Bottrop-Kirchhellen. Bauer Sagel hat sich für tierfreundliche Landwirtschaft entschieden. Auf seinem Hof in Bottrop-Kirchhellen leben 30 Rinder in Mutterkuhhaltung.

Burkhard Sagel ist stolz darauf, „ein echter Bauer zu sein, „das ist ein toller, ehrlicher, anständiger Beruf“, obwohl seine Arbeit nichts mehr damit zu tun habe, was er vor zehn Jahren gemacht hat. Früher seien mehr als 9000 Schweine jährlich auf dem Hof geboren worden, dann hat er nach kleinen Anfangsversuchen voll auf Rinderzucht umgestellt. Heute stehen etwa 30 Rinder in Mutterkuhhaltung auf der Weide. Sein Hof ist ein Schau- und Marktplatz für tierfreundliche Landwirtschaft – und vor allem für Kinder ein großer Abenteuerspielplatz.

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Im Hofladen, einem umgebauten Marktwagen mit Kühlanhänger, gibt es hochwertiges Fleisch vom eigenen Rind, und Schwein, Pute und Hähnchen von regionalen, bekannten Bauernhöfen. Seit Jahren knüpft Sagel an diesem Netzwerk der tierfreundlichen Landwirtschaft. Der Hofladen ist an nur drei bis vier Tagen im Monat geöffnet, es können individuelle zusammengestellte Fleischpakete vorbestellt und abgeholt werden, aber auch der Verkauf direkt am Wagen ist möglich. „Ich spare bewusst am Service, um die Preise niedriger zu halten“, sagt Sagel. Er habe seine Kunden gefragt, warum sie bei ihm einkaufen, alle hätten gesagt: „Weil es den Tieren hier gut geht!“

Burkhard Sagel mit Bauernhof-Pädagogin Corinna Rump.
Burkhard Sagel mit Bauernhof-Pädagogin Corinna Rump. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Bottroper Landwirt: „Tierwohl ist ganz einfach, aber teuer“

Tierwohl sei ganz einfach, erklärt der 54 jährige Landwirt, „es ist nur teuer. Man muss den Tieren nur mehr Platz, Licht, Auslauf, Stressfreiheit und individuelle Behandlung geben. Ich kenne von jedem Tier den Namen und habe zu jedem eine Geschichte, Tierwohl ist hier nicht nur Gelaber.“

Im Januar war Sagel zum ersten Mal als Aussteller bei der „Grünen Woche“ in Berlin: „Das war spannend für einen alten Bauern.“ Im Rahmen von „NRW isst gut“ hat er seinen Hof vorgestellt, Leber mit Röstzwiebeln gegrillt und vor allem viele Kontakte geknüpft und Ideen mitgenommen.

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Obwohl, an Ideen für weitere Standbeine hat es dem 54 Jahre alte Landwirtschaftsmeister nie gefehlt: Die Plätze bei den Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene sind heiß begehrt. Die Bauernhof-Pädagogin mit Lehramtsstudium, Corinna Rump, betreut besonders die Kinderattraktionen. Bei den Ferienfreizeiten erleben die Kids von sieben bis zwölf Jahren eine Woche Bauernhof mit allem, was dazu gehört: Ponys putzen, Gemüse ernten und Eier sammeln,Kühe füttern und die anderen Tiere kennenlernen. Bei Esel-Spaziergängen geht es mit den Picknicktaschen auf den Lasttieren ins Gelände. Beliebt ist auch die Wintergeschichte im Kuhstall. Anhand der Geschichten von Astrid Lindgren mit dem Wichtel Tomte Tummetott werden Wichtelspiele mit Laternen mit Kuhstall durchgeführt.

Bauernhof-Pädagogin: „Das hier ist kein Ponyhof“

An einem Hoftag können Schulklassen oder Kitagruppen die tierfreundliche Nutztierhaltung kennenlernen. „Unser Ziel ist es, den Kindern den Bezug zu den Tieren, den Respekt gegenüber den Lebewesen nahe zu bringen, hier ist kein Ponyhof,“ erläutert Corinna Rump. Im Ponyclub mit Warteliste können Kinder das kleine Pony-Einmaleins lernen, Bauernhofclub und Kindergeburtstage ergänzen das Programm.

Für Erwachsene gibt es neben Esel-Touren das meist Wochen vorher ausgebuchte „Kuh-Kuscheln“. Nach theoretischer Einführung kommen die Teilnehmer eng mit den Tieren in Kontakt, wobei Sagel Wert darauf legt, dass „wir den Tieren nichts aufzwingen, die Tiere kommen zu uns.“ Tierwohl stehe immer an erster Stelle, betont Sagel: „Sie sind nicht zur Bespaßung da, sondern werden als Lebewesen wertgeschätzt.“

Das war das dickste Ding, das der Bauer je auf dem Grill hatte: Im September 2021 hat Sagel ein Wochenende lang einen Ochsen am Spieß gegrillt.
Das war das dickste Ding, das der Bauer je auf dem Grill hatte: Im September 2021 hat Sagel ein Wochenende lang einen Ochsen am Spieß gegrillt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Asado Grill-Seminare in urig-rustikaler Umgebung sind „Chefsache“ mit Unterstützung von „Fleischsommelier“ Michael Schmitz. Asado ist südamerikanisches Grillen von großen Fleischstücken und heißt „Gemütlichkeit am Feuer“. Den großen Grill und den imponierenden Smoker hat der Chef selbstverständlich selbst gebaut.

Auf dem Kirchhellener Hof „gehen die Veranstaltungen durch die Decke“

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Durch die Corona-Zeit sei man recht gut gekommen, zwar seien die Veranstaltungen weggebrochen, dafür habe sich der Fleischverkauf erhöht. Inzwischen sei der Verkauf wieder im Normalbereich, aber „die Veranstaltungen gehen durch die Decke.“ Besonders Firmenfeiern würden nachgeholt, „After-Work-Grillen“ sei zur Zeit angesagt.

Zu den neuen Plänen gehört der angeschaffte Imbisswagen, der an Verkaufstagen mit einem Tagesgericht den Event-Charakter des Einkaufs erhöhen soll: „Der Kunde kommt ja nur für den Fleischkauf hierher, also muss ich ihm noch mehr anbieten.“ Dieses Projekt beschreibt die Flexibilität und Experimentierfreudigkeit Sagels. „Kommt der Wagen bei den Kunden nicht an, wird er halt wieder verkauft.“ Auch die Nachfolge ist inzwischen familiär geregelt, zwei Söhne wollen Vaters Werk fortsetzen und lassen sich entsprechend ausbilden.

Weitere Teile der Bottroper Hofladenserie:

Bauernhof Sagel, Kirchhellen, Am Dahlberg 8, 0163 90600570,