Bottrop. Julius Osman ist neuer Sammlungsleiter im Museum Quadrat. Sein Schwerpunkt: zeitgenössische Kunst. Was ihn an dieser Stelle fasziniert.
Das alte Bergbauherz der Stadt schlägt um die Prosperstraße herum, dort, wo vor über 150 Jahren die Industrialisierung ihren Anfang nahm. Dass Bottrop überhaupt einmal ein Museum haben würde, noch dazu eins für zeitgenössische Kunst, hat sich um 1860 wohl niemand träumen lassen. Heute gilt die Gegend als gemischt. An den Bergbau erinnern dort, wie auch an der Horster Straße, wo Josef Albers geboren wurde, die alten Zechenhäuser.
Nicht das Umfeld, wo man einen Museumsmann vermutet, der vor vier Monaten seine neue Stelle im Josef Albers Museum Quadrat angetreten hat. Noch vor wenigen Monaten hatte sich Julius Osman wohl selbst nicht vorstellen können, nach Bottrop zu ziehen. „Ich kannte zwar schon lange das Quadrat und dessen Sammlungen, aber die Stadt wie auch das gesamte Ruhrgebiet nur von der Durchfahrt“, sagt der Kunsthistoriker, der während des Studiums auch einmal an Essens Museum Folkwang und nach seinem Masterabschluss in Kunstgeschichte an der Uni Bonn beim Sprengel Museum in Hannover gearbeitet hat.
Seit September ist der 31-Jährige neuer Sammlungsleiter des Museums und damit neben Museumsdirektorin Dr. Linda Walther derjenige, der sich um Erhalt, Erforschung, Erweiterung und natürlich die Präsentation der Bottroper Kunstsammlung, aber auch um Wechselausstellungen kümmert. Für einen Kunsthistoriker, der sich, seit er sich überhaupt intensiver für Kunst interessiert, schwerpunktmäßig mit der Epoche des ausgehenden 20. und 21. Jahrhundert auseinandersetzt, ist diese Stelle schon ideal geschnitten. Daher habe er auch keine Bewerbungen „gestreut“, sondern sich bewusst hier beworben. Julius Osman lächelt und blickt in den winterlichen Stadtgarten. „Eine wunderschöne Lage für ein Museum.“
In der nächsten Ausstellung geht es auch um Neuerwerbungen der Quadrat-Sammlung
Derzeit plant Julius Osman seine erste Ausstellung für das Quadrat. Eine weitere Präsentation der hauseigenen Sammlung, dieses Mal mit dem Fokus auf Arbeiten von Sabine Funke und Raimund Girke. Von beiden Künstlern hat das Quadrat gerade neue Werkgruppen für die eigene Sammlung aquirieren können, zum Teil noch von Linda Walthers Vorgänger Heinz Liesbrock initiiert. „Mit diesen Erwerbungen setzt das Museum seine Sammlungserweiterung fort und präsentiert diese Gruppen zusammen mit Werken von Pia Fries und Ulrich Erben“, so Julius Osman. Künftig solle eine Ausstellung im Jahr die hauseigene Sammlung, die zum größten Teil seit 1976 entstanden ist, in unterschiedlichen Facetten zeigen.
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Er selbst sei übrigens über die zeitgenössische Kunst zum Studium gekommen. „Wir besuchten mit der Schulklasse eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn, da sah ich zum ersten Mal Arbeiten der Konzeptkünstlerin Hanne Darboven, ich habe nichts verstanden, ich glaube, meine Lehrerin auch nicht. Aber ich wollte das verstehen, also hab ich mich später für Kunstgeschichte, zunächst in Kombination mit Wirtschaft, in Münster, danach in Bonn eingeschrieben.“ Auch in der Masterarbeit ging es später um das 20. Jahrhundert, Bauhaus, Architektur. Kunst im 20. Jahrhundert, Bauhaus: Man kommt an Josef Albers nicht vorbei.
Die Erweiterung des Museums, die neue Technik und ein neues Team: Gründe für Bottrop
Dieser Sammlungschwerpunkt des Hauses, dazu die umfassende Albers-Sammlung als Basis, die neue Galerie für Wechselausstellungen und schließlich ein komplett neues Team: Die Kombination aus diesen spannenden Aspekten war für Julius Osman der Grund, sich speziell auf die Bottroper Stelle zu bewerben. „Und es hat geklappt, darüber bin ich froh und glücklich.“ Dass er im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Ulrike Growe keine Verwaltungsaufgaben übernehmen muss, sondern sich ausschließlich inhaltlich und konzeptionell mit dem Quadrat auseinandersetzen kann, sei ein enormer Vorteil.
Überhaupt habe die deutsche Museumsszene zuletzt sehr aufmerksam auf Bottrop geschaut. „Wie es gelungen ist, ein städtisches Haus um so eine Ausstellungs- und Depotfläche zu erweitern, ohne die Stadt finanziell zu belasten, diese Größe, zeitgemäße Technik, dies alles ist schon faszinierend.“ Faszinierend und anspruchsvoll auch für ihn persönlich. „Denn ich komme hier ja nicht als Neuer in eine riesige Mannschaft, die schon ewig zusammenarbeitet und wo alles schon fest verteilt ist, hier entsteht gerade vieles neu, so eine für alle herausfordernde Situation findet man selten“, so der Kunsthistoriker.
Es sei spannend zu beobachten, wie die Besucher sich verteilen. „Gut ein Drittel kommt wegen der Kunst, ein weiteres Drittel will zu Mammut und Co., die übrigen wollen oft beide Sammlungen besuchen“, beschreibt Osman. Es sei wichtig, die Menschen kennenzulernen, die ins Museum kommen. Durch die drei so unterschiedlichen Sammlungen unter einem Dach gebe es auch da einen großen Interessen-Querschnitt.
Ein großes Thema werde künftig auch die Vernetzung der Bottroper Sammlung mit anderen Museen sein. Das Netzwerk der Ruhrkunstmuseen sei ja schon da. Aber auch durch verstärkte wechselseitige Leihgaben biete sich die Möglichkeit, die Bottroper Sammlung bekannt zu machen und andere Häuser für Bottrop zu interessieren. „Dafür hat die Erweiterung des Hauses tolle Möglichkeiten geschaffen, sowohl durch die neue Klimatechnik in konservatorischer Hinsicht, als auch die neuen, zeitgmäßen Depots“, sagt Julius Osman. Gerade noch hätten zwei Museen aus Belgien, darunter Antwerpen, Bottroper Werke angefragt.
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Wissenschaftliche Beschäftigung mit der Sammlung und überregionaler Austausch seien wichtige Aspekt der Museumsarbeit. Aber zu allererst sei das Quadrat ein Haus für Josef Albers und die Bottroperinnen und Bottroper. Und für die, aber auch für die Menschen dieser Region müsse das Haus in erster Linie etwas bieten: Eine Auseinandersetzung mit Kunst, aber auch mit aktuellen Themen der Zeit, wie jetzt in der laufenden Ausstellung zur Care-Arbeit in der Kunst.
Tagesthemen im Quadrat? „Wir können keine tagesaktuelle Arbeitsweise leisten oder auf das reagieren, was gerade Thema ist, das ist auch nicht Aufgabe eines Museums, wir sind ja auch keine Politiker.“ Aber Kunst setze sich immer auch mit Themen der Zeit auseinander und zeige Haltung. Nur eben nicht im Tages- oder Wochentakt.