Gladbeck. Wer mit offenen Augen und etwas Geduld durch die Gladbecker Natur streift, kann Rehe und mehr entdecken. Ideal für einen Familienausflug.
Hier sollen sich Fuchs & Hase & Reh gute Nacht sagen – oder zu dieser frühen Tageszeit „guten Morgen“? In Gladbeck, wo in direkter Nachbarschaft zu Feld und Wiese auf der großen Straße Auto um Auto vorbeidonnert? So stellt man sich ein Idyll für Wildtiere nicht gerade vor. Doch Gerd Tersluisen vom Hegering Gladbeck weiß es besser – und er soll Recht behalten. In seiner waidmännischen Begleitung wird der Ausflug zu einem Erlebnis – nicht nur in den Osterferien. Eine Spurensuche...
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Es muss nicht immer der Experte Seit’ an Seite mitgehen. Familien können auch auf eigene Faust durch die Gegend streifen, um heimische Tiere in ihrer angestammten Umgebung zu beobachten, am besten mit einem Feldstecher. Denn ein scheues Reh geht nicht unbedingt gerne auf Tuchfühlung.
Tipp des Gladbecker Experten: Am besten ein Fernglas mitnehmen
Wie gerade in diesem Augenblick, da ist Zurückhaltung angesagt. Die Ruhe vor dem großen Fressen? Der Tisch für Familie Reh ist reich gedeckt, eine große Wiese voll saftigem Grün. Gleich müsste Frühstückszeit für das Wild sein. Nur: Wo steckt es? Es traut sich nicht aus seinem Unterschlupf, so scheint’s. Still ruht das Gras, kein Hälmchen bewegt sich, an den Bäumen wankt kein Blatt, nichts raschelt im Gebüsch. Kein Langohr spitzt hervor. Oder ist das dort drüben nicht doch ein Hase?
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Zeit für einen Blick auf die Landschaft. Die meisten Bäume schauen eher wie dürre Gerippe aus. Auf einem Waldstückchen inmitten der Felder und Wiese ragen Tannen gen Himmel. Die habe irgendwer ‘mal gepflanzt, weil er sie wahrscheinlich schön fand. Aber eigentlich hat Mutter Natur für Gladbeck keine Nadelhölzer vorgesehen.
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Eine Birne knospet weiß-blassrosa. „Gut einen Monat zu früh“, stellt Fachmann Tersluisen fest und dämpft damit etwas die Freude ob des malerischen Anblicks. Überhaupt: Das Frühjahr verheißt in Wald und Flur keineswegs ungetrübtes blühendes Leben. Der Hegering-Mann erklärt: „Der März ist der schlimmste Monat im Jahr, denn in dieser Zeit sterben die meisten Tiere. Sie freuen sich nach dem Winter auf Äsung, sprich: das Futterangebot. Doch geschwächte Tiere bekommen Durchfall und andere Krankheiten und fallen tot um.“
Na, unter paradiesischen Bedingungen verstehen die meisten Menschen wohl etwas anderes. Beispielsweise die muntere Vogelgesellschaft, die vielstimmig von sich hören lässt. Toktoktok – ein Specht. Irgendwo singt ein Rotkehlchen. Es zwitschert und tirilliert durch die Lüfte. Auf dem Rumpf einer gestutzten Kopfweide hat sich eine Krähe niedergelassen, dort behält sie den Überblick. „Familienmitglieder“ kreisen über das Areal, vielleicht haben die Aasfresser längst die nächste Mahlzeit im Blick.
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Eine Elster fliegt steil auf, eine Ringeltaube lässt sich in einem Baum nieder. Und da wieder das Specht-Klopfen. Wie viele dieser Höhlenbrüter mögen es wohl sein? „Das ist nur ein Specht“, stellt Gerd Tersluisen klar, „er trommelt, wie andere Vögel singen. Wenn er hämmert, will er Nahrung aus dem Holz schlagen. Das Trommeln des Spechts ist die Musik des Frühlings.“
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Ein Schwarm Wildtauben schwingt sich gen Himmel. „Sie klatschen zur Warnung.“ Verbirgt sich womöglich ein Habicht in der Nähe und hat Beute im Visier? Die Geräusche von der angrenzenden Straße dringen gerade einmal wie Rauschen in diese Klang-Kulisse ein.
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Nanu, was stolziert denn da gerade durch das Gras, das ein Windstoß in eine Woge versetzt? Eine Nilgans. Sie ist kleiner als eine Kanadagans, die in Gladbeck bevorzugt auf den Nordpark und die Anlagen rund um das Wasserschloss Wittringen fliegen. Im Gegensatz zu diesen größeren Schwestern, die unbehelligt doch recht friedlich sind, seien Nilgänse ziemlich aggressiv. Tersluisen: „Männchen und Weibchen sehen bei diesen Halbgänsen, ein Mittelding zwischen Gans und Ente, gleich aus.“ Das Exemplar hier hebt ab – und ist schnell den Blicken entschwunden.
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Bei Fasanen hingegen lässt sich das Geschlecht einfach ausmachen. Der knallblaue Hals des Herrn ist unübersehbar, um die Augenpartie trägt er Rot, ansonsten ist das Federkleid in Grau- und Brauntönen mit schwarzen und weißen Sprengseln getüpfelt. Ein prachtvoller Anblick – im Gegensatz zu Frau Fasan: „Sie ist kaum zu sehen.“
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Aber Fasane glänzen heute durch Unsichtbarkeit. Diese Vögel sind rar geworden, trotz aller Bemühungen, ihre Population zu stabilisieren. Tersluisen erzählt: „Der Hasenbestand, der ebenfalls stark abgenommen hatte, hat sich erholt. Seit fünf Jahren haben wir in diesem Gebiet Vollschonung. Das heißt: Die Tiere werden nicht geschossen.“ Beim Fasan sei die Rechnung nicht aufgegangen – sein Anblick ist wie ein Volltreffer im Lotto. Und auch Füchse geben sich selten ein Stelldichein vor menschlichen Augen.
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Ein wahres Glücksgefühl beschleicht neugierige Zweibeiner, als der Lohn für das geduldige Warten endlich auftaucht: eine Ricke mit einem Vorjahreskitz. Tersluisen hat die beiden Tiere als erster erspäht, noch weit entfernt vom Ausguckposten. „Anderswo können weitere hervorkommen, die liegen hinten im Graben, das machen sie unheimlich gerne. Sie kommen gleich näher.“ Abdrücke von Hufen in der aufgeweichten Erde hatten die Hoffnung genährt, dass sich Rehwild in der Gegend aufhält. Es nun zu sehen, beglückt. Gerd Tersluisen meint: „Selbst in der Stadt ist genug Wildnis, die einen erfreut. Da muss man nicht nach Afrika reisen.“