Ruhrgebiet. Die Virusinfektion grassiert aktuell in Kitas und Schulen, auch im Ruhrgebiet. Ringelröteln sind meist harmlos – aber nicht für alle.

In NRW gehen die Ringelröteln um, vor allem Kitas und Schulen sind betroffen, viele Eltern verunsichert. Die wichtigsten Fragen und Fakten.

  • Ringelröteln verlaufen meist harmlos
  • Aber es gibt Risikogruppen, die stark gefährdet sind
  • Was man jetzt wissen muss

Die aktuelle Lage

„Es ringelt gerade total“, befindet Dr. Axel Gerschlauer, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) für den Bezirk Nordrhein. Allein am Montagvormittag habe er vier betroffene Kinder in seiner Praxis in Bonn gesehen. Auch im anderen Teil des Landes sind die Ringelröteln „definitiv immer noch ein Thema“, konstatiert Dr. Michael Achenbach, Sprecher des BVKJ Westfalen-Lippe. Obwohl „gefühlt (...) die Rate vorgestellter Kinder (hier) leicht nachgelassen“ habe. Im Kreis Steinfurt hatten die Ringelröteln, einem Bericht des WDR von Anfang des Monats zufolge, besonders heftig grassiert. Allein im Kreis Steinfurt waren demnach 140 Fälle an 53 Kitas und Schulen aufgetreten.

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Auf Nachfrage meldet Essen „einige kleinere Ausbrüche“ und „erhöhtes Auftreten erkennbar“. In Gelsenkirchen haben in den vergangenen 14 Tagen zwei Kindergärten eine Häufung von Ringelröteln-Fällen festgestellt. Duisburg hat allein in der ersten März-Hälfte schon 32 Fälle „verteilt über das gesamte Stadtgebiet“ registriert und Bochum nennt aktuell neun (Verdachts-)Fälle; Pressesprecherin Charlotte Meitler betont aber: „Von einer Welle kann man (...) nicht sprechen“. „Wenig besorgniserregend“ findet „zum jetzigen Zeitpunkt“ das Gesundheitsamt Dortmund die Lage. Dabei wurden hier seit Beginn des Jahres schon 103 RiRö-Fälle festgestellt, im gesamten Jahr 2023 waren es nur 37.

Was haben Ringelröteln mit Röteln zu tun?

Wenig. „Beide Erkrankungen werden von Viren verursacht und machen Flecken, haben aber darüber hinaus nur den Namen gemein“, erklärt Gerschlauer. Ursache der „RiRö“ ist eine Infektion mit dem Parvovirus B19.

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Müssen Ringelröteln den Gesundheitsämtern gemeldet werden?

Nein, Ringelröteln sind in NRW – anders als Röteln – nicht generell meldepflichtig. Nur wenn sich Fälle in einer Gemeinschaftseinrichtung häufen, müssen diese laut Infektionsschutzgesetz die Untere Gesundheitsbehörde informieren. Wie weit sich die Krankheit aktuell in Nordrhein-Westfalen verbreitet hat, kann daher nicht einmal das Landesgesundheitsamt genau einschätzen. „Wir bekommen keine Daten aus den Gesundheitsämtern und können daher keine belastbaren Zahlen nennen“, so eine Pressesprecherin.

Dr. Axel Gerschlauer ist dreifacher Vater, Kinderarzt in Bonn und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte für den Bezirk Nordrhein.
Dr. Axel Gerschlauer ist dreifacher Vater, Kinderarzt in Bonn und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte für den Bezirk Nordrhein. © Handout | Frank Schoepgens

Sind Ringelröteln eine typische Kinderkrankheit?

Früher bezeichnete man die RiRö als „fünfte Krankheit“: als eine der typischen Kinderkrankheiten wie Scharlach, Masern, Windpocken und Röteln. Heute verwende man den Begriff „Kinderkrankheit“ aber nicht mehr, so Gerschlauer. „Das klingt so niedlich. Masern etwa sind aber höllenernst.“ An RiRö können zudem nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene erkranken – jeder aber nur einmal im Leben. Wer die Krankheit überstanden hat, ist lebenslang geschützt.

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Wie gefährlich sind Ringelröteln?

