Düsseldorf. Ein Düsseldorfer Grundschulleiter findet, dass Eltern zu viel Verantwortung an Lehrkräfte abgeben. Wie das den Schulalltag verändert.

  • Er „tanzt auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig“, kommt mit seiner Arbeit kaum noch hinterher. Ein Düsseldorfer Grundschulleiter erzählt von seinem Schulalltag. Er möchte lieber anonym bleiben. So wie ihm geht es vielen Lehrkräften in NRW.
  • Laut einem aktuellen Bericht der Ministerin für den Landtags-Schulausschuss zählen zu den insgesamt 930 Lehrkräften, die im vergangenen Jahr den Schuldienst verließen, auffällig viele junge Pädagogen.
  • Die allgemein hohe Unzufriedenheit betrifft auch die Schulleiterinnen und Schulleiter. Jede zehnte Stelle ist in NRW unbesetzt.

Lesen Sie hier das Protokoll eines Schulleiters, der für seinen Beruf brennt und dabei versucht, nicht auszubrennen:

„Immer öfter muss ich den Kolleginnen und Kollegen sagen, dass sie nachts keine Mails mehr beantworten sollen. So etwas wie Feierabend gibt es fast nicht mehr, auch ich bin ständig im Einsatz. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen betreut immer weniger Personal immer größere Klassen. Das Problem ist bekannt. Zum anderen merken wir in den Klassen selbst, dass dort immer mehr Kinder sitzen, die Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Bei einigen Kindern müssten wir deshalb eigentlich permanent doppelt besetzt sein.

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Ich glaube, dass das Verhalten einiger Schülerinnen und Schüler mit einer veränderten Kindheit einhergeht. Oft fehlt der notwendige Respekt gegenüber uns Lehrkräften. Das liegt auch daran, dass er von den Eltern oft nicht vorgelebt wird. Die Coronazeit hat das noch einmal verstärkt. Zudem sind viele Eltern unsicherer in ihrer Erziehung geworden, an die Schulen geben sie mehr Verantwortung ab. Heute bringen wir Kindern ganz natürlich das Schwimmen und Radfahren bei, das haben früher meist die Eltern gemacht. Schule hat dadurch eine Art All-inclusive Charakter bekommen.

Schulleiter aus Düsseldorf: „Ich tanze auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig“

Ich tanze auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig. Immer öfter verbringe ich meine Zeit damit, Eltern-Kind-Gespräche zu führen oder meine Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen – mental und im Klassenraum. Die Mehrarbeit liegt mittlerweile oftmals in der Erziehung, nicht in der Bildung.

Doch es ist schwierig, allen Kindern gerecht zu werden. Zu sehen, dass man sie nicht immer so fördern kann, wie sie es bräuchten, kann zermürbend sein. Wenn Kolleginnen und Kollegen krank sind, fällt im kleinen Deutsch-Förderkurs für neu zugewanderte Kinder schonmal der Unterricht weg, damit die große Klasse versorgt ist. Die anderen Kinder hängen dann oftmals hinterher. Das ist es auch, was viele von uns letztlich ausbrennen lässt. Denn wir haben meist mit Leidenschaft unseren Job angetreten