Gladbeck. Die Polizei sucht in Gladbeck immer wieder Tatverdächtige und Vermisste. Hinweise aus der Bevölkerung tragen entscheidend zum Erfolg bei.
Die Polizei Recklinghausen geht weiter Hinweisen aus der Bevölkerung nach, um einen Mann aus Gladbeck zu finden. Der 28-Jährige steht im Verdacht, an einer schweren Vergewaltigung beteiligt gewesen zu sein. Er ist zur öffentlichen polizeilichen Fahndung ausgeschrieben (siehe Info-Box). Doch wie erfolgversprechend ist dieses Mittel überhaupt, um Flüchtige oder Untergetauchte zu fassen? Sind sie nicht längst über Stock und Stein, wenn sie etliche Wochen nach der Tat mit Foto gesucht werden? Die Polizei gewährt Einblicke.
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Um es vorwegzunehmen: Nach jemandem per Öffentlichkeitsfahndung zu suchen, ist leichter gesagt, als getan. Doch wenn es dazu kommt, „führt sie in einigen Fällen zum Erfolg“, sagt Annette Achenbach. Die Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen kann mit keiner allgemeinen Quote aufwarten. Denn: Fahndung ist nicht gleich Fahndung.
Vier Tatverdächtige sind in Gladbeck noch zur Fahndung ausgeschrieben
Aufwendig und zeitraubend sieht das Prozedere aus, will die Polizei Tatverdächtige in Delikten mit gravierender Bedeutung – Bagatellfälle scheiden aus – aufspüren. Achenbach stellt klar: „Wir können nicht einfach ein Bild veröffentlichen und suchen, es gelten bestimmte Bedingungen.“ So müssen alle anderen Ansätze der Ermittler – zum Beispiel Zeugenbefragung und Nahbereichsfahndung – ohne Erfolg ausgeschöpft sein. „Erst dann regt die Polizei bei der Staatsanwaltschaft eine Öffentlichkeitsfahndung an“, erläutert die Behördensprecherin, „bis der Beschluss fällt, dass zugestimmt wird, dauert es eine Weile. Zudem besteht die Gefahr, dass zwischenzeitlich ein Bild verschwindet.“ Schließlich werde Material von Überwachungskameras nicht endlos lange gespeichert.
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Denn das ist die Quelle, aus der meistens die Fotos stammen. Deren Qualität ist allerdings sehr unterschiedlich. Hinzu komme, „dass auch Tatverdächtige Persönlichkeitsrechte haben, die berücksichtigt werden müssen“. Manchmal stellen Privatleute Fotos für die Polizeifahndung zur Verfügung: „Doch diese Bilder sind mit Vorsicht zu genießen.“ Wer weiß, ob jene Aufnahmen noch zutreffend sind und die gesuchte Person nicht längst gefärbte Haare oder sich sonst wie verändert hat? Achenbach sagt: „In einigen Fällen liegen der Polizei Fotos vor, weil Tatverdächtige erkennungsdienstlich erfasst wurden und bekannt sind.“
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Das Porträt des besagten 28-Jährigen, der sich wohl in Gladbeck aufhält, ist gestochen scharf. Anders verhält es sich mit weiteren offenen Fahndungsfällen. Doch auch die Frau, mit deren Bild die Polizei im September 2022 an die Öffentlichkeit ging, ist relativ gut erkennbar. Die Tatverdächtige hatte in einem Gladbecker Modegeschäft Kleidungsstücke erbeutet. Der Inhaber des Ladens versuchte, sie aufzuhalten. Die Diebin verletzte ihn und flüchtete.
Im selben Monat schrieb die Polizei einen Mann zur Fahndung aus, der aus einer Garage ein Mountainbike mitgehen ließ. Das Bild müsste zu einer Identifizierung führen können. Stark verpixelt hingegen das Foto eines Mannes, der mit einer gestohlenen EC-Karte in Gladbecker Geschäften shoppte.
