Gladbeck. Die Polizei kontrollierte in Gladbeck wiederholt Tunertreffen mit hunderten Autos. Sind illegale Rennen, Tuning und Autoposen ein Problem?

Ein Freitagabend im Oktober, es ist noch angenehm warm in Gladbeck. Auf dem großen Parkplatz an der Rockwoolstraße stehen ein paar sichtbar aufgemotzte Autos und die dazugehörigen jungen Männer. Bei Zigarette und Energydrink fachsimpeln sie über ihre Wagen, Gott und die Welt, gleich nebenan setzt ein Motorradfahrer seine Maschine für eine kleine Fotosession ins rechte Licht. Auf dem Boden zeugen runde Reifenspuren, sogenannte „Donuts“, von abenteuerlustigen Autofahrern.

Ganz und gar unspektakulär geht es also zu – man kann sich kaum vorstellen, dass hier kürzlich so etwas wie eine Razzia über die Bühne ging. Am Samstag, 15. Oktober, stieß die Polizei im Rahmen ihrer regelmäßigen Kontrollen von Rasern und illegalen Tunern auf ein Szenetreffen an der Rockwoolstraße, 200 Fahrzeuge und 500 Personen trafen die Beamten an (wir berichteten).

Tuner kommen in der nächsten Nacht zurück nach Gladbeck

Bei diesem einen Großkampftag der Szene blieb es aber nicht, wie Polizeisprecherin Annette Achenbach berichtet. „Wir hatten schon im Vorfeld davon Kenntnis, dass am späten Freitagabend, 28. Oktober, wieder ein Treffen auf dem Parkplatz geplant war.“ Entsprechend schnell war die Polizei vor Ort, als sich gegen 23.30 Uhr tatsächlich etwa 350 Fahrzeuge samt Fahrern auf dem Parkplatz versammelten.

Natürlich habe sich mit dem Eintreffen der Polizei schnell eine „Abwanderungstendenz“ ergeben, sagt Achenbach, trotzdem verhängten die Beamten zwölf Verwarngelder. Diese Geldstrafen werden für eher kleinere Verstöße ausgesprochen, „Sicherstellungen von Fahrzeugen gab es nicht“, so die Sprecherin. Allerdings, ergänzt sie, liege die Vermutung nahe, dass einige der Autofans in Gladbeck dieselben waren, die kurz zuvor in Gelsenkirchen-Erle bei einem ähnlichen Treffen von der Polizei verscheucht wurden. Auf dem Supermarktparkplatz in Gelsenkirchen hatten die Tuner auch Feuerwerkskörper gezündet.

Auch interessant

Als die Polizei Samstagnacht, wieder gegen 23.30 Uhr, noch einmal an der Rockwoolstraße vorbeischaute, waren die Tuner schon da. Erneut kontrollierten die Beamten, erneut wurden Verwarngelder verhängt, diesmal sieben Stück. Außerdem stellte die Polizei auch eine Ordnungswidrigkeit fest. Eine ganze Menge PS für das beschauliche Gladbeck also – hat die Stadt ein Tuner-Problem?

Die Polizei weiß um den Tunertreffpunkt in Gladbeck

„Gladbeck ist keine Raserhochburg“, sagt Annette Achenbach ganz klar. Bei der Kontrolle Mitte Oktober seien „keine Ordnungswidrigkeiten und Straftaten“ festgestellt worden, gleichwohl wisse die Polizei um besagten Parkplatz als Treffpunkt der Tunerszene. Allerdings, betont Achenbach, „ist dieser Szenetreffpunkt der einzige in Gladbeck“.

Lesen Sie auch:

„Die Kollegen achten bei ihren Streifen aber immer auf typische Zeichen illegalen Tunens“, gerade am Wochenende hielten die Beamten ein Auge offen, in der jüngeren Vergangenheit seien dabei keine größeren Verstöße aufgefallen. „Gladbeck ist in dieser Hinsicht recht unauffällig“, sagt Achenbach, „aber wenn sich Anwohner bei uns melden und von entsprechenden Verstößen berichten, gehen wir diesen Hinweisen nach.“

Tuning und Raserei in Gladbeck: die Zahlen

Die harten Zahlen bestätigen, dass sich die Probleme mit Rasern, Autoposern und illegalen Tunern in Gladbeck in niedrigen Grenzen halten. 2020 beschlagnahmte die Polizei in der Stadt 14 Autos, 2021 bloß noch zehn. Bis Ende Oktober 2022 waren es zwar schon 23, doch ein Ausreißer ist das noch nicht. „In jedem dieser Fälle bestand der Verdacht auf Erlöschen der Betriebserlaubnis“, erklärt Achenbach. In der Tunerszene ein typischer Verstoß, kurz gesagt hat ein Autobesitzer eine Veränderung an seinem Fahrzeug vorgenommen, ohne sie beim TÜV eintragen zu lassen.

Magere Ausbeute: Bisher hat die Polizei auf dem Parkplatz an der Rockwoolstraße in Gladbeck nur einen illegal getunten Wagen aus dem Verkehr ziehen können – in einem Zeitraum von drei Jahren.
Magere Ausbeute: Bisher hat die Polizei auf dem Parkplatz an der Rockwoolstraße in Gladbeck nur einen illegal getunten Wagen aus dem Verkehr ziehen können – in einem Zeitraum von drei Jahren. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Ein Klassiker: die Klappensteuerung. Per Fernbedienung oder Schalter im Auto kann der Fahrer eine Klappe im Auspuff öffnen und schließen. Ist die Klappe offen, röhrt der Wagen so schön laut und dreckig, wie es sich viele Autofreunde wünschen – übersteigt dabei aber häufig auch die zugelassene Dezibelzahl. Die Idee ist also, bei einer Polizeikontrolle flugs die Klappe zu schließen und den Lärmpegel des Autos wieder unter die gesetzlich erlaubte Grenze zu drücken.

Nur wenig Illegales am Tunertreffpunkt in Gladbeck

Zurück zum Tunertreffpunkt an der Rockwoolstraße: „Auf diesem Parkplatz ist in den vergangenen drei Jahren lediglich ein Auto wegen des Verdachts auf Erlöschen der Betriebserlaubnis sichergestellt worden“, weiß Annette Achenbach. Häufig sei es zudem so, dass die illegal vorgenommene Veränderung ohne großen Aufwand wieder entfernt werden kann – und die Betriebserlaubnis so bestehen bleibt.

+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook+++

Weitaus gefährlicher als das „nur“ nervige Autoposen sind die illegalen Straßenrennen, die häufig zu Verletzten oder gar Toten führen. Vorweg ist anzumerken: Tuner sind keinesfalls synonym mit den rücksichtlosen Rennfahrern, eine gewisse Überschneidung der Szenen ist allerdings nicht von der Hand zu weisen.

Polizei: „Wir haben nichts gegen Tuner“

Zumindest in Gladbeck ist die Rennszene aber nicht sonderlich aktiv – das lassen die Zahlen der Polizei vermuten. „In den vergangenen drei Jahren gab es in sieben Fällen Anhaltspunkte für illegale Rennen“, erklärt Achenbach, und weist auf die relativ neue Gesetzesänderung hin, nach der auch Solo-Rasen als Rennen gewertet werden kann. Die Polizei, das macht Annette Achenbach deutlich, „hat nichts gegen Tuner. Es sind die Poser und diejenigen, die ihr Auto illegal tunen, gegen die wir vorgehen.“