Für die meisten: ungefährlich. „Und definitiv am Wochenende kein Fall für die Notaufnahme“, betont Gerschlauer. Die Krankheit verlaufe in der Regel harmlos (darum muss sie den Behörden auch nicht gemeldet werden). Nur für ungeborene Kinder und einige chronisch Kranke (etwa mit schweren Bluterkrankungen/Anämien oder unter Immunsuppression) kann sie ernst werden. Schwangere müssen besonders aufpassen. Sie können die Infektion an das Kind in ihrem Bauch weiter geben, selbst wenn sie keine Krankheitssymptome haben. Die Folgen fürs Baby können furchtbar sein. Eltern sollten sich daher „freuen“, wenn ihre Tochter die Ringelröteln bekomme, findet Axel Gerschlauer: „Dann ist sie ja geschützt, wenn sie später schwanger wird.“

Wie kann man sich anstecken?

Durch Tröpfcheninfektion vor allem. Ringelröteln-Viren übertragen sich durch feinste Speichelpartikel in der Luft (also beim Husten, Niesen oder Sprechen) – und nur von Mensch zu Mensch. Laut Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung besteht Ansteckungsgefahr zudem über verunreinigte Blutkonserven (sehr selten) sowie über Gegenstände wie Türkliniken oder Spielzeug, an denen der Erreger haftet.

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Was sind die Symptome?

Die ersten Anzeichen seien „langweilig“, sagt Axel Gerschlauer, ähnelten denen eines grippalen Infekts: Kopf- und Muskelschmerzen, Schlappheit, Unwohlsein, vielleicht Fieber. Aber nach rund einer Woche zeige sich bei Betroffenen das „Slapped Cheek“, das „Ohrfeigengesicht“, rote Flecken auf den Wangen. Danach entwickele sich ein „girlandenförmiger“ roter Ausschlag auf den Streckseiten von Oberarmen und Oberschenkeln – dieser Verlauf wäre „der Klassiker“, so Gerschlauer. Oft verliefen Ringelröteln aber auch ohne die typischen Krankheitssymptome.

Der Ausschlag

Er trifft nur jeden dritten bis fünften Infizierten, weiß Michael Aachenbach. Auf einen sichtbar Erkrankten kämen zwei bis vier „unsichtbar Erkrankte“. Absurderweise gilt eine Ringelröteln-Infektion zudem als überstanden, wenn sich der Ausschlag zeigt, die Ansteckungsgefahr ist vor Auftreten des Ausschlags am höchsten. „Wenn man weiß, dass man sie hat, sind sie nicht mehr ansteckend“, sagt Gerschlauer.

Wie sieht die Therapie aus?

„Viel Vorlesen, auf dem Sofa abgammeln“, rät Kinderarzt Gerschlauer.

Gibt es eine Impfung gegen Ringelröteln?

Nein. „Diese Erkrankung ist harmlos“, erläutert der Kinderarzt. „Wieso sollte man Kinder dagegen impfen?“

Kann man vorbeugen?

„Klar“, sagt der Kinderarzt, „man kann seine Kinder im Kartoffelkeller einschließen. Aber haben wir nicht durch Corona gelernt, dass Soziologie wichtiger ist als Infektiologie? Ringelröteln sind kein Grund, die Fehler, die wir in der Pandemie gemacht haben, zu wiederholen.“ Tatsächlich sei es schwer, sich vor Ringelröteln zu schützen, weil die Ansteckungsgefahr eben dann am größten sei, wenn man womöglich selbst noch nicht wisse, dass man sie habe. Wer sich gefährdet fühle, könne einen Mundschutz tragen. Wer infiziert sei und wisse, dass er in den ansteckenden Tagen eine Schwangere getroffen habe, sollte diese informieren. „Der Frauenarzt kann ihren Ringelröteln-Titer bestimmen und so erkennen, ob sie geschützt ist. Ist sie es nicht, wird er das Baby besonders sorgfältig überwachen.“

Darf ich Kinder mit Ausschlag in die Schule/Kita schicken?

„Aber ja, problemlos“, sagt Gerschlauer. „Sie sind ja dann nicht mehr ansteckend.“