Gladbeck. .

Irgendwo auf einem Gottesacker. „Tschüssing“ steht unter dem Namen und den Lebensdaten auf der Platte, die das Urnengrab ziert. Jahrgang 1920 war die Dame, die hier ihre letzte Ruhe gefunden hat. Der kleine Rosenstock ist frisch gestutzt, die Enkelin der Verstorbenen hat eine einzelne weiße Rose niedergelegt. Das Grablicht in seinem Edelmetall-Gehäuse flackert. Ein friedvoller Anblick.

Wenn nicht ein Nachbargrab verwahrlost wäre. Distel wuchern kniehoch, Unkraut kriecht über die Grenzen des Feldes hinaus, der Namen auf dem Stein ist nur noch mit Mühe zu entziffern. Hier scheint sich niemand mehr um die Pflege zu kümmern. Die Verstorbene würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wenn sie um den schlimmen Zustand der Grabstätte wüsste. Aber längst ist so etwas kein Einzelfall mehr, wie ein Gang über Friedhöfe vor Augen führt.

„Es ist ein Wandel erkennbar“, bestätigt das Beerdigungsinstitut „Friede“, „die Familienstrukturen haben sich verändert.“ Hätten sich vor Jahren vornehmlich Frauen um die Pflege von Grabstätten gesorgt, sei das heutzutage oftmals überhaupt nicht mehr zu schaffen. „Viele Frauen sind berufstätig oder leben in einer anderen Stadt“, so die Feststellung der Bestatter. Wer also könnte auf einem Grab Unkraut zupfen, den Stein säubern, Blumen gießen? Diese Aufgaben in die Hände eines Profi-Gärtners zu legen, ist für manche Angehörige eine finanzielle Frage.

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Diese Entwicklung zieht einen Wandel in der Grabkultur nach sich. Teure, gar pompöse Familiengruften mit großem Pflege-Aufwand werden immer seltener. Gefragt ist hingegen, was pflegeleicht ist. Wird der Geldbeutel obendrein noch geschont – umso besser. Die Stadt Gladbeck bietet eine Bestattungsform an, die derartige Anforderungen erfüllt: das Gemeinschaftsgrab mit Grabmal.

Das Gros der Beisetzungen

Bernhard Schregel, Leiter des zuständigen Bereiches Grünflächenunterhaltung und Friedhofswesen beim ZBG, sagt: „Diese Art der Bestattung ist nach wie vor der Renner: Sie macht 55 bis 60 Prozent aller Beisetzungen bei uns aus.“ Der Kunde bucht für einmalig gut 3000 Euro, je nach Ausführung, ein Rundum-Paket: Beisetzung, Pflege der Bepflanzung mit Bodendeckern und Wiese für 25 Jahre, Grabmal samt Beschriftung. „Der Privatmann muss sich um nichts kümmern“, sagt der Fachmann.

Im Gegensatz zu einem anonymen Grab wissen Angehörige genau, wo die Verstorbenen begraben sind. Schregel erläutert: „Familienmitglieder haben die Möglichkeit, ein Licht, eine Pflanzschale oder eine andere Kleinigkeit auf die Fläche zu stellen.“ Auf einem solchen Grabfeld sind Erd- und Feuerbestattungen möglich. Aktuell stehen zwei Grabstein-Varianten zur Auswahl. Schregel: „Fünf- bis sechstausend dieser Gräber pflegen wir.“ Und deshalb können Angehörige, die nicht regelmäßig den Friedhof besuchen, ruhigen Gewissens sein.