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Wegen des genannten Prozederes klafft zwischen Tat und Fahndung eine zeitliche Lücke. Wer kann sich denn dann noch an den Hergang eines Geschehens erinnern? Achenbach stellt klar: „Es geht bei der Suche nach Tatverdächtigen nicht um Zeugenhinweise. Wir fahnden konkret nach Menschen.“
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Und auch nach längerer Zeit seien die Erfolgschancen gut. Mal stellten sich Gesuchte, weil der Fahndungsdruck zu groß werde, mal seien sie eine Weile untergetaucht, ließen sich dann wieder blicken und würden erkannt. Und auch bei dem gesuchten 28-Jährigen aus Gladbeck gehen weiter Hinweise ein, die die Ermittler verfolgen. Polizeisprecherin Achenbach betont: „Die Öffentlichkeitsfahndung ist ein gutes Instrument, um Tatverdächtige zu finden. Wir sind wirklich dankbar für Hinweise. Das ist keine Floskel, denn die Mitarbeit der Bevölkerung ist entscheidend für den Ermittlungserfolg.“
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Annette Achenbach erklärt: „Zu den öffentlichen Fahndungen gehören auch Vermisstenfälle, und die sind zu 99 bis 100 Prozent in wenigen Tagen geklärt.“ Da gibt es beispielsweise Jugendliche, die von zu Hause ausgebüxt sind. „Meistens, aber nicht immer, melden sie sich von selbst, wenn sie mitbekommen: ,Du meine Güte, die Polizei sucht nach mir!’“, berichtet die Polizeisprecherin.
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Eine andere Altersgruppe unter den Vermissten, die die Polizei mit Hilfe der Bevölkerung aufzuspüren versucht, ist die ältere Generation. Achenbach erläutert: „Nicht jeder vermisste Senior wird öffentlich gesucht. Manche kehren selbstständig zu ihrer Familie oder in eine Einrichtung zurück, weil sie vielleicht einfach das Zeitgefühl oder die Orientierung verloren haben.“
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Doch in den Fällen, in denen ein Mensch beispielsweise verwirrt durch die Gegend irre, sei es „oft so, dass jemand besonders aufmerksam ist“ – und die Polizei informiert. Die Einsatzkräfte selbst setzen diverse Mittel ein, um Vermisste ausfindig zu machen. Annette Achenbach: „Hubschrauber sind fast schon Standard. Sie haben Wärmebildkameras an Bord, so dass aus der Luft ein Mensch unten in einem Gebüsch oder Unterholz entdeckt werden kann.“ Die Hubschrauber-Besatzung übermittele ihre Beobachtungen „an die Kollegen am Boden, die dann reagieren“. Spürhunde seien ebenfalls regelmäßig im Einsatz, um Gesuchten auf die Fährte zu kommen.
Schwere Vergewaltigung
Der gesuchte 28-jährige Gladbecker, nach dem die Polizei öffentlich fahndet, soll an einer schweren Vergewaltigung im November 2022 beteiligt gewesen sein. Tatort: Herten.
Der Gladbecker ist verdächtig, mit einem 22-Jährigen einen 21-Jährigen bedroht, geschlagen und sexuell misshandelt zu haben. Es soll auch eine Waffe eingesetzt worden sein. Sowohl der mutmaßliche Mittäter als auch das Opfer stammen aus Herten. Corinna Kutschke, Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen: „Im Raum stehen schwere Vergewaltigung, Körperverletzung und Bedrohung.“
Wer kennt diesen Mann? Wer kann Hinweise zu seinem Aufenthaltsort geben? Die Kriminalpolizei nimmt Hinweise unter 0800/2 36 11 11 entgegen.
Damit die Polizei Vermisste mit Unterstützung der Öffentlichkeit suchen kann, bedarf es des Einverständnisses von Angehörigen. Laut Achenbach werde dies in den meisten Fällen, in denen es um alte Menschen geht, gewährt. „Bei Kindern und Jugendlichen muss man abwägen“, so die Polizeisprecherin. Eltern wollen ihren Nachwuchs nicht unbedingt ins Licht der Öffentlichkeit stellen. Liegen brauchbare Fotos der Betreffenden vor, könne die Suche beginnen.
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Offene Fahndungsfälle sind nachzuverfolgen auf https://polizei.nrw/fahndungen