scheiben von Lieferwagen besprühen.
Polizeisprecherin Annette Achenbach: „Haupttatorte sind oft öffentliche Gebäude“
Die Dunkelziffer derartiger Vorkommnisse dürfte sehr hoch ein. Wer schaltet schon die Polizei ein, wenn über Nacht auf seinem Briefkasten ungelenk ein „Schalke-04-Zeichen“ prangt? Das lasse sich vielleicht noch relativ leicht wegputzen. Aber wie schaut’s beispielsweise bei Gebäuden aus? Annette Achenbach berichtet: „In der Regel benutzen die Täter Spray, seltener wasserfeste Stifte. So etwas ist nur mühsam und aufwendig von Häuserwänden zu entfernen. Da kommen auf die Besitzer durchschnittlich 1000 bis 1500 Euro an Kosten pro Fall zu.“
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Mülltonnen, Garagen, Verteilerkästen gehören zu den favorisierten „Malunterlagen“. Achenbach ergänzt: „Haupttatorte sind oft öffentliche Gebäude, zum Beispiel Krankenhäuser, Geschäfte, ebenso Telefon- und Stromverteilerkästen sowie Unterführungen.“ Ein bekanntes Phänomen: „wilde“ Sprühaktionen, die sich wie ein roter Faden durch ganze Straßenzüge ziehen.
David Hennig, Sprecher in der Stadtverwaltung Gladbeck, sagt: „Graffiti halten sich bei uns in Grenzen. Wir können keine Zu- oder Abnahme feststellen.“ Im zurückliegenden Jahr seien zum Beispiel keinerlei Beschwerden über die Gladbeck-App eingegangen. Allerdings führe die Verwaltung keine „Graffiti-Statistik“. Besondere lokale Schwerpunkte lassen sich laut Hennig nicht erkennen. „Graffiti tauchen häufig dort auf, wo Platz ist. Wo auffällig viel gesprüht wird, führen wir gemeinsame Maßnahmen mit anerkannten Sprayern durch, oder wir geben die Flächen insgesamt für Graffiti frei, wie den Schürenkamptunnel“, schildert der Rathaussprecher das in Gladbeck übliche Vorgehen, „solche Projekte werden eng durch die städtische Jugendförderung begleitet.“
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In der Regel beseitige die Stadtverwaltung nur Graffiti, die verfassungswidrig oder anderweitig anstößig seien. Hennig: „Dies geschieht sehr schnell. Es sind die Fälle, die zur Anzeige gebracht werden. Ansonsten entscheiden wir von Fall zu Fall.“ Annette Achenbach nennt ein Beispiel: „Hakenkreuze wären eine Angelegenheit für den Staatsschutz.“
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Wenn die mutwillige Sachbeschädigung im öffentlichen Raum beseitigt werden soll, so der Rathaussprecher, nehme das Ingenieuramt diese Arbeiten in die Hand. „Die Kosten werden nicht gesondert erfasst. Geschätzt liegen sie jährlich im vierstelligen Bereich“, schätzt Hennig.
Was tun gegen Graffiti?
Die Erfahrung zeigt laut Polizeisprecherin Annette Achenbach: „Wenn man Graffiti sofort entfernt, ist schnell der nächste Sprayer am Werk.“ Begrünte Wände oder ein spezieller Anstrich könnten Schmierereien vereiteln, „doch dafür muss man mehr Geld in die Hand nehmen“.
Das gilt auch für Bewegungsmelder am Haus oder Hinterhof. Immer wieder hilfreich seien aufmerksame Nachbarn. Achenbach ermuntert Graffiti-Opfer, Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Die Aussichten, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, sind nicht rosig. „Im Jahr 2021 lag die Aufklärungsquote bei knapp 30 Prozent; 2020 und 2019 im Elfer-, Zwölfer-Prozentbereich“, macht Achenbach keinen Hehl aus der mageren Ausbeute. Ein Erfolgserlebnis verbuchte die Polizei im Jahr 2021: „Wir konnten sechs Fälle aufklären. Sie ließen sich alle einem 33-Jährigen ohne festen Wohnsitz zuordnen.“ Oft stünden Jugendliche mit derartigen Taten in Verbindung.
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„Die Schwierigkeit bei der Aufklärung ist in erster Linie, dass wir auf Zeugen angewiesen sind. Die Täter kommen im Dunkeln oder an abgelegene Orte und sind selten in flagranti zu ertappen“, erläutert Achenbach. Doch sind Sprayer überführt, müssen sie mit harten Konsequenzen rechnen. Sie können von einer Geld- bis hin zu einer Haftstrafe reichen. Die Polizeisprecherin stellt klar: „Im Prinzip kann das Opfer zivilrechtlich 30 Jahre Anspruch erheben.“ Möchtegern-Künstler sollten sich also überlegen, ob sie Stift oder Spraydose in einer Nacht- und Nebelaktion zücken: Es könnte ein Strich zu viel sein.