Bochum. . Die Ehefrau eines in Bochum niedergelassenen Arztes hatte offenbar auch vor ihrer Affäre mit dem späteren Opfer intime Verbindungen mit Männern gehabt - zu einer Zeit, als sie bereits mit ihrem heutigen Mann liiert war.

Die wegen Mordes an ihrem Liebhaber (36) angeklagte Arzthelferin (32) hatte ihren Ehemann, einen niedergelassenen Arzt, offenbar sogar mehrfach betrogen. Eine sehr gute Freundin (35) der Angeklagten berichtete am Dienstag am 5. Prozesstag vor dem Schwurgericht, dass es auch Affären mit einem Polizisten und einem Stationsarzt gegeben habe - einmal vor der Heirat, einmal nachher. „Sie hat mir das erzählt. Sie hatte auch ein schlechtes Gewissen.“ Und: „Ich habe ihr einmal für ein Treffen mit dem Arzt ein Alibi gegeben.“

Weil die Angeklagte schweigt, klopft der Richter in stundenlangen Befragungen den Freundeskreis des Opfers, ein Börsenmakler, und der Arztgattin ab. Sie soll ihn am 2. September mit einem präparierten Kakao und einer aus der Arztpraxis besorgten Morphiumspritze betäubt und mit 14 Messerstichen getötet haben. Angeblich wollte sie verhindern, dass ihre Familie erfährt, dass der Junge, den sie wenige Tage zuvor geboren hatte, von dem Banker ist.

Freundin erfuhr von dem Verbrechen auf www.derwesten.de

Die 35-jährige Zeugin, eine Ärztin, ist zwar mit der Angeklagten vertraut, doch die lange Affäre hatte sie ihr wie auch ihrem Ehemann verheimlicht. Erst drei Tage nach dem Verbrechen erfuhr sie davon - im WAZ-Portal „derwesten.de“. Was sie da las, dachte sie damals, „das kann nicht wahr sein“. War es aber doch.

Sie hatte sie an dem Montag nach der Tat (Freitag) nicht erreichen können, daher rief sie deren Ehemann (41), den Arzt, an. „Er sagte mir, dass sie weg ist.“ Warum, sei ihr rätselhaft geblieben. Erst habe sie an Wochenbettdepressionen gedacht. „Ich war ganz in Sorge.“ Dann aber sah sie den WAZ-Artikel im Netz. Die darin genannten Daten passten alle auf ihre Freundin. „Ich war völlig sprachlos.“

Das Verbrechen, sagte die Zeugin, „ist natürlich schrecklich“. Sie habe das ihrer Freundin nie zugetraut. Sie vermutet, dass „viele ungünstige Faktoren“ sie angetrieben haben: Depressionen, der Druck ihrer Liebhabers, die Affäre zu offenbaren - zum Beispiel. Da habe sie wohl „die Nerven verloren“ und „so was Blödes getan“. Sie sei niemand, „der sowas planen könnte.“

Lügen der Angeklagten

Auch sonst sprach die Zeugin sehr freundschaftlich von der Angeklagten. Sie schilderte auch, wie vernachlässigt sie sich in der Ehe gefühlt habe. In der Familie des Arztes habe sie einen schweren Stand gehabt. Sie habe geglaubt, „nicht gut genug“ zu sein. „Nicht standesgemäß?“, fragte der Richter. Antwort: „Ja.“

Jetzt in der JVA gehe es ihr „sehr schlecht“. Alles belaste sie sehr: „Der Prozess, die Tat, das Aufwachsen ihres Kindes nicht zu erleben.“ Ihr seien auch das Finanzielle ihrer Familie und ihr „Status“ als Arztgattin keineswegs so wichtig gewesen wie andere behauptet hätten. „Blödsinn“ sei das. Die Angeklagte wischte sich Tränen aus den Augen bei dieser Zeugenaussage.

Die Schilderungen aus dem Umfeld des Opfers machten aber sehr wohl den Eindruck, dass sie viel Wert auf Wohlstand, Vergnügen und ihr Dasein als Arztgattin gelegt hatte. Und auch, dass sie eiskalt lügen konnte, um ihr Doppelleben führen zu können. Und dass sie den Banker viele Monate hingehalten hat, nur um ihre Arztfamilie nicht aufgeben zu müssen.

„Er wollte das Kind begleiten und aufwachsen sehen und dafür da sein“

Wie viel Frust sie dabei angerichtet hat, zeigte am Dienstag die Aussage einer engen Freundin (34) des Getöteten. Obwohl er sie bis zu seinem Tod geliebt habe, habe selbst er ihr „nicht mehr 100 Prozent vertraut“. „Er hätte sich zurückgestellt gegenüber der Institution der Ehe.“ Ihm sei es nur noch um das Umgangsrecht gegangen: „Er wollte das Kind begleiten und aufwachsen sehen und dafür da sein.“

Das sieben Monate alte Kind wird von verschiedenen Angehörigen der Familie des Arztes aufgezogen. Die 35-jährige Zeugin meinte am Dienstag, dass sie „selten so ein aufgewecktes und ausgeglichenes Baby gesehen“ habe. Einmal pro Woche wird es seiner Mutter in die JVA Gelsenkirchen gebracht.

Prozessfortsetzung: 17. April.