Bochum. Kliniken sind wegen ihres gigantischen Verbrauchs stark von den steigenden Energiepreisen betroffen. Es drohen Schließungen. Auch in Bochum?

Deutschlands Krankenhäuser sind von den explodierenden Energiekosten besonders betroffen. Sie haben einen gigantischen Energieverbrauch und drohen unter der Last der Kostensteigerungen den Halt zu verlieren. Das trifft auch Krankenhäuser in Bochum.

Energiekosten in Kliniken verdoppeln sich

„Die Energiekosten stellen unser Haus vor große Herausforderungen“, sagt der Medizinische Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum (KKB), Prof. Christoph Hanefeld. Sie werden sich in den sechs KKB-Häusern in Bochum und Hattingen angesichts der dramatisch steigenden Energiekosten im kommenden Jahr voraussichtlich verdoppeln. Hochrechnungen gehen von zusätzlichen Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro aus. „Und da ist die Umlage noch gar nicht dabei“, so Hanefeld.

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Ähnlich sieht es in der Augusta-Kranken-Anstalt mit ihren drei Häusern in Bochum und Hattingen aus. 2020 betrugen die Kosten für Strom, Fernwärme und Gas etwa 3,66 Millionen Euro. „Im laufenden Jahr rechnen wir mit knapp 4,65 Millionen Euro und für 2023 geschätzt mit rund 7,58 Millionen Euro“, so der Kaufmännische Leiter der Evangelischen Stiftung Augusta, Markus Rosemeyer.

Notfallpläne für Schließungen, sollte gar kein Gas mehr fließen

Die beiden Bochumer KKB-Hospitäler St. Josef- und St. Elisabeth werden mit Fernwärme beheizt, die Wattenscheider Häuser mit Gas. „Schließungen von Abteilungen und Betten aus Gründen der Energiepreissteigerungen gab es nicht, sie sind auch nicht angedacht“, heißt es auf Anfrage dieser Redaktion. Aber: Das KKB hat Notfallpläne für die Schließung von Abteilungen in der Schublade – allerdings „für den Fall komplett ausfallender Gaslieferungen“. 17.000 Megawattstunden Energie verbrauchen die KKB-Häuser jedes Jahr, wie es in einem Bericht des ZDF-Mittagsmagazins heißt.

Kliniken können Kostensteigerung nicht weitergeben

Das Hauptargument der Kliniken: Anders als andere Unternehmen können sie die steigenden Kosten nicht an Patienten bzw. Krankenkassen weitergeben. „Üblicherweise fließen Energiekosten in die Budgets ein, die ein Krankenhaus regelmäßig für jede einzelne Behandlung mit den Krankenkassen vereinbart“, so KKB-Sprecher Jürgen Frech.

„Die Preise sind fest vereinbart, wir können sie also nicht, wie in anderen Wirtschaftszweigen, einseitig erhöhen und Kostensteigerungen damit weitergeben. Aus diesem Grunde brauchen jene Krankenhäuser, deren Energiebezugsverträge jetzt auslaufen und daher von der Krise besonders hart getroffen werden, von Seiten der Politik finanzielle Unterstützung in erheblicher Größenordnung.“

Bemühungen, den Energieaufwand einzudämmen, gebe es seit geraumer Zeit. „Beispiele dafür sind die Dachsanierung sowie die Erneuerung von stromintensiven Lüftungsanlagen. Darüber hinaus werden Klimaanlagen, die nicht dringend benötigt werden, abgeschaltet“, heißt es beim KKB. Allerdings sei das Einsparpotenzial begrenzt. „Aggregate wie ein moderner Operationstrakt oder ein MRT-Gerät brauchen nun einmal Strom, damit die Patienten professionell versorgt werden können.“

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Kliniken haben begrenztes Einsparpotenzial

„Die Vorhaltung allein der medizinischen Infrastruktur mit Lüftung, Kühlung, Sterilisation, Wäsche, Medizinische Funktionsbereiche z. B. Radiologie, OP erfordert pausenlosen Energieeinsatz“, so Markus Rosemeyer von den Augusta-Kliniken. „Krankenhäuser sind technisch hochkomplexe Unternehmen. Hier kann man Geräte nicht einfach abschalten. Hinzu kommen Beleuchtung, Aufzüge etc.“ 2021 haben die drei Häuser 9.444.548 Kilowattstunden Strom, 15.999.536 kWh Gas und 9.896.968 kWh Fernwärme verbraucht.

Die gängigen Maßnahmen, Energie einzusparen wie etwa der Einsatz von LED-Beleuchtung und die Optimierung der Steuerungstechnik wurden ergriffen. „Sie stoßen aber dort an Grenzen, wo keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Das gilt erst recht für größere energetische Maßnahmen.“ Auf die Frage, ob Schließungen von Abteilungen wegen der Kostensteigerungen geplant seien, heißt es im Augusta: „Wir versuchen, unseren Versorgungsauftrag, also die Versorgungen der Patientinnen und Patienten weiterhin zu erfüllen.“ Nötig sei eine gesicherte Finanzierungszusage der Politik für einen Inflationsausgleich.

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Krankenhausgesellschaft fordert Inflationsausgleich

Die Kliniken und ihr Dachverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), fordern staatliche Hilfen wie schon bei der Corona-Krise. Am Montag haben sie die Kampagne „Alarmstufe Rot“ vorgestellt. Ohne einen Inflationsausgleich müssten ganze Abteilungen geschlossen werden, die nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben seien; mitunter sogar ganze Kliniken, so DKG-Geschäftsführer Dr. Gerald Gaß unlängst gegenüber dem ZDF. Und: „Im schlimmsten Fall werden Kliniken keine andere Wahl haben, als Personal abzubauen, um einer drohenden Schließung zuvorzukommen.“