Bochum. . Kurz vor dem Urteil am 30. Mai hat die Bochumer Arztgattin (32), die ihren Liebhaber ermordet haben soll, erstmals im Prozess das Wort an das Gericht und die Hinterbliebenen gerichtet. „Ich schäme mich so sehr“, sagte sie unter anderem.

Es war der Tag der ganz großen Emotionen. In ihrem so genannten „letzten Wort“ hat die angeklagte Arzthelferin (32), die zu lebenslanger Haft wegen Mordes bestraft werden soll, erstmal das Wort ans Gericht und die Opfer-Familie gerichtet. „Ich schäme mich so sehr“, schluchzte sie. Es sei ihr „unbegreiflich, was ich Schlimmes getan habe“. „Ich bin mir selbst so fremd, was da passiert ist“.

Sie weinte dabei so sehr, dass sie immer wieder stockte. Trotzdem herrschte auch in ihren Redepausen Totenstille im Saal.

„Ich hatte nie einen Plan, ihn zu töten“, erklärte die gelernte Krankenschwester. Monatelang hatte sie ihren Ehemann, ein niedergelassener Arzt, mit einem Börsenmakler (36) betrogen und mit diesem ein Kind gezeugt. Am 2. September, zehn Tage nach der Geburt, vergiftete sie ihn laut Anklage in seiner Wohnung mit Morphium und Bromazepam. Als er längst bewusstlos war, holte sie aus seiner Küche ein Messer und stach 14-mal zu, bis er tot war. Angeblich wollte sie vor ihrer Familie vertuschen, dass er der Vater ist, zumal er auf einen Test drängte.

Verteidiger will eine Bestrafung wegen Totschlags, nicht wegen Mordes

Der Staatsanwalt ist sicher, dass sie ihn von Anfang an töten wollte. Doch genau dagegen brachte Verteidiger Egbert Schenkel am Freitag„durchgreifende Bedenken“ an. Sei jeder vernünftige Zweifel ausgeräumt, dass sie den Mann mit der Betäubung vielleicht nicht doch nur habe ruhigstellen wollen - und erst danach, ungeplant, erstochen habe? Er will eine Verurteilung wegen Totschlags, kein „lebenslänglich“. Ein Strafmaß nannte er nicht.

Der Wunsch nach einem gerechten Urteil dürfte nicht in „erbarmungsloser Bestrafung“ enden, sagte er im Plädoyer. Ihre Schuld würde ihr ohnehin schon lebenslang anhaften. Und auch ihr Sohn, ein völlig unschuldiger Mensch, werde mit einer Schuld belastet, die er kaum tragen könne. Schenkel sprach von „Muttersünde“.

Seine Mandantin meinte, sie fürchte sich vor dem Tag, an dem sie ihrem Kind sagen müsse, dass sie seinen Vater getötet habe. „Dieser Tag wird sein Leben für immer verändern.“ Sie werde sich ihre Schuld nie vergeben.

„Ich weiß, dass Ihr Kind nicht wiederkommt, niemals“

Sie richtete ihre Worte auch an die Eltern des Opfers, indem sie einen Brief vorlas: „Ich weiß, dass Ihr Kind nicht wiederkommt, niemals. Ich bin untröstlich über das Leid, das ich Ihnen zugefügt habe. Ich glaube, etwas Schlimmeres gibt es nicht, als sein Kind zu verlieren. Ich habe das nicht gewollt.“ Die Eltern waren am Freitag ferngeblieben, nachdem die Angeklagte es bisher an allen vorherigen Prozesstagen versäumt hatte, ihnen gegenüber ihre Reue zu bekunden.

„Ich bin an diesem Abend nicht zu ihm gefahren, um ihn zu töten“, erklärte die Angeklagte. „Es hätte keinen Sinn gemacht.“ Der Verdacht wäre doch sofort auf sie gefallen. „Ich habe nicht nachgedacht.“ Sie „verzweifle“ daran, dass der 36-Jährige jetzt tot sei. Sie betonte auch: „Mir ging es nie darum, meinen Status erhalten zu wollen. Ich hatte einfach nur Angst.“ Sie habe erstmal nur für ihr Kind da sein wollen. „Ich habe alles nicht zu Ende gedacht.“

Das Urteil will der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Mankel am kommenden Mittwoch um 11.30 Uhr im Landgericht, Saal C 240, verkünden.