Gladbeck. Die erste Infizierung in Gladbeck wurde am 10. März gemeldet. Die Pandemie legte das Stadtleben brach. Schlimmere zweite Welle seit November.
Ein Jahr ist es in den kommenden Tagen genau her, da warf die Corona-Pandemie das gewohnte Stadtleben in Gladbeck aus den Fugen. Am 10. März 2020 wurden gleich zwei erste Infektionen gemeldet. Seitdem erlebte die Stadtgesellschaft ein Pandemie-Jahr voller Bedrückungen, Trauer und Entbehrungen. Die vergangenen zwölf Monate – sie gehen als herausforderndste Zeit seit Kriegsende in die Stadtgeschichte ein.
Zum ersten Mal sorgte „Corona“ in Gladbeck am 27. Februar, direkt nach dem Karnevalswochenende, offiziell für Folgen. Das Riesener-Gymnasium sagte eine für die Osterferien geplante Schulfahrt nach Italien ab, wo das Virus damals schon grassierte. Am 7. März wurde die erste Corona-Infektion im Kreis Recklinghausen (in Dorsten) gemeldet. Die Stadt Gladbeck sagte drei Tage später eine erste Veranstaltung ab: Die jährliche Feier für Ehejubilare im Ratssaal.
Das St.-Barbara-Hospital schaltet schon Ende März in den Krisenmodus
Am selben Tag, am 10. März, wurden die ersten zwei Ansteckungsfälle in Gladbeck registriert. In den folgenden Tagen schloss die Stadt Schulen und Kitas, sagte alle eigenen Veranstaltungen ab. Am 16. März wurden sämtliche Veranstaltungen in Gladbeck untersagt. Der damalige Bürgermeister Roland sprach von den „größten Herausforderungen in der Stadtgeschichte“, die mit der Pandemie auf Gladbeck zukämen. Die Politik fuhr ihren Betrieb auf Null.
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Das St.-Barbara-Hospital schaltete in den Krisenmodus um, plante und strukturierte um, damit Corona-Patienten optimal versorgt werden konnten. Das Haus wurde für Besucher gesperrt. Am 28. März war der erste infizierte Patient auf der Isolierstation. Forderte die erste Welle das Krankenhausteam schon enorm heraus, brachte die zweite Welle es – vor allem, was die Intensivmedizin anbelangt – fast an die Kapazitätsgrenze.
Gladbeck war von Anfang an ein Corona-Hotspot – und ist es bis heute
Die ersten zwei Todesopfer im Zusammenhang mit Corona gab es in Gladbeck am 6. April zu beklagen – am Ende der ersten Welle waren es 22 Tote. Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass bis Jahresende 39 und bis heute 92 Gladbecker dem Virus zum Opfer fallen sollten, betroffen meist die über 80-Jährigen. Gladbeck entwickelte sich, aus immer noch nicht geklärten Umständen, zum Corona-Hotspot im Kreis und in der Emscher-Lippe-Region. Im Frühjahr wurden die Seniorenheime als besonders betroffene Orte ausgemacht, insbesondere das Cura-Seniorenzentrum, in dem allein acht Menschen mit oder an dem Virus starben. Aber auch das Krankenhaus war unerklärlicherweise ein Ursachenherd für Infektionen.
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Während die Wirtschaft Notfallpläne in die Tat umsetzte und Pilkington gar die Produktion um die Hälfte herunterfuhr, blieben die Kirchen zunächst bei der Öffnung der Gotteshäuser. Erst kurz vor Ostern wurden sie geschlossen. Die Osternacht fand (völlig neu) per Livestream aus St. Marien statt. Die Politik, die sich in kleiner Runde erstmals Ende April wieder traf, tat sich schwer, eine Maskenpflicht einzuführen. Das sei nicht zu stemmen, sagte der Bürgermeister noch am 21. April.
Im Oktober sprang der Inzidenzwert in Gladbeck in die Höhe
Langsam öffneten wieder die Schulen, erst die höheren Jahrgänge, später auch die Grundschulen. Bis zu den Sommerferien meldeten Schulen immer wieder Corona-Fälle. Ab Mitte Mai gab es auch Lockerungen für die Gastronomie, die selbst zunächst – bei all den Schutzmaßnahmen – von einem Wechselbad der Gefühle sprach. Nur zögerlich kamen die Gäste, ließen sich vornehmlich draußen bedienen. Kritik an Öffnungen von Seniorenheimen kamen von deren Leitern und Betreibern. Dennoch: Mit Beginn des Sommers setzte so etwas wie Normalität ein – selbst das Freibad öffnete verspätet. Ende Juli traten nur noch wenige neue Corona-Fälle auf (an mehreren Tagen nur drei oder vier).
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Im August, mit den Reiserückkehrern, nahmen die Infektionen wieder zu. Ende September zogen die Zahlen wieder kräftiger an – vor allem in den Schulen sorgte man sich. Zu Recht: Mitte Oktober waren elf Schulen betroffen, später sogar bis zu 14. Teils meldeten sie drastische Infektionszahlen. Nicht nur einmal gab es Massentests. Schon Anfang des Monats lag die Inzidenz erstmals über 50 – wieder Spitzenwert im Kreis. Ende des Monats sogar schon über 100. Bis Ende des Jahres sollte der Inzidenzwert auf fast 360 steigen – erneut ein Spitzenwert im Kreis. Anfang Januar überschritt er die 400er Marke, am 14. Januar registrierte das Gesundheitsamt den bisherigen Spitzenwert von 446,0. Das Krankenhaus war längst wieder im Krisenmodus.
Ein Fünftel der Gladbecker hat sich seit März 2020 mit Corona infiziert
Begleitet von Maskenpflicht in der City und Ansammlungsverboten, geschlossener Gastronomie und geschlossenem Einzelhandel, Sport- und Freizeiteinrichtungen, die dicht sind und erneuten Absagen aller Veranstaltungen und Gottesdienste sanken die Fallzahlen seitdem: Mitte Februar fiel die Inzidenz erstmals wieder unter 100, erst am vorgestrigen Donnerstag auf den bisherigen Tiefststand von 64,8. Beunruhigt sind die Mediziner über die Ausbreitung der gefährlichen britischen Corona-Mutation, die erstmals am 2. Januar in Gladbeck auftauchte. Nur schleppen lief für Gladbecker das Impfen an: Anfang Januar in den Heimen, Anfang Februar im Impfenzentrum für über 80-Jährige.
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Festzustellen bleibt, dass die zweite Corona-Welle viel heftiger zuschlug als die erste: Die erste Welle forderte 29 Todesopfer, seit November starben mit oder an dem Coronavirus doppelt so viele Gladbecker. Inzwischen sind mit gut 3605 Fällen fast fünf Prozent der Gladbecker betroffen. Noch Ende Juli lag die Gesamtzahl nur bei 300.