Bottrop. Am 1. Oktober übernimmt Dr. Linda Walther offiziell die Leitung des Museumszentrums. Die WAZ traf die Kunsthistorikerin zum ersten Gespräch.
Man muss schon eine Weile suchen, bis man beim Onlineauftritt des Museums auf das Leitungsteam des Museumszentrums Quadrat stößt. Irgendwann landen Interessierte auf der Homepage der Stadt. Unter „Dezernat 2“ (Finanzen. Gesundheit, Kultur) taucht schließlich das „Quadrat Bottrop“ auf, mit dessen Team - ganz demokratisch - in alphabetischer Reihenfolge. Nach Verwaltungsleiterin Dr. Ulrike Growe und dem bis Ende September amtierenden Direktor Dr. Heinz Liesbrock nun W. - wie Dr. Linda Walther, noch ohne Amtsbezeichnung, dafür unter „Produkte und Dienstleistungen“ die Bezeichnung „Dauer- und Wechselausstellungen“. So weit, so verworren, zumindest online.
Zwei Direktoren in 46 Jahren - jetzt leitet eine Frau das Bottroper Museum
Aber: Nach der Übergangsphase im September liegen ab 1. Oktober die formalen Befugnisse als neue Museumsleiterin in den Händen von Linda Walther. Mit diesem knappen Satz bringt Kulturdezernent und Kämmerer Jochen Brunnhofer auf den Punkt, was seit drei Monaten feststeht. Damit ist die gebürtige Bottroperin (*1982 im Knappschaftskrankenhaus), die in Oberhausen aufwuchs, nach Ulrich Schumacher und Heinz Liesbrock die dritte Leiterin des vor 46 Jahren eröffneten Museumszentrums Quadrat. Und auch das Stichwort „Onlineauftritt“ fällt im Verlauf dieses ersten Pressegesprächs. Denn ein eigenständiger digitaler Auftritt des Hauses (für den sich auch ihr Vorgänger bereits vehement einsetzte) ist unbedingt notwendig für die 40-jährige Kunsthistorikerin und Philologin, die das gesamte Haus künftig digitaler aufstellen möchte.
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Wie so manche aus der Region verbindet auch Linda Walther seit Kindheit und Jugend Bottrop nicht mit Bergbau oder Freizeitparks, sondern mit dem Quadrat. „Das Museum war immer wieder ein Ausflugsziel unserer Familie. Nicht nur die Kunstsammlung oder die Ausstellungen, auch die Eiszeithalle “, so die neue Chefin. Deren bereits beschlossene Neukonzeption wird ihre nächste große Baustelle sein. Überhaupt möchte sie den Charakter des Hauses als Museumszentrum zwischen moderner und zeitgenössischer Kunst und Natur im ur- und ortsgeschichtlichen Bereich stärker herausarbeiten. „Wir brauchen dringend eine Stelle für die Ur- und Ortsgeschichte, denn es geht jetzt um eine weitere Konzeptentwicklung, dann aber auch um die wissenschaftliche Betreuung dieser Sammlung und um die Vermittlungsarbeit.“
Neue Leiterin übernimmt ein inhaltlich wie baulich gut aufgestelltes Haus
Linda Walther ist bewusst, dass sie inhaltlich und baulich ein gut aufgestelltes Haus übernimmt. Der nun fertige Erweiterungsbau eröffne viele neue Möglichkeiten im Ausstellungs- wie im pädagogischen Bereich. Wichtig ist ihr, das Haus in die Umgebung, den Park, hinein zu entwickeln. Bereits in ihrer letzten Stelle als Kuratorin für zeitgenössische Kunst an der Kunsthalle Bielefeld lag ihr der dortige Skulpturenpark am Herzen. Dort ist auch Anfassen oder Klettern erlaubt, wie zum Beispiel bei Skulpturen von Sol LeWitt oder Olafur Eliasson. Mit QR-Codes versehen wird die Skulpturensammlung dort zu einer Ausstellung, die rund um die Uhr zugänglich ist und zugleich spannend erklärt wird - was Linda Walther sich durchaus auch am Quadrat vorstellen kann.
„Ich möchte, dass die Menschen das Gefühl haben, dass es ,ihr’ Museum ist und es auch etwas mit dem Leben von heute zu tun hat“, sagt die Kunsthistorikerin. Wenn sie vom Quadrat als einem Treffpunkt für die Stadtgesellschaft spricht, geht es dabei zunächst sicherlich nicht um Gastronomie. Aber: „Diese Kaffeeautomaten sollten schon verschwinden und den Besucherinnen und Besuchern eine attraktive Aufenthaltsmöglichkeit gegeben werden“, so die künftige Chefin, die sogleich von dem Gesamtensemble im Stadtgarten schwärmt.
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In seiner Mehrteiligkeit sei es ein komplexes Haus, aber mit einem klaren Profil, was sie auch bei ihrer Bewerbung interessiert habe. „Der Josef-Albers-Schwerpunkt soll und muss bleiben“, sagt Linda Walther. Aus dessen Werk, aber auch seiner Biografie ließen sich viele Themen ableiten, bis hin zu Migration, die er selbst erlebte, oder Arbeit. „Auch da werde ich Öffnungen wagen, versuchen, Diskurse anzustoßen, nach Anknüpfungen suchen“, so die Direktorin. Dabei kann sie sich durchaus auch Kooperationen mit anderen Museen oder Universitäten vorstellen. Zunächst freut sie sich aber auf die große Josef-Albers-Ausstellung zur Eröffnung des Erweiterungsbaus. Derzeit arbeitet Linda Walther an Konzepten, Förderanträgen, setzt sich aber auch intensiv mit den eigenen Beständen des Quadrats auseinander, die sie immer wieder präsentieren möchte. Eine Wechselausstellung mit Arbeiten mehrerer Künstler ist für den nächsten Herbst geplant. Mehr möchte sie aber jetzt noch nicht verraten.
Über zwei Dinge freut sich die neue Direktorin besonders: Dass das Museum bei ihrem Amtsbeginn keine Baustelle mehr ist und auch kein kommender Sanierungsfall. So kann sie sich sich ganz auf die inhaltliche und konzeptionelle Arbeit in ihrem neuen Haus stürzen.
Die nächste Ausstellung - Eröffnung der Josef-Albers-Galerie
Der Erweiterungsbau des Museums, die neue Josef-Albers-Galerie, wird am 19. Oktober eröffnet. Zugleich eröffnet die noch von Linda Walthers Vorgänger Heinz Liesbrock kuratierte Ausstellung „Josef Albers. Huldigung an das Quadrat“.
Die Schau mit zahlreichen Leihgaben internationaler Museen zeigt rund 90 Albers-Werke. Ergänzt wird die Schau durch wichtige Werke von Paul Cézanne, Giorgio Morandi, Ad Reinhardt und Donald Judd. Info: quadrat.bottrop.de.