Gladbeck. Interview mit dem Bürgermeister: „Stadt erwartet wegen des Coronavirus’ eine der größten Herausforderungen.“ Soziale Kontakte unbedingt meiden.
Die Stadt steht mit der Corona-Krise vor einer der größten Herausforderungen in ihrer Geschichte, das Stadtleben wird in den kommenden Tagen gleichsam auf Null heruntergefahren. „Das ist eine ernste Situation, die uns alle sehr angeht und unser aller Mittun erfordert“, beschreibt Bürgermeister Ulrich Roland die Situation. Die WAZ sprach mit dem Stadtoberhaupt in einer ernsten Stunde im Telefon-Interview.
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Herr Roland, wie schätzen Sie die Lage ein, in welcher Situation befindet sich die Stadt?
Bürgermeister Ulrich Roland: Wir stehen vor dramatischen Eingriffen ins Stadtleben, um die Bürger möglichst vor lebensbedrohlichen Situationen durch das Coronavirus zu schützen. Wir müssen die Dinge sehr ernst nehmen, uns alle beschränken – nur so haben wir eine Chance zur Steuerung. Nur weil Gladbeck bislang lediglich zwei Infizierte hat, heißt das nicht, dass wir die Situation in der Stadt unterschätzen dürfen. Für uns als Verwaltung ist das alles Neuland, da gibt es kein Handbuch, wie wir zu reagieren haben. Wir fahren auf Sicht, täglich wird neu entschieden. Was gestern geboten erschien, ist heute von der aktuellen Lage überholt und erfordert neue Entscheidungen.
„Wir haben keine Alternative, als das Stadtleben lahm zu legen“
Sind weitere als die bislang beschlossenen Maßnahmen zu erwarten?
Ja, da sich die Lage ständig ändert. Aber welche Maßnahmen das sein werden, steht noch nicht fest. Wir als Stadtverwaltung können das eine oder andere jetzt noch nachjustieren und dürfen keine Chance außer Acht lassen. Aber jetzt kommt es vor allem auf den Bund und das Land an, es braucht zentrale Vorgaben.
Was erwarten Sie für die kommenden Wochen und Monate?
Wir legen förmlich die Stadt lahm, was einer Art Impfung gleichkommt. Wir haben keine Alternative, als übervorsichtig zu sein. Mit anderen Behörden im Kreis und im Land tun wir alles, damit es möglichst keine dramatischen, keine katastrophalen Entwicklungen gibt. Aber jeder Einzelne kann und sollte dazu beitragen, dass die Ausbreitung des Virus’ verlangsamt wird durch Einhalten der ausgesprochenen Verbote und das Vermeiden von Kontakten zu anderen Menschen.
Bürgermeister plädiert für ein Diagnosezentrum in Gladbeck
Wie ist die aktuelle Entwicklung in Sachen Diagnosezentrum, kommt eines nach Gladbeck?
Wir stehen da noch in Gesprächen mit dem Kreis, vor allem mit dem Gesundheitsamt. Wir haben hier bei uns auch schon eine Immobilie im Auge, wo wir ein solches Zentrum einrichten könnten, es ist aber noch nichts entschieden. Aus unserer Sicht sollte es aber ein wohnortnahes Angebot geben.
Halten Sie die derzeitige Art und Weise der Testung nicht für zu kompliziert?
Ich bin sehr dafür, das Testangebot klarer und einfacher zu machen. Es sollte kurze und verlässliche Prozesse geben. Wir arbeiten daran, dafür ein Diagnosezentrum des Kreisgesundheitsamtes nach Gladbeck zu bekommen.
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Wie reagieren die Bürger auf die beschlossenen Einschränkungen?
Überwiegend mit Verständnis und Einsicht. Es gab keine Proteste im Zusammenhang mit der Schließung der Schulen und Kitas. Die meisten nehmen die Einschnitte an, auf jeden Fall werden die nötigen Schritte zunehmend akzeptiert. Sorgen bereitet uns derzeit allerdings die Situation auf Sport- und Spielplätzen. Obwohl alle Sportplätze gesperrt sind, werden sie ohne Erlaubnis genutzt. Wir werden ab morgen auf Beschluss der Bundesregierung auch die Spielplätze sperren und bitten dringend darum, diese Verbote auch einzuhalten, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Roland: Krisenstab der Stadt trifft sich jeden Tag
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Wie geht das Rathaus mit der Krise, wie gehen die Beschäftigten damit um?
Alle Dienststellen sind sehr gefordert, auch die Sorgen der Kolleginnen und Kollegen werden ernst genommen, alle arbeiten konzentriert und motiviert an Lösungen. Inzwischen hat sich ein Krisenstab gebildet, an dem der Verwaltungsvorstand und alle Amtsleiter teilnehmen, der sich täglich trifft. Am Sonntag berieten wir sechs Stunden, am Montag traf sich die Runde in der Stadthalle – damit alle Beteiligten zwei Meter Abstand voneinander halten konnten.
Was wünschen Sie sich von den Bürgern?
Ich appelliere an alle Bürger in dieser schweren Zeit, die vor uns liegt, Vertrauen zu haben und Solidarität zu üben, den nächsten, den Nachbarn nicht aus dem Auge zu verlieren. Angst und Hysterie sollten uns nicht befallen. Ich fordere alle auf, die sozialen Kontakte zu minimieren und im Umgang miteinander Distanz zu wahren. Die Menschen sollten sich die Gefahr bewusst machen, die näher rückt. Im Zweifel ist weniger mehr.