Gladbeck. Der Zentrale Betriebshof Gladbeck mahnt jährlich etwa 120 Mal wegen vernachlässigter Gräber. Gesucht werde aber stets eine gütliche Lösung.

Manch einer regelt schon zu Lebzeiten, wer seine letzte Ruhestätte einmal pflegen soll. Diese Aufgabe übernehmen Profis wie Friedhofsgärtnereien und der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG). Aber auch viele Angehörige legen Hand an. Oder eben nicht (mehr). Sei es, dass das anfängliche Engagement einschläft; sei es, dass die Grabpflege schlichtweg aus unterschiedlichen Gründen unmöglich wird. Rund 120 Schreiben verschickt der ZBG Jahr für Jahr wegen ungepflegter Gräber.

Da haben es die Nutzungsberechtigten, wie es so schön bürokratisch heißt, schwarz auf weiß: „Nach unseren Feststellungen befindet sich die Grabstätte seit längerer Zeit in einem ungepflegten Zustand.“ Mit Verweis auf die Friedhofssatzung, die Hinterbliebene auszugsweise erhalten, weist der Brief den Adressaten auf seine Pflicht hin: die Instandhaltung der Fläche. Es folgt die Aufforderung, innerhalb einer gesetzten Frist, „die Grabstätte ordnungsgemäß herzurichten und dauernd in einem gepflegten Zustand zu halten“.

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Nur, so Silke Kuckert-Brinkmann: „Ungefähr 30 Prozent der Briefe kommen zurück, da Angehörige sich nicht ummelden und wir dann Adressen ermitteln müssen.“ Nach Angaben der Expertin für die Friedhofsunterhaltung beim ZBG erhalten 40 Prozent der Angeschriebenen eine zweite Mahnung, „bevor sie überhaupt reagieren“.

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Silke Kuckert-Brinkmann und Ralf Sonnenberg vom Zentralen Betriebshof Gladbeck sehen auf Friedhöfen bisweilen vor lauter Wildnis kaum noch ein verwahrloste Grab.
Silke Kuckert-Brinkmann und Ralf Sonnenberg vom Zentralen Betriebshof Gladbeck sehen auf Friedhöfen bisweilen vor lauter Wildnis kaum noch ein verwahrloste Grab. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Selbst die Information, dass es sich bei Vernachlässigung einer Grabstätte um eine Ordnungswidrigkeit handelt, fällt längst nicht immer auf fruchtbaren Boden. Das Problem wächst. Dabei kann ein verwahrlostes Grab laut Gladbecker Satzung mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro geahndet werden.

Gladbeck: Der ZBG setzt Fristen zur Behebung der beanstandeten Situation

Der nächste Schritt wäre, die Grabstätte auf Kosten des Nutzungsberechtigten in einen akzeptablen Zustand zu versetzen oder das Nutzungsrecht zu entziehen – und zwar ohne Entschädigung. In einem Anhörungsbogen können sich Angehörige äußern.

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Ralf Sonnenberg, Leiter des Fachbereichs Grünflächen- und Friedhofsunterhaltung, sagt: „Die betreffenden Grabstellen werden im Amtsblatt veröffentlicht. Bei einer fehlenden Reaktion werden die Grabstätten eingezogen.“ Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Denn dieses Prozedere kann sich, wegen der vorgeschriebenen Fristen, über Monate hinziehen.

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Der ZBG-Mann und Vorarbeiter Lothar Venghaus wissen aber auch, dass „oft Schicksale“ hinter heruntergekommenen Begräbnisstellen stecken: Da ist der letzte Angehörige mittlerweile selbst gestorben, krank oder im Heim. In Corona-Zeiten kann die Pflege zusätzlich erschwert werden. „In der Regel versuchen wir, eine gütliche Einigung zu finden“, sagt Sonnenberg. Seine Kollegin hat erlebt: „Viele Menschen rufen an und entschuldigen sich.“

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Drei städtische Friedhöfe

Der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG) ist verantwortlich für die drei städtischen Friedhöfe. Der flächenmäßig größte erstreckt sich über 12,2 Hektar und befindet sich in Rentfort. Der Friedhof in Brauck umfasst 11,8 Hektar; in der Stadtmitte, wo sich auch der katholische Gottesacker befindet, ist der städtische Anteil 6,2 Hektar groß.

Hier sollen ausschließlich noch Gladbecker aus dem betreffenden Bestattungsbezirk und nicht aus den übrigen Bereichen der Stadt oder gar aus anderen Kommunen bestattet werden. Grund: Der Platz ist knapp geworden.

Da ein steigender Trend zu Urnenbeisetzungen zu verzeichnen ist, reagiert der ZBG auf diese Nachfrage. Er hat Urnenwände errichtet. Expertin Silke Kuckert-Brinkmann: „Urnenkammer-Wahlgräber haben wir auf allen Friedhöfen bisher 118 Mal vergeben, Urnenkammer-Reihengräber 330 Mal.“

Venghaus stellt fest: Es sei durchaus Usus, lediglich einmal im Jahr zu Allerheiligen die Verstorbenen zu besuchen und ein Gesteck niederzulegen. Das ruht auf manchen Gräbern dann bis zum Sommer des Folgejahres oder noch länger. Ein trauriges Bild, wie so vieles. Zwischen Gestrüpp lugen steinerne Herzen hervor, von Wind und Wetter im Laufe der Zeit zerfressen. Unkraut überwuchert Grabsteine, die allmählich zerfallen, und Steckvasen, in denen Blumensträuße verdorren und zerbröseln.

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Für einen winzigen Schmuck-Schmetterling gibt’s zwischen Ranken kein Überleben. Ein verwittertes Engelchen liegt inmitten von Löwenzahn und anderem Grünzeug im Dornröschenschlaf. Die Fachleute sehen vor lauter Wildnis bisweilen ein Grab nicht mehr. Dekoration aus Kunststoff, früher eine Zierde, ist verblichen. Am Rande bemerkt Kuckert-Brinkmann: „Plastik ist auf unseren Friedhöfen nicht erlaubt.“

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An anderer Stelle ist noch die Botschaft „Ich vermisse Dich“ auszumachen. Auch dieses Grab scheint vergessen. Keinen Steinwurf entfernt harkt eine Besucherin emsig, zupft sorgfältig und arrangiert frische Blumen, während ein Radler vorbeiflitzt. Noch ein Ärgernis, flicht Venghaus ins Gespräch ein. Dabei ist Radeln auf dem Gottesacker verboten.

Das Trio vom ZBG kennt das Nebeneinander von Hui und Pfui. Verständlicherweise empören sich fleißige Grabpfleger über verwahrloste „Nachbarn“. So steht denn auch in der Satzung geschrieben, dass der heruntergekommene Zustand nicht nur den Gesamteindruck des Friedhofs beeinträchtige. Es werden auch benachbarte Grabstellen in Mitleidenschaft gezogen.