Bochum. Werbeanlagen und Gebäude sollen von 22 bis 16 Uhr am Folgetag nicht erleuchtet werden. Um Energie zu sparen. Bochum ist nicht ganz auf Linie.
Großstadt oder Gernegroßstadt? Bochum ist eher keines von beiden: kein Berlin und auch kein Baden-Baden. In gleißendem Licht erscheint die „Blume im Revier“ nur an ganz wenigen Stellen. Und selbst die sollen jetzt dunkel bleiben. So will es die seit Anfang September geltende Energieeinsparverordnung der Bundesregierung, die das Ziel hat, eine Gasnotfalllage im Winter zu vermeiden. Aber nicht alles, was jetzt dunkel sein sollte, ist auch tatsächlich dunkel.
„BERMUDA3ECK“ leuchtet weiter in der Nacht auf dem Parkhaus P8
Bochums bekannteste Werbeschriftzüge leuchten jedenfalls weiter. Vorläufig. Wer auf der Königsallee in Richtung Stadtzentrum unterwegs ist, der sieht eingangs der City den roten, hellleuchtenden Schriftzug „BERMUDA3ECK“ auf dem Dach des Parkhauses P8 strahlen. Genau gegenüber, auf dem Handelshof, scheint kaum weniger markant in Blau der „TREFFPUNKT BOCHUM“. Und das auch nach zehn Uhr abends.
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Dabei ist die Vorgabe in besagter Verordnung eindeutig: „Die Nutzung von leuchtenden bzw. lichtemittierenden Werbeanlagen wird von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages untersagt.“
Wasserturm der Jahrhunderthalle leuchtet nur bei Veranstaltungen
Und weil auch die Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern bis auf Weiteres nicht mehr erlaubt ist, bleiben nicht minder markante Landmarken in der Stadt dunkel. Wer über die Herner Straße stadteinwärts fährt, der wird seit Anfang September nicht – wie sonst gewohnt – schon von weitem den grünlich scheinenden Förderturm des Bergbaumuseums sehen. Nur Eingang und Platz sind beleuchtet. Und wer auf der Wattenscheider Straße Richtung Zentrum unterwegs ist, wird – meistens jedenfalls – den farbig erleuchteten Wasserturm der Jahrhunderthalle vermissen. Der bleibt dunkel; „es sei denn wir haben eine Veranstaltung wie jetzt bei der Ruhrtriennale“, so Andreas Kuchajda, Geschäftsführer der Bochum Veranstaltungsgesellschaft (BoVG). „Die Verordnung ist da ziemlich klar.“
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Baltz bleibt dunkel, C&A leuchtet hell
Und doch wird sie offenbar unterschiedlich interpretiert. Nicht nur im Bermudadreieck, sondern auch in der Innenstadt. Ein abendlicher Streifzug Anfang der Woche durch die Fußgängerzone macht das deutlich. Während das Modehaus Baltz ebenso wie das Kortumhaus mit seinem Hauptmieter Saturn nahezu im Dunkeln liegt, weder Namenszüge noch die Schaufenster sind erleuchtet, strahlt es anderen Stellen wie sonst auch: C&A an der Harmoniestraße, Marco Polo und die Volksbank an der Huestraße, um nur drei Beispiele zu nennen. Dabei hatte es im Entwurf zur Verordnung noch geheißen, Schaufenster sollten zwischen 22 und 6 Uhr dunkel bleiben.
Baltz hat sich dazu entschlossen, Schriftzüge und Hausbeleuchtung früh auszuschalten. „Die Schaufenster bleiben bis 21 Uhr beleuchtet“, so Prokurist Dieter Schorr. Es gehe um die volkswirtschaftliche Aufgabe, Energie zu sparen, „und natürlich auch um die eigene Rechnung.“ Energie sei hinter Personal und Miete der drittgrößte Kostenfaktor.
