Mönchengladbach. . Mönchengladbach hat sich über Jahre hinweg stabilisiert und mischt in der Bundesliga wieder vorne mit. Weil die Dauer-Belastung in drei Wettbewerben droht, musste die Borussia erneut kräftig einkaufen. Trainer Lucien Favre könnte die Fohlen sogar bis in die Champions-League-Ränge bringen.

Ein bisschen kommt sich Mönchengladbach in diesen Tagen vor wie vom Fluch der guten Tat verfolgt. Die gute Tat, das war der sechste Platz, auf dem die Borussia die vorige Saison der Fußball-Bundesliga abgeschlossen hat. Der Fluch, das ist der Tanz auf drei Hochzeiten, der sich daraus ergibt. Das Team von Trainer Lucien Favre bekommt es neben Liga-Alltag und DFB-Pokal ja auch noch mit der Qualifikation für die Europa League zu tun, und das bedeutet ganz handfest: In den verbleibenden 14 August-Tagen stehen fünf Partien in den drei Wettbewerben an. „Da müssen wir durch“, sagt Trainer Lucien Favre. Denn danach weiß auch er schon, wie die neue Saison laufen wird.

Der Trainer: Manchmal wirkt Lucien Favre wie eine Kerze, die von beiden Enden her brennt. Der Schweizer liebt und lebt Fußball, geht auf im Studium und in der Analyse des Spiels. Bei der Borussia zahlt sich Favres Akribie aus. Er rettete bei seinem Einstieg den scheinbar aussichtslos abgeschlagenen Verein vor dem Abstieg, führte ihn vollkommen überraschend im Jahr darauf auf Platz vier und bestätigte diesen Trend mit den Plätzen acht und sechs in den Jahren danach. Mit Favre ist Konstanz und Berechenbarkeit eingezogen, die Borussia ist auf dem Weg, das von Sportdirektor Max Eberl ausgegebene Ziel, sich langfristig in der Liga zu etablieren und schrittweise in die vorderen Reihen zu schieben, zu erfüllen.

Das Personal: Keeper Marc-André ter Stegen (FC Barcelona, 12 Millionen) und der enttäuschende Stürmer Luuk de Jong (PSV Eindhoven, 6,5 Millionen) haben der Borussia die Kasse gefüllt. Der größte Teil des Geldes wurde reinvestiert, auf den neuen Keeper Yann Sommer vom FC Basel entfielen gleich sechs Millionen Euro Ablösesumme. Sommer tritt kein leichtes Erbe an, ter Stegen stammt aus der Gladbacher Jugend und hatte schon deswegen einen besonderen Stellenwert bei den Fans. Favre wollte einen ballsicheren und mitspielenden Keeper als Nachfolger, und den hat er bekommen. Die anderen Zugänge sind vor allem danach ausgesucht worden, auf den Flügeln, im Spiel nach vorne und im Kader insgesamt mehr Druck zu machen. Der Ex-Stuttgarter Ibrahima Traoré soll die Lücke füllen, die das Zauberfüßchen Juan Arango hinterlassen hat. Auch André Hahn aus Augsburg und Fabian Johnson aus Hoffenheim kommen für einen Platz in der Startelf in Betracht, sogar Weltmeister Christoph Kramer wird sich strecken müssen.

Die Probleme: Die Borussia hat sich noch einmal verstärkt, dabei zielen die Zugänge vor allem darauf, die Mannschaft in der Breite zu verstärken. Viele Positionen sind doppelt besetzt, das schürt den Konkurrenzkampf, wird Lucien Favre und Max Eberl aber auch vor das Problem stellen, die Bank bei Laune zu halten. Im Grunde blieb der Borussia angesichts der vielen drohenden englischen Wochen keine andere Wahl. Das wahre Problem allerdings stellt sich zumindest zum Saisonstart im Angriff. Vieles, vielleicht sogar alles hängt an Raffael und an Max Kruse, es fehlt die wirklich überzeugende Alternative. Mönchengladbach hat das längst erkannt und sondiert den Markt, um eventuell noch einen Angreifer zu verpflichten.

Der Anspruch: Seit Max Eberl die sportliche Verantwortung trägt, ist in Mönchengladbach ein gesunder Sinn für das Machbare eingezogen. Das mag im Vereinsumfeld immer noch nicht allen gefallen. Man schwelgt halt gern in der großen Vergangenheit der Fohlen-Elf.

Aber durch die Erfolge in der Ära Favre und durch den ein oder anderen personellen Glücksgriff hat Max Eberl inzwischen den Verein auf Linie gebracht. Gladbach will dauerhaft zur oberen Hälfte der Liga gehören, bei der Vergabe der internationalen Plätze mitmischen. Was trotz aller eigenen Anstrengungen bei der starken Konkurrenz aus Dortmund, Gelsenkirchen, Wolfsburg und Leverkusen schwer genug ist.

Die Prognose: Die Borussia könnte in dieser Saison überraschen. Der Kader ist erneut verstärkt worden und hat mehr Substanz als im Vorjahr. Sollte Eberl auf seiner Suche nach einem guten Stürmer noch fündig werden, könnte Gladbach im Konzert der Großen besser mitmischen als allgemein erwartet wird. Dann wäre sogar der nicht einkalkulierte Sprung bis hoch auf Platz vier möglich.