Bochum. Beim dritten Verhandlungstag im Bochumer Arztgattinnen-Prozess stand am Freitag der getötete Banker im Blickpunkt. Mehrere seiner engsten Freunde traten in den Zeugenstand.

Bodenständig, zielstrebig, hochintelligent, ein Stück weit bieder: Freunde und Familie zeichnen ein grundsolides Bild des gelernten Bankkaufmanns. Warum sich der 36-Jährige in die verhängnisvolle Affäre stürzte und bis zu seinem Tod nicht davon loskam, können sich die, die ihm nahestanden, nur mit einer Binse erklären: Liebe macht blind.

Dritter Verhandlungstag im Arztgattinnen-Prozess vor dem Schwurgericht. Es ist der Tag des Opfers. Drei seiner besten Freunde würdigen – teils mit tränenerstickter Stimme – die Tugenden des getöteten Bankers: zuverlässig, hilfsbereit, loyal, ordnungsliebend. „Der Typ Hochzeit - Haus bauen - Kinder kriegen“, schildert ein Sandkastenfreund.

Um so irritierter sind die Wegbegleiter, als ihnen ihr Freund Ende 2009 eine verheiratete Geliebte vorstellt: die Frau seines Hausarztes. „Seine Traumfrau. Er war hin und weg“, sagt ein Freund. Noch nie habe der Börsenmakler eine feste Beziehung gehabt. Mit der attraktiven Arztgattin, seiner ersten großen Liebe, rechnet er sich eine Zukunft aus.

Fremdgehen war kein Geheimnis

Der Sex sei berauschend: „Sie denkt sich immer ‘was Neues aus.“ Die Clique ist skeptisch, lässt den Freund aber gewähren. Immerhin macht die 32-Jährige aus ihrem Fremdgehen kein Geheimnis. Regelmäßig knutscht sie mit ihrem Geliebten in dessen Stammlokal „Onkel Martin“ – obwohl dort Patienten ihres (bis zum Schluss ahnungslosen) Mannes verkehren. Immer wieder verspricht sie, sich scheiden zu lassen und zu ihrem Lover zu ziehen.

Das, wissen die Freunde alsbald, ist gelogen. Ebenso wie die Ausreden, mit denen sie Zeit gewinnt. Binnen weniger Wochen gibt sie zwei Brustkrebserkrankungen vor („einmal links, einmal rechts“). Er will klare Verhältnisse – sie hält ihn hin. Über ein Jahr geht das so. Der Banker lässt es geschehen. Sie schickt ihm 3000 SMS-Nachrichten, in denen sie als „Klosterschülerin“ grüßt, und richtet sich in seiner 90-qm-Wohnung an der Gilsingstraße häuslich ein.

"Das ist mein Sohn"

Wer den Freunden zuhört, muss eine emotionale, auch sexuelle Hörigkeit vermuten. Anders ist kaum nachzuvollziehen, warum der Kopfmensch das böse Spiel (Richter Mankel spricht vom „Freizeitvergnügen“) der 32-Jährigen nicht beendet. Erst das Baby, das die Arztgattin im August 2011 zur Welt bringt, lässt den Banker zu sich selbst zurückfinden. Er weiß: Das ist mein Sohn. Für ihn will ich sorgen, für ihn da sein. Er drängt darauf, endlich reinen Tisch zu machen. Doch wieder gelingt es ihr, ihn zu täuschen. Ihr Mann wisse Bescheid, sagt sie. Alles sei in Ordnung.

Den Wunsch, dennoch einen Vaterschaftstest zu machen, bezahlt der 36-Jährige mit dem Leben. Am 2. September 2011 betäubt die Geliebte den Banker in dessen Wohnung mit Morphium und rammt ihm 14 Mal ein Käsemesser in den Oberkörper. Bei ihrer Festnahme versucht sie, die Schuld auf seine Freunde zu schieben. Die hätten sie nie leiden können. Die wollen ihr den Mord in die Schuhe schieben, indem sie eine Tüte mit den blutigen Tat-Utensilien vor ihre Tür gelegt hätten.

Weggefährten verzweifeln bis heute

Die Weggefährten verzweifeln bis heute an der Frage, warum ihr Freund die Bodenhaftung verloren hat, zu lange „an das Gute glaubte“ . Warum er sterben musste, ist ihnen indes klar: Für die Arztgattin habe alles auf dem Spiel gestanden, wenn ihr Lügengerüst zusammengebrochen wäre. „Sie hätte alles verloren: Die Ehe, materielle Sicherheit, Ansehen.“

Der Prozess wird am Freitag nächster Woche fortgesetzt.