Gladbeck. Der Gladbecker Paul ist begeisterter „Rosenhill-Linedancer“. Zu seinem 90. Geburtstags tanzen 80 Linedancer aus seinem Verein vor dem Rathaus.

Paul strahlt über das ganze Gesicht. Kein Wunder: 80 Frauen und Männer tanzen vor der Kulisse des Alten Rathauses in Gladbeckzu Country-Klängen – nur für ihn. Paul ist vor wenigen Tagen 90 geworden. Der Formationstanz am Samstag zum Geburtstag ist ein Geschenk der „Rosehill Linedancer“ vom Verein Sport für bewegte Bürger (SfbB).

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Als Dank für dieses tolle Präsent hat Paul alle zum Frühstück ins Rathauscafé eingeladen. Paul, den wir vor seinem Geburtstag beim Training besucht haben, will seinen Nachnamen nicht verraten. Den kennt selbst in der Linedance-Gruppe, die jeden Montag im Heinrich-Weidemeier-Hausin Rosenhügel (daher „Rosehill“) trainiert, kaum jemand. Für die anderen Tänzerinnen und Tänzer ist er ganz einfach „unser Paul“.

Trainerin Karin Schniering: „Paul ist unser aller Vorbild!“

Er ist der Senior unter den insgesamt 120 Tänzerinnen und Tänzern in mittlerweile sechs Linedance-Gruppen beim Verein „Sport für bewegte Bürger“. „Vor fast fünf Jahren sind wir mit diesem Angebot gestartet. Die Nachfrage ist ungebrochen riesig“, freut sich Trainerin Karin Schniering. Der neue Anfängerkurs sei mit 20 Leuten schon wieder voll.

Beim Tanzen ist der 90-jährige Gladbecker in seinem Element. Er trainiert mit Gleichgesinnten Linedance beim SfbB im Heinrich-Weidemeier-Haus.
Beim Tanzen ist der 90-jährige Gladbecker in seinem Element. Er trainiert mit Gleichgesinnten Linedance beim SfbB im Heinrich-Weidemeier-Haus. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Was motiviert so viele Menschen, in Reihen vor- und nebeneinander zu tanzen, meist zu Country- und Popmusik? Für Paul, Linedancer der ersten Stunde im Verein, ist die Antwort ganz klar: „Tanzen ist Balsam für Körper und Seele. Man bleibt flott auf den Beinen und fit im Kopf. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass leidenschaftliche Tänzer selten an Alzheimer, Demenz oder Parkinson erkranken.“ Und ganz abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt: „Tanzen macht einfach riesigen Spaß.“

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Er sei immer begeisterter Tänzer gewesen, erzählt Paul. „Meine Frau und ich haben lateinamerikanische Tänze geliebt. Nach ihrem Tod bin ich zum Verein Sport für bewegte Bürger gestoßen. Zuerst war ich in einer Gruppe für Paartänze, dann habe ich Linedance für mich entdeckt. Karin, unsere Trainerin, ist ein Goldstück, alle anderen in der Gruppe, vor allem die Frauen, behandeln mich so liebevoll. Ich genieße das alles in vollen Zügen.“

Die Gladbecker Rosehill-Gruppe hat 400 Choreographien im Repertoire

Das merkt man sofort, wenn man Paul auf der Tanzfläche beobachtet. Er ist in seinem Element, weiß immer genau, wie er sich gerade zu bewegen hat, kommt nicht aus dem Takt. Der Laie staunt: Zwei Schritte vor, zwei zurück, Drehung links, Sidestep rechts, ein Bein nach vorne heben, dann das andere nach hinten, Drehung, Zwischenschritt . . . Wie soll man sich das denn merken? Schließlich haben die Tänzerinnen und Tänzer ein paar Dutzend Choregographien im Repertoire! Die Trainerin und ihr Mann Peter beherrschen übrigens 400.

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Trainerin Karin Schiering und Paul wissen, wo es langgeht. Sie sagt über den 90-Jährigen: „Er ist unser aller Vorbild!“
Trainerin Karin Schiering und Paul wissen, wo es langgeht. Sie sagt über den 90-Jährigen: „Er ist unser aller Vorbild!“ © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

„Jeder denkt am Anfang, er könne sich so viele Schrittfolgen nie merken“, wissen Schnierings, die Linedance schon vor 19 Jahren für sich entdeckt und im Jahre 2008 beim SfbB etabliert haben, aus ihrer langjährigen Erfahrung. „Aber fast alle merken schnell, dass es doch klappt, zumal jeder von jeder Choreographie eine detaillierte Tanzbeschreibung mit nach Hause nehmen kann.“ Dort haben auch alle Tänzerinnen und Tänzer Cowboyhüte, Hemden, Westen und Jacken mit der Aufschrift „Rosehill Linedancer“ im Schrank. Diese „Uniform“ tragen sie bei ihren Auftritten, manche Teilnehmer auch bei jedem Training.

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Es bleibt nicht bei den wöchentlichen Übungsstunden. Die Gruppen sind regelmäßig bei Linedance-Veranstaltungen und -Festivals auf den Tanzflächen anzutreffen. Einmal monatlich treffen sich alle sechs SfbB-Gruppen zum Tanzcafé bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Rentfort. Im Wechsel sorgen sie für Kuchen und übernehmen den Service. Und dann wird natürlich getanzt. Auftritte gibt es auch, zuletzt wurden die Linedancer bei der Weihnachtsfeier des Vereins in der Matthias-Jakobs-Halle gefeiert.

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Und dann sind da noch die privaten Kontakte. „Jeder hilft jedem, und es haben sich im Laufe der Zeit viele Freundschaften entwickelt“, weiß Peter Schniering. „Linedance fördert eben auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.“

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All das schätzt natürlich auch Paul, „unser aller Vorbild“, wie die Trainerin betont. Jetzt schaut er strahlend zu, wie 80 Linedancer auf dem Rathausvorplatz „Hearts and flowers“ für ihn tanzen. „Ich tanze so lange, bis Petrus mich abberuft“, sagt er noch – und reiht sich dann ein, um zu Rumba-Musik auch selbst noch eine flotte Sohle aufs Pflaster zu legen.

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