Essen. Die Spielzeit 2022/23 ist die letzte für das Team um Theater-Intendant Christian Tombeil. Zum Abschied darf das Publikum sein „Best of“ bestimmen
Wer zwölf Jahre lang in und für die gesamte Stadt Theater gemacht hat, der kann viel vorweisen. Sage und schreibe 150 Inszenierungen haben der Intendant Christian Tombeil und sein Schauspiel-Team seit der Spielzeit 2010/11 auf die verschiedenen Bühnen gebracht – vom großen Grillo-Theater über die kleine „Box“ bis zur umgenutzten alten Tanzschule an der Maxstraße. Manche Produktionen wurden Erfolge, Kultstücke gar, andere waren weniger gefragt.
Bevor im Herbst nun die letzte Spielzeit des noch amtierenden Intendanten Tombeil anbricht, wollte es das Leitungsteam noch mal genau wissen: Welche Stücke haben die Essener ganz besonders geliebt? Nicht der Applaus, sondern der Klick entscheidet diesmal. Denn vom 1. März bis zum 1. April dürfen die Theaterbesucher über ihre Lieblingsstücke online abstimmen. Die zehn meist genannten Titel kommen zwar nicht mehr zurück auf die Bühne, aber sie finden Eingang in das letzte Spielzeitheft der Saison 2022/23 das damit auch so etwas wie ein Erinnerungsalbum wird.
Die Online-Abstimmung startet am 1. März
Wer mitmachen will, bekommt vom Theater eine gute Gedankenstütze, denn die Homepage www.theater-essen.de/lieblingsstuecke ist ab sofort freigeschaltet. Dort finden sich alle Stücke mit Bildern und Besetzungen. Ab dem 1. März kann dann online abgestimmt werden. Auch die Teilnehmer können dabei gewinnen. Verlost werden Eintrittskarten für eine Vorstellung nach Wahl sowie ein exklusiver Backstage-Besuch hinter den Kulissen.
Für alle unentschlossenen Theaterfreunde gibt es noch eine gute Nachricht: Mehrfachnennungen sind möglich. Wer will bei so viel Auswahl auch nur das eine Stück nennen, das ihm in Erinnerung geblieben ist. Für manche sind es vielleicht die großen Klassiker-Inszenierungen, Shakespeares „Sturm“, Schillers „Maria Stuart“,Molières „Der Geizige“ oder der von Karsten Dahlem so genial verjüngte „Werther“. Anderen haben vielleicht die Zeitgenossen gefallen – Julie Zehs „Corpus Delicti“, Gesellschaftskomödien wie Yasmina Rezas „Kunst“ oder Lutz Hübners „Willkommen“. Gut in Erinnerung geblieben sein dürften vielen auch die Bühnen-Adaptionen von Ruhrgebiets-Filmstoffen wie „Jede Menge Kohle“ von Adolf Winkelmann oder „Rote Erde“ von Volker Lösch, der neben Hermann Schmidt-Rahmer die meisten und meistdiskutierten Produktionen der Ära Tombeil abgeliefert hat.
Wer bekommt die meisten Stimmen: „My Fair Lady“ oder die „Buddenbrooks“?
Romanadaptionen wie Thomas Manns Buddenbrooks, Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ oder die Bühnenübertragung des Foer-Romans „Alles ist erleuchtet“ stehen bei vielen gewiss auf der Favoritenliste. Und auch die ungemein liebevoll und aufwendig inszenierten Familienweihnachtsstücke von „Peter Pan“ bis zu „Jim Knopf“ dürften viele besonders liebgewonnen haben.
Manche tippen auch auf Musiktheater-Produktionen. „The Black Rider“ war ein früher Erfolg, gefolgt vom stürmisch gefeierten „Cabaret“ oder einer immergrünen „My Fair Lady“. Und dann sind da auch noch die für das Schauspiel Essen so spezifischen Stadterkundungs-Projekte, oft auch unter Bürgerbeteiligung, von kühnen Vorhaben wie „Pornoladen, aus dem Unterleib der Stadt“ bis zum theatralen Adventure-Spiel „Sign Here“.
Hier geht’s zur Abstimmung
Die Online-Abstimmung startet am 1. März und läuft bis zum 1. April. Die beliebtesten zehn Stücke erhalten im nächsten Spielzeitheft, das die letzte Saison von Intendant Christian Tombeil vorstellt, dann einen Ehrenplatz.
Unter allen Teilnehmern werden Freikarten für Vorstellungen nach Wahl verlost. Wenn es die Pandemie zulässt, ist auch ein Backstage-Besuch geplant.
Hier geht’s zur Abstimmung: www.theater-essen.de/lieblingsstuecke
Chefdramaturgin Vera Ring und ihr Team sind jedenfalls gespannt, welche Stücke es auf die Top-Ten-Liste schaffen. Jede Dramaturgin und jeder Dramaturg des Hauses hat schließlich zahlreiche Produktionen selber mitbetreut. Eigenen Arbeiten stünde man oft aber kritischer gegenüber, sagt Ring, „auf meiner persönlichen Bestenliste stehen viele Inszenierungen, die ich gar nicht begleitet habe.“
Zum Grillo-Geburtstag hat das Publikum schon einmal abgestimmt – das Stück läuft immer noch
Die Gewinnerproduktion am Ende noch einmal auf die Bühne zu bringen, wäre zwar schön, aber kaum umsetzbar, erklärt Vera Ring. Zahlreiche ältere Bühnenbilder müssten dann komplett neu gebaut werden, die meisten Bühnenbesetzungen von früher wären gar nicht mehr greifbar. Gleichwohl wolle man die Chance nutzen, noch einmal gemeinsam mit dem Publikum zurückzublicken, sagt Dramaturgin Judith Heese.
Dass die Publikums-Resonanz auf solche Abstimmungen groß ist, konnte das Schauspiel Essen schließlich schon 2017 zum 125-jährigen Jubiläum des Grillo-Theaters erleben. Damals konnten die Theaterbesucher in Kooperation mit dieser Zeitung über das Eröffnungsstück der Jubiläumsspielzeit abstimmen. Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ machte das Rennen und wird noch fünf Jahre später, erfolgreich gespielt. Vielleicht auch das ein Lieblingsstück.