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Tatsächlich sei das ein „zweischneidiges Schwert“, so Christina Jordan von der Initiative Bochumer City (IBO). Grundsätzlich seien die Einzelhändler bereit, sich an den Sparmaßnahmen zu beteiligen. Der Handelsverband unterstützt dies mit einer bundesweiten Plakatkampagne („Wir sparen Energie und machen abends das Licht aus“). Dennoch gebe es geteilte Meinungen darüber, wie viel dem Handel denn noch vorgeschrieben werden soll. Jordan: „Und auf keinen Fall dürfen durch fehlende Beleuchtung Angsträume entstehen.“
Rathaus ist nur spärlich beleuchtet
Das wird nicht nur in der Bundesverordnung berücksichtigt, in der es heißt, die Einschränkungen seien „nicht anzuwenden, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist“. Auch die Stadt Bochum selbst, die sich ein großes Einsparmaßnahmenpaket auferlegt hat, betont: „Es dürfen keine Angsträume entstehen“, so Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD).
So bleibt etwa das Rathaus vorerst weitgehend dunkel – bis auf die erleuchteten Torbögen zum Innenhof. Auch die Jahrhunderthalle verschwindet nicht gänzlich in der Nacht. „Wir wollen keine dunklen Löcher schaffen“, so BoVG-Chef Kuchajda. Deshalb werden etwa der Platz vor der Jahrhunderthalle und der Eingangsbereich weiter beleuchtet.
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Stadt will über Beleuchtung 1,3 Millionen kWh sparen
1,3 Millionen Kilowattstunden (kWh) Energie will die Stadt mit dem „Maßnahmenpaket Beleuchtung“ einsparen. Das entspricht zwar lediglich einem Prozent der gesamten Ausbeute. Allerdings betonen Stadt und Bund gleichermaßen: „Jede Kilowattstunde zählt.“
Bundesweit ist das Einsparpotenzial im Gewerbe-, Handel- und Dienstleistungssektor allein durch die Reduzierung von Beleuchtungen immens: Es wird auf 4300 Gigawattstunden bzw. 860 Millionen Euro geschätzt. Die Voraussetzung: ein um 35 Prozent gesunkener Stromverbrauch.
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Sicherheit muss immer gewährleistet sein
Gelten sollen die Einschränkung zunächst für sechs Monate. Ausnahmen sind möglich für Kulturveranstaltungen und für besondere Anlässe wie Volksfeste und Weihnachtsmärkte. Und: „Die Beleuchtung kann ausnahmsweise aufrechterhalten werden, wenn dies zur Abwehr von Gefahren wie z.B. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Verkehrs- und Betriebssicherheit, insbesondere im öffentlichen Personen- und Nahverkehr oder der Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist. Darunter fallen beispielsweise Beleuchtungseinrichtungen in Form von beleuchteten Werbeträgern an Fahrgastunterständen oder Wartehallen, Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind.“
So bleiben etwa die U-Bahn-Hinweisschilder der Bogestra ebenso beleuchtet wie der Busbahnhof. „Bei Anlagen, die wir haben, können wir nicht einfach in den Baumarkt gehen“, so Sprecher Christoph Kollmann. Schon seit einiger Zeit werde die Beleuchtung auf LED-Technik umgestellt. So fahren etwa die modernen Tango-Bahnen der U 35 mit LED-Innenbeleuchtung. Bei der Modernisierung alter Fahrzeuge werde die Beleuchtung ebenfalls effizienter und energiesparsamer eingerichtet.
Stadt prüft, ob Kunst-Licht-Tore abgeschaltet werden
Beleuchtet werden natürlich weiterhin Brücken und Unterführungen. Allerdings stellt sich die Frage, ob die 16 Kunst-Licht-Tore an den „Einfallstoren“ zur Innenstadt weiterhin leuchten sollten. „Ja“, sagt die Stadt. „Sofern unter den Brücken keine andere Straßenbeleuchtung mehr angebracht ist, mit der eine DIN-gerechte Ausleuchtung erfolgen kann, bleiben Kunstlichttore eingeschaltet“, so Stadtsprecherin Tanja Wissing. Das werde im Einzelfall und in Absprache mit den Stadtwerken entschieden. Bislang sei noch kein Kunst-Licht-Tor abgeschaltet.
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Bermudadreieck-Schriftzug wird abgeschaltet
„Licht aus“ heißt es dagegen am Bermudadreieck – jedenfalls was den Schriftzug auf dem Parkhaus betrifft. „Da sind wir natürlich in der Bringschuld“, heißt es bei der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG) auf Anfrage dieser Zeitung. Sie betreibt das Parkhaus P8, auf dem die leuchtenden Buchstaben stehen.