Gladbeck. Parteichef Jens Bennarend sorgt in der SPD Gladbeck für Turbulenzen. Er macht der Fraktionsspitze Vorwürfe und legte seine Fraktionsämter nieder.
Gut zwei Monate vor der Bundestagswahl Ende September ist in der SPD Gladbeck ein offener Streit ausgebrochen: Parteivorsitzender Jens Bennarend hat mit sofortiger Wirkung seine Ämter als bildungspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion sowie als stellvertretender Vorsitzender des Schulausschusses niedergelegt und erhebt schwere Vorwürfe gegen SPD-Ratsfraktionschef Wolfgang Wedekind und SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christa Bauer.
In einem Schreiben an die Fraktion spricht Bennarend, der seit 2008 Stadtverbandsvorsitzender der SPD ist, aber erst seit der Wahl 2020 im Rat ist, von „persönlichen, permanenten Anfeindungen, Angriffen und Unmöglichmachungen“ durch verschiedene Mitglieder der Fraktion, wobei Wedekind und Bauer hervorgehoben werden. Es ist nicht die erste öffentliche Kritik Bennarends an Wedekind. Im Gespräch mit der WAZ bekräftigt der 49-Jährige seine neue Kritik: Er habe über Monate versucht, konstruktiv mitzuarbeiten, „aber alles von mir wurde weggedrückt“.
Bennarend sieht „keine Möglichkeiten“, wieder zueinander zu kommen
Bennarend nennt Anträge und Anfragen von ihm an die Stadtverwaltung, die in der Fraktion befürwortet wurden, aber dennoch „unter fadenscheinigen Ausreden liegen blieben“. Der Parteichef bemängelt zudem, dass die Partei in der Person ihres Vorsitzenden im vergangenen Herbst nicht bei den Sondierungsgesprächen mit den anderen Ratsfraktionen beteiligt gewesen sei. „Da wurde der Wille der Partei nicht berücksichtigt.“
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Er sehe inzwischen keine Möglichkeiten mehr, dass man noch aufeinander zukommen könnte. „Wenn meine Impulse nicht ankommen, dann mache ich Graswurzelarbeit.“ Er sei von den Brauckern gewählt worden und wolle sich nun auf sein Ratsmandat konzentrieren, das er behalte. Auch in der SPD-Fraktion bleibe er. Allerdings denke er darüber nach, im Herbst bei dem anstehenden Stadtparteitag nicht mehr als Vorsitzender anzutreten.
Fraktionschef Wedekind will sich zu den Vorwürfen nicht äußern
Fraktionschef Wedekind und Fraktionsgeschäftsführerin Bauer, die von dem Rücktrittsschreiben überrascht wurden, wollten sich auf WAZ-Nachfrage nicht zu dem Streit äußern. Nur soviel: „Die Vorwürfe von Herrn Bennarend sind falsch, weil die inhaltlichen Behauptungen nicht stimmen“, so Wedekind. Christa Bauer wurde etwas konkreter: „Das ist unwahr, was Herr Bennarend da behauptet, alle Anträge und Anfragen von ihm sind auf den Weg gebracht worden.“ Ansonsten wolle sie sich im Sinne der SPD nicht an einer Schlammschlacht beteiligen. Auch zu einem möglichen Nachfolger Bennarends im Amt des Stadtverbandsvorsitzenden wollte sich Wedekind nicht äußern.
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Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD) zeigte sich gegenüber der WAZ überrascht vom Vorgehen Bennarends. Sie halte den offen ausgetragenen Konflikt für falsch und mit Blick auf die Wahl für taktisch unklug, ihre Zusammenarbeit mit der SPD-Fraktion sehe sie aber nicht als gestört an. Die Bürgermeisterin lobt ausdrücklich die „offene, transparente Arbeit“ von Fraktionschef Wedekind, der ihrer Einschätzung nach „nichts im Alleingang macht und alle mitnimmt“. Aber möglicherweise sei der Teamfindungsprozess in der Fraktion noch nicht abgeschlossen.
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Der Konflikt zwischen Bennarend und Wedekind besteht seit dem Herbst
Der Konflikt in der SPD-Fraktion ist nicht neu: Schon nach der Wahl, bei der Konstituierung der Fraktion im November, war durch die nur mit einer Stimme Mehrheit erfolgte Wahl von Wolfgang Wedekind zum Fraktionschef eine Spaltung der Fraktion sichtbar geworden. Das Nachsehen hatte Jens Bennarend, der zuvor – unmittelbar nach der Wahl – bereits ein Zusammengehen mit den Grünen angekündigt hatte, Koalitionsgespräche startete und als neuer Fraktionschef gehandelt wurde.
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Die neue Fraktionsspitze um Wedekind schlug jedoch einen anderen Kurs ein, sah die Gespräche mit den Grünen auf, denen man offenbar ob einer Zusammenarbeit zu große Zugeständnisse gemacht hatte und die dann ihrerseits die Koalitionsverhandlungen stoppten. Stattdessen agiert die SPD-Fraktion nun mit wechselnden Mehrheiten im Rat.