Gladbeck. Die evangelische Kirche will den Albert-Schweitzer-Kindergarten aufgeben. Darüber gibt es nun Streit in Gladbeck. Das sind die Gründe.
Gerüchte um die Schließung des evangelischen Albert-Schweitzer-Kindergartens in Gladbeck-Schultendorf sorgen derzeit bei einigen Eltern für Unruhe und großen Wirbel in der Stadt. Ein Vater kritisiert fehlende Kommunikation seitens der Kirche und der Stadt und startet eine Petition.
„Das Gerücht über die Schließung gibt es seit Oktober vergangenen Jahres. Doch Kirche und Stadt schweigen dazu“, bemängelt Simon Asser, dessen Tochter die Kita besucht. Viele Eltern wüssten noch gar nichts von den Plänen. „Zum neuen Kindergartenjahr werden sieben weitere Kinder aufgenommen, auch deren Eltern wissen nichts von der Misere“, so der Familienvater.
Einen konkreten Schließungstermin gibt es noch nicht
Dass die Einrichtung – trotz großen Kitaplatzmangels in Gladbeck – über kurz oder lang geschlossen werden soll, bestätigt Wilfried Allkemper, Geschäftsführer der evangelischen Kirche, auf WAZ-Anfrage. Ein konkreter Termin bestehe, entgegen einiger Gerüchte, jedoch nicht. Das Presbyterium werde sich aber bald aufgrund des öffentlichen Aufsehens mit dem Thema beschäftigen müssen. „Ob dann direkt ein Schließungstermin vereinbart wird, ist unklar.“ Allkemper geht aber nicht davon aus, dass die Aufgabe in den kommenden beiden Kita-Jahren drohe. „Eltern, die diese Unsicherheit nicht aushalten, müssen sich woanders bewerben“, so der Geschäftsführer. Sobald ein konkreter Beschluss gefasst sei, würden auch die Eltern informiert.
Ev. Kirche schafft rund 120 neue Plätze
Während in Schultendorf künftig einige Plätze wegfallen dürften, schafft die evangelische Kirche an anderen Stellen in der Stadt rund 120 neue Plätze.
An der Mittelstraße verzögert sich derzeit die Eröffnung der neuen Kita. Die evangelische Kirche geht nun von einer Eröffnung am 1. Oktober aus. „Bauherr ist die Stadt, und die ist abhängig von Firmen-Lieferzeiten, die derzeit lang sind“, erklärt Wilfried Allkemper, Geschäftsführer der evangelischen Kirche die Verzögerung.
An der Heringstraße soll Eröffnung der neuen Kita im März 2022 sein. An der Lukasstraße wird die Kita fünfzügig neu gebaut. „Ich schätze, dass wir Mitte kommenden Jahres mit dem Bau beginnen werden“, so Allkemper.
Die Kirche garantiere jedoch allen Eltern, die einen Vertrag bis zum Schulbeginn abgeschlossen haben, weiterhin einen Platz. Dass es schöner sei, wenn die Kita fußläufig erreichbar sei, stünde außer Frage, so Allkemper, aber: „Gladbeck ist nicht so groß, dass nicht auch andere Wege zu bewältigen sind.“ Auch das Personal werde angesichts des Fachkräftemangels problemlos auf andere Einrichtungen verteilt werden können.
179 Menschen haben die Petition des Familienvaters bisher unterschrieben
Simon Asser hatte eigentlich vor, auch seinen Sohn bald in die Albert-Schweitzer-Kita zu schicken. „Es ist eine tolle Einrichtung, und ich möchte, dass meine Kinder im Glauben aufwachsen.“ Die Schließung möchte er mit der Petition nun verhindern. 179 Menschen haben bisher unterschrieben.
Für die evangelische Kirche ist die Aufgabe der Einrichtung aber gesetzt. „In dem Haus sind zwei Gruppen in zwei Räumen untergebracht. Allein aufgrund der Raumgröße würden wir heute nicht noch mal eine Betriebserlaubnis bekommen. Betriebswirtschaftlich lohnt es sich nicht. Es ist ein zu hoher Aufwand für zu wenige Plätze“, erklärt Allkemper. Eine Aufstockung aber sei beispielsweise aufgrund des Alters und der Bauart des Hauses nicht möglich. Mit dem Gebäude verbunden ist eine Wohnhaus, auch über der Kita liegt eine Wohnung. Besitzer ist die Kirche. „Sollten wir uns entschließen, den Komplex abzugeben, wird niemand das Haus kaufen, wenn eine Kita darin ist.“
Auch die Politik beschäftigt sich mit dem Thema
Die Grünen möchten über das Thema nun im nächsten Jugendhilfeausschuss sprechen. „Wir bedauern sehr, dass ein Kindergarten schließen soll. Schließlich herrscht in Gladbeck ein Mangel an Kindergartenplätzen, und die Stadt befindet sich auf der Suche nach geeigneten Standorten in Zweckel und Schultendorf, um neue Kindergärten errichten zu können. Da wirkt die Schließung eines Kindergartens wie ein Paradoxon und stößt bei der Elternschaft des Kindergartens und der Bevölkerung auf Unverständnis“, so die Grünen.
Volker Musiol (SPD) als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses kann die Aufregung um das Thema nicht nachvollziehen. „Es gibt ja noch nicht einmal einen Beschluss des Presbyteriums, dass die Kita geschlossen wird.“ Für ihn sei aber ebenso klar, dass die Einrichtung sehr alt sei und nicht mehr dem aktuellen Standard entspreche. „Wenn die evangelische Kirche neue moderne Einrichtungen plant und diese Kita irgendwann aufgeben möchte, ist das nachvollziehbar und gut durchdacht.“ Zudem sei der Stadtteil nicht ohne Kita. „Die katholische Kita ist gleich nebenan.“
Politik und Stadtverwaltung bemühten sich, möglichst schnell weitere Kitaplätze zu schaffen. „Wir haben ein riesen Ausbauprogramm“, so der SPD-Ratsherr. Zudem gebe es in Gladbeck eine unglaublich große Trägervielfalt. „Und jeder tut sein Bestes.“