Bochum. . Einsam in ihrer Schuld und belastet von inneren Problemen trat die Angeklagte am Freitag beim sogenannten letzten Wort im Gerichtssaal auf (Bericht Seite 1). Die Zuschauer hinter der Glasabsperrung erlebten einen Zusammenbruch mit, den in dieser Intensität nur das Leben, aber keine Gerichtssendung je bereithalten könnte.
Einsam in ihrer Schuld und belastet von inneren Problemen trat die Angeklagte am Freitag beim sogenannten letzten Wort im Gerichtssaal auf (Bericht Seite 1). Die Zuschauer hinter der Glasabsperrung erlebten einen Zusammenbruch mit, den in dieser Intensität nur das Leben, aber keine Gerichtssendung je bereithalten könnte.
Das große Bedauern ihrer Schuld, die Einsicht der Angeklagten, mit ihrer Tat unzähligen Menschen Leid zugefügt zu haben, geht an den Leuten im Publikum nicht spurlos vorbei. „Ich will keine Kommentare hören. Weder der Empörung, noch der Begeisterung“, hatte Richter Hans-Joachim Mankel gewarnt. Trotzdem flüstern einige Zuschauer leise miteinander. „Wie tief empfunden können diese Emotionen wirklich sein?“, fragen sie sich. „Das ist mir ein bisschen zu dick aufgetragen“, raunt eine ältere Dame mit skeptischem Blick ihrem Sitznachbarn zu. Andere hingegen kämpfen mit den eigenen Gefühlen und verfolgen mit sichtlich ergriffenen Mienen das Geschehen.
Was bewegt die Zuschauer, dem Mordprozess beizuwohnen?
Was bewegt die etwa 80 Besucher, die bei bestem Wetter ihre Freizeit im Gerichtssaal verbringen, um dem Mordprozess beizuwohnen? „Der Fall interessiert mich einfach, weil ich Patient bei dem Arzt bin“, sagt ein 78-Jähriger, der seinen Namen lieber nicht nennen mag. „Als Rentner habe ich ja Zeit herzukommen“, fügt er hinzu. Wie viele der Anwesenden hat auch er sich längst eine eigene Meinung zu Schuldfrage und Strafmaß gebildet. „Die Umstände zählen für mich nicht“, sagt er. „Ich habe sie von vornherein für schuldig gehalten.“
Unter den meist älteren Zuschauern befinden sich überwiegend Damen, die fein herausgeputzt in neuester Sommermode den Tränenausbruch der Angeklagten mitverfolgen. „Bei Prozessen, bei denen Frauen als Täterinnen auftreten, fühlt man sich selbst als Frau auch persönlich betroffen und überlegt: Wie hätte ich wohl reagiert?“, sagt eine 50-Jährige nachdenklich. „Aber ich weiß, dass ich eine der wenigen bin, die hier so denkt.“ Andere zeigen weniger Empathie. „Och, guck mal, jetzt heult die auch noch“, ist im Saal zu hören.
Später schlendern sie in kleinen Grüppchen nach draußen. Wer keine eigenen Brote dabei hat, geht noch in die Kantine. Zwischen Currywurst und Caramel-Pudding diskutieren die „Freizeit-Richter“ die Beweislage und fällen ihr ganz persönliches Urteil.