Gladbeck. Hat ein Kind Scharlach, reagieren Eltern oft panisch auf die Diagnose. Ein Kinderarzt aus Gladbeck erklärt, warum eine Impfung nicht möglich ist.
Das Kind hat starke Halsschmerzen, fühlt sich krank, bekommt Fieber. Sollte es sich womöglich um Scharlach handeln? Diese Krankheit ist derzeit in aller Munde. Doch Kinderarzt Dr. David Hartmann aus Gladbeck beruhigt aufgeschreckte Eltern und klärt auf.
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Der 43-Jährige, der im Butendorfer Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin praktiziert und zweifacher Vater ist, kennt die fast panischen Reaktionen von Müttern und Vätern, fällt das Stichwort „Scharlach“. „Wir sehen diese Erkrankung nicht so dramatisch“, sagt er. Gar von einer Erkrankungswelle möchte Hartmann überhaupt nicht sprechen. Sicher, derzeit seien häufig Mädchen und Jungen generell an diversen Infektionen erkrankt. Aber das sei auch saisonal bedingt. „Der März gehört noch in die Infektionszeit“, stellt Hartmann klar.
Gladbecker Kinderarzt Dr. David Hartmann: „Eine Impfung ist nicht möglich“
Scharlach werde durch Streptokokken ausgelöst, „eine Impfung ist nicht möglich“. Übertragen wird die Krankheit meist durch Tröpfchen. „Ungefähr 25 Prozent der Über-Fünfjährigen sind Träger der Bakterien“, erklärt Hartmann. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Kinder auch mit Symptomen an Scharlach erkranken; geschweige denn, dass dann Lebensgefahr bestehe. Der Experte betont: „Panik ist vollkommen überflüssig, die Verläufe sind meistens mild.“ Komplikationen treten nach seiner Erfahrung selten auf. Was der Kinderarzt jedoch im Vergleich zu früheren Jahren diagnostiziert: „Scharlach gab’s immer, doch die Sorge war nicht so groß. Durch die Corona-Zeit hat sich die Wahrnehmung geändert.“
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Da alarmieren Halsschmerzen und Unwohlsein, über die der Nachwuchs klagt, Mamas und Papas. „Was wir erleben, ist eine ganz große Sorge der Eltern und Kitas“, hat Hartmann beobachtet. Scharlach sei schwer feststellbar. Deswegen beschreibt er im Kurzüberblick typische Symptome: starke Halsschmerzen, plötzliches hohes Fieber, Krankheitsgefühl. Zudem können unter anderem Übelkeit und Schüttelfrost auftreten. „Im Scharlach-Vollbild kommt Hautausschlag hinzu, häufig ausgehend von den Achselhöhlen und Leisten“, ergänzt Hartmann. Diese roten Flecken „fühlen sich ein bisschen rau an, wie Sandpapier“.
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Der Kinderarzt grenzt zu anderen möglichen Infekten ab: „Wenn ein Kind auch Husten und Schnupfen hat, besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Scharlach handelt.“ Er rät Eltern für diesen Fall: „Wenn ein Kind mäßig krank ist, sollten sie es zu Hause behalten und beobachten.“ Heiße Getränke, wie Tee mit Honig, seien nicht verkehrt, ebenso wirksam: ein Medikament, um die verstopfte Nase freizumachen.
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Stellt ein Arzt tatsächlich Scharlach fest, „therapieren wir mit einem Antibiotikum“, vornehmlich Penicillin. Sollte gegen diesen Wirkstoff eine Allergie vorliegen, stünden alternative Präparate zur Verfügung. Hartmann betont ausdrücklich: „Der Hauptgrund dafür ist, die Weitergabe zu stoppen.“ Denn Scharlach ist hochansteckend. Eine Erkrankung im ersten und zweiten Lebensjahr sei sehr selten: „Nach dem dritten Geburtstag kommt Scharlach häufiger vor.“
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Das heißt aber nicht, dass beispielsweise Erwachsene gegen Scarlatina, so der lateinische Name, gefeit sind. Darauf weist Dr. Hans-Ulrich Foertsch, Vorsitzender der Ärztekammer Westfalen-Lippe/Verwaltungsbezirk Recklinghausen, hin: „Häufig erkranken Kinder, aber Menschen jeden Alters können sich mit dem bakteriellen Erreger anstecken. Wenn Scharlach jedoch schnell erkannt wird, verläuft diese Krankheit unter Antibiotika-Therapie fast immer ungefährlich.“ Wobei gerade die Behandlung mit Medikamenten „ordnungsgemäß nach Anweisung des Arztes durchgeführt werden müsse. Denn: „Wenn jemand nach ein paar Tabletten denkt: ,Aha, es geht mir besser, also nehme ich das verschriebene Antibiotikum nicht mehr’, besteht die Gefahr eines Rückfalls. Und der kann hochproblematisch werden.“
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Insbesondere bestehe dann ein Risiko für Herz- und Nierenschäden. Foertsch erklärt: „Streptokken senden verschiedene Toxine, also Gifte, aus.“ Im Kampf dagegen seien Antibiotika „ein großer Segen“. Wenn sie denn korrekt, eben nicht unterdosiert, eingenommen werden.
In Nordrhein-Westfalen ist das zuständige Gesundheitsamt über eine Scharlach-Infektion zu benachrichtigen. Das gilt für die Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen.