Gladbeck. Fünf Todesfälle gibt es allein im Cura-Seniorenzentrum in Gladbeck. Landratskandidat Hübner kritisiert Kreis: Heim hätte geräumt werden müssen

In Teilen ratlos sei man bei der Stadtverwaltung, sagt der städtische Kommunikationschef Peter Breßer-Barnebeck und meint damit die relativ hohe Zahl der Todesfälle in Gladbeck im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Mit 160 bestätigten Fällen (Stand Mittwoch) überflügelt sie nicht nur die Nachbarstadt Dorsten, die eine Zeit lang negativer „Spitzenreiter“ bei der Zahl der Infektionen im Kreis Recklinghausen war, sondern vermeldet – Stand Mittwoch – 16 Todesfälle, während Dorsten mit etwa vergleichbarer Einwohnerzahl nunmehr vier Todesfälle zu verzeichnen hat.

In Dorsten schossen die Corona-Zahlen zu Beginn der Pandemie in die Höhe

Der Vergleich beider Städte ist insofern interessant, als die Infektionszahlen in Dorsten zu Beginn der Pandemie relativ schnell nach oben schossen bis das Prinzip „Flatten the curve“ (Die Kurve abflachen) ab Mitte April Wirkung zeigte und die Zahl der Gesundeten spürbar anstieg. „Über einen recht langen Zeitraum war die Lage in Gladbeck ziemlich entspannt“, sagt Breßer-Barnebeck, danach hätten sich die Todesfälle gehäuft. „Diese Steigerung können wir nicht nachvollziehen“, so der Pressesprecher, weshalb man nun als Stadt den Kreis Recklinghausen angeschrieben und um Aufklärung gebeten habe.

„Aufgabe der kreisangehörigen Städte ist es, die Erlasse umzusetzen, die vom Land kommen“, so Breßer-Barnebeck, „die inhaltlichen Analysen liegen beim Kreis Recklinghausen.“ Diese scheinen nicht so einfach zu sein, echte Infektions -„Knubbel“, wie Breßer-Barnebeck sie nennt, seien nicht auszumachen und die Vorfälle über das ganze Stadtgebiet verteilt. „Es gibt Infektionen mit Todesfolge in Krankenhäusern, drei Seniorenzentren und größeren Familienverbänden von Rentfort-Nord bis Gladbeck-Brauck.“ Die meisten Betroffenen gehören zur Risikogruppe der älteren Menschen mit Vorerkrankungen.

Kreissprecher: Hintergründe für die Erkrankungen und die Todesfälle in Gladbeck müssen analysiert werden

Jochem Manz ist Pressesprecher des Kreises Recklinghausen. Natürlich seien ihm diese Zahlen aufgefallen, bestätigt er, das müsse untersucht werden: „Da sind wir dran, denn sie sind signifikant. Wir müssen herausfinden, welche Hintergründe es für die Erkrankungen und insbesondere die Todesfälle gibt.“

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Wenn 16 (Stand Mittwoch) von 25 Todesfällen insgesamt im Kreis Recklinghausen, allein in Gladbeck verzeichnet würden, dann müsse dem nachgegangen werden. „Aber es gibt dabei unterschiedliche Wege“, sagt Manz. Die Corona-Krise sei eine völlig neue Situation für alle Beteiligten: „Da hat niemand ein Patentrezept.“ Allerdings glaubt auch er, dass mehr Transparenz im Umgang mit Daten, Zahlen und Fakten möglich wäre, „wobei natürlich auf den Datenschutz geachtet werden muss.“

Hübner: Gesundheitsamt muss sich fragen lassen, ob es beim Cura-Seniorenzentrum richtig gehandelt hat

Michael Hübner, der SPD-Landtagsabgeordnete für Gladbeck und Dorsten, kandidiert bei den Kommunalwahlen am 13. September für den Landratsposten.

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Wie schätzt er die Arbeit der Kreisbehörde ein, die er möglicherweise ab Herbst 2020 führen wird? Da könne man „vieles besser machen“, ist Hübner überzeugt. Manches sei erklärungsbedürftig. Insbesondere die mittlerweile fünf Todesfälle im Cura-Seniorenzentrum in der Innenstadt hätten ihn „argwöhnisch“ gemacht: „Da muss sich das Gesundheitsamt fragen lassen, ob es hier richtig gehandelt hat.“

Hübner hatte dafür plädiert, die Einrichtung an zentraler Stelle in der Stadt räumen zu lassen. Der Gesundheitsdienst folge „zu sehr einer ökonomischen Betrachtungsweise“, ist der Politiker überzeugt und kündigt an, in der kommenden Woche seine Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Krise in einem Brief an die Kreisbehörde zu stellen.

Infotelefon zu Corona-Fragen

Das Kreisgesundheitsamt arbeite mit Hochdruck an der Analyse der Gladbecker Corona-Situation, erklärt Kreispressesprecher Jochem Manz. Für die kommende Woche kündigt er möglicherweise erste Ergebnisse an. Die Öffentlichkeit soll umgehend informiert werden.

Der Kreis Recklinghausen informiert über das Internet unter www.kreis-re.de/corona sowie über soziale Netzwerke. Das Infotelefon für Fragen rund um das Coronavirus ist unter der Telefonnummer 02361/53-2626 erreichbar. Das Telefon ist montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr, am Wochenende von 10 bis 14 Uhr erreichbar.