Bochum. . Vor Gericht schweigt die angeklagte Arztgattin (32), aber bei der Kripo kurz nach der Tat hatte sie ein Geständnis abgelegt. Darin schildert sie, wie sie ihren Geliebten vergiftet und erstochen habe. „Das war eine emotionale Achterbahnfahrt“, sagte ein Kripo-Beamter.
„Das war eine emotionale Achterbahnfahrt“, schilderte Kriminalhauptkommissar Elmar Lüssem (48) am Mittwoch das Tatgeständnis der Angeklagten (32). Die Krankenschwester und Ehefrau eines Arztes hatte zehn Tage nach dem grausamen Verbrechen gegenüber der Mord-Kommission zugegeben, ihren Liebhaber (36) und Vater ihres Baby getötet zu haben. Mal hatte sie einen Weinkrampf und zitterte, sagte Lüssem den Schwurrichtern, dann aber, in Zigarettenpausen, habe sie auch „laut gelacht“. „Es war auf einmal eine ganz andere Person“, sie habe „einen Schalter umgelegt“.
Das Protokoll der polizeilichen Vernehmung, die damals über dreieinhalb Stunden gedauert hatte, ist ein Dokument großer Brutalität. Die unter Mordverdacht stehende Arztgattin, die vor Gericht seit dem ersten Sitzungstag schweigt, schildert darin, wie sie den Börsenmakler am 2. September getötet habe. „Er bestand weiter auf einem Vaterschaftstest und drohte damit, die Sache öffentlich zu machen.“ Er habe verlangt, dass sie die Affäre ihrem Ehemann beichte - sonst würde er selbst das tun. Er sei „eine Bedrohung für die Familie“ gewesen. Zumal sie dort ohnehin „immer einen schweren Stand gehabt“ habe. „Ich hatte immer das Gefühl, nicht standesgemäß zu sein.“
„Ich habe ihm eine Spritze gegeben. Darin war Morphium.“
Sie fuhr dann, wie sie schilderte, am Tatabend mit einem vorbereiteten Kakao mit Amaretto, in dem sie reichlich Bromazepam versteckt hatte, zu dem arglosen Banker in den Stadtteil Ehrenfeld. Er guckte gerade im Deutschland-Trikot das Länderspiel gegen Österreich. Als er wegen der Überdosis Beruhigungsmittel „sehr wackelig“ wurde und umkippte, setzte sie noch eins drauf: „Ich habe ihm eine Spritze gegeben. Darin war Morphium. Das Morphium habe ich aus der Praxis entwendet.“ Zwei bis drei Ampullen habe sie aufgezogen - und weitere vorher schon in den Kakao beigemischt. Der mittlerweile bewusstlose Banker, sagte sie, hätte aber „weiter Puls“ gehabt. „Das habe ich gefühlt“.
Sie habe ihn über das Wochenende „nur ruhigstellen“ wollen. Doch dann habe sie gemerkt, „dass mich das auch nicht weiterbringt“. „Ich habe dann irgendwann erkannt, dass alles nur ein Aufschieben ist.“ Sie habe ein Messer aus seiner Wohnung geholt und „mehrfach zugestochen“. „Er kam dabei nicht zu Bewusstsein.“ Es waren 14 Stiche, zwei davon ins Herz. „Ich habe alles kaputt gemacht. Ich war im Moment so wütend.“
Beweismittel beseitigt
Einige Beweismittel, zum Beispiel einen Laptop, will sie später auf dem Rückfahrt mit dem Auto nach Hause zu ihrem Ehemann in irgendeinen, bis heute unbekannten Müllcontainer geworfen haben - und dann extra Müll drüber geworfen haben. „Das spricht für cooles Überlegen“, merkte Richter Hans-Joachim Mankel an.
Das Geständnis klingt so, als ob die Frau das Betäuben zwar geplant, die Stiche aber im Affekt gesetzt hatte. Lüssem meinte dazu: „Sie hat sich eine Geschichte zurechtgelegt. Ich habe in vielen Punkten meine Zweifel.“ Und: „Wir haben noch viele, viele Fragen.“
Nach der Vernehmung im Präsidium hatte die Beschuldigte rund eine Stunde lang ihren damals dreiwöchigen Säugling sehen dürfen. Dabei war auch ihr Ehemann, der in Bochum eine Arztpraxis betreibt. In einem Vermerk der Kripo heißt es, dass sie ihren Mann von hinten umarmt und ihn gebeten habe, ihr Verhalten zu entschuldigen. Außerdem habe sie den Wunsch geäußert, ihr Kind im Gefängnis doch öfter sehen zu können.
Im Zeugenstand sagte am Donnerstag, dem neunten Sitzungstag, auch ein Brandgutachter aus. Denn nach der Tat war am Tatort, dem Schlafzimmer des Bankers, ein Schwelbrand ausgebrochen. Er konnte aber die genaue Ursache und die Frage, ob es Vorsatz war, nicht ganz sicher klären: Möglich sei auch Zigarettenglut, sagte er.
DRK soll in den Zeugenstand
Der Prozess geht am 11. Mai weiter. Dann soll auch der frühere Ausbilder der Krankenschwester, das DRK, befragt werden, inwieweit die Angeklagte hätte wissen müssen, dass die von ihr verabreichten Dosen an Bromezepam und Morphium lebensgefährlich waren. Außerdem sollen die beiden psychiatrischen und psychologischen Gutachter, die den gesamten Prozess verfolgen, ihre Einschätzung zur Schuldfähigkeit vortragen. Für den 23. Mai ist das Plädoyer des Staatsanwalts geplant, zwei Tage später das des Verteidigers. Der Termin für das Urteil steht noch nicht fest. Der Angeklagten droht „lebenslänglich“. Genau das will der Verteidiger aber abwenden.