Essen. Weihnachtszeit ist Infektionszeit. Praxen sind überlaufen und in den Kliniken wird es auch eng. Was tun, wenn kein Bett mehr frei ist.

Die Kinder trifft es besonders hart. Wieder einmal. Praxen sind überlaufen, selbst Kliniken müssen inzwischen oft stundenlang nach einem freien Bett für einen kleinen Patienten mit einer schweren Atemwegserkrankung suchen. Es gebe Häuser in NRW, da lägen 15 RSV-positive Kinder gleichzeitig, erklärt Prof. Christian Dohna-Schwake, Leiter der Kinderintensivstation der Essener Universitätsmedizin. Aber noch könnten alle kleinen Patienten vernünftig versorgt werden. „Ich kenne keinen Fall, wo ein Kind zu Schaden gekommen ist. Aber was passieren kann, ist, dass sie sechs, sieben Stunden in der Notaufnahme warten müssen.“

Vor allem Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV) machten derzeit zu schaffen, im Dezember hätte die Zahl „deutlich angezogen“. „In der Nacht von Sonntag auf Montag etwa ging bei uns nichts mehr. In der Notaufnahme standen drei Kinder, die stationär aufgenommen werden mussten – und wir hatten kein einziges Bett frei“, berichtet Dohna-Schwake. 20 andere Krankenhäuser habe die Pflege abtelefonieren müssen, bevor eine Lösung gefunden war.

Prof. Christian Dohna-Schwake leitet die Kinder-Intensivstation des Essener Uniklinikums.
Prof. Christian Dohna-Schwake leitet die Kinder-Intensivstation des Essener Uniklinikums. © Universitätsmedizin Essen | Universitätsmedizin Essen

Da half auch das neue „Web-Interface“ wenig, eine Internet-Seite, die Dohna-Schwake im Sommer zusammen mit zwei Kolleginnen und einem bayerischen Start-up-Unternehmen entwickelt hat – als die ersten Infektions-Daten aus Australien eintrudelten, die ein halbes Jahr vor unserem Winter Hinweise liefern für die Entwicklung bei uns. Die nächste Infektionswelle auch in Deutschland, war bereits da klar, werde erneut eine schwere. Seit anderthalb Wochen ist die Seite scharf gestellt, fast alle Kinderkliniken in NRW meldeten inzwischen darüber freie Kapazitäten, in vier verschiedenen Kategorien von Normalstation bis Neugeborenen-Intensiv-Bett, erläutert Dohna-Schwake. „Der oberste Treffer auf der Liste ist der örtlich nächstgelegene, die Telefonnummer des direkten Ansprechpartners steht daneben.“ Kranke Kinder landeten bisher auch schon einmal in einer 100 Kilometer vom Heimatort entfernten Klinik; Ärzte mussten sich über die Pforte dort mühsam zum diensthabenden Kinderarzt durchfragen. Für Laien eigentlich unvorstellbar, dass eine solche Liste erst noch erfunden werden musste. „Nicht nur für den Laien“, sagt der Arzt. „Deshalb haben wir es jetzt selbst in die Hand genommen.“

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Arzt rät: „Sperren Sie Ihr Kind nicht ein!“

Gesunden Kindern könnten gewöhnliche Infektionen nicht gefährlich werden, ergänzt der Arzt. Chronisch kranken in seltenen Fällen indes sehr wohl. Wobei er derzeit Influenza, also die echte Grippe, für eine weit größere Bedrohung als Corona hält. Mit Blick auf die Weihnachtstage rät der Kinderarzt: Wenn ein Kind plötzlich „angestrengt atmet“, wenn die Eltern sähen, wie die Rippen arbeiteten und ein sonst aktives Kind sich nur noch aufs Atmen konzentriere – „dann sollten Sie kommen!“ Leicht verschnupfte Kinder, findet er, könnten mitfeiern, wenn die Familie zusammen komme. „Nur wenn es hohes Fieber hat und richtigen Husten, dann sollte man schauen, ob das gerechtfertigt ist.“

Grundsätzlich empfiehlt Dohna-Schwake: „Sperren Sie Ihr Kind nicht ein!“ Sich nicht mit banalen Infekten auseinanderzusetzen, führe zu mehr Infektionen, auch bakteriellen. Das habe man in der Pandemie gelernt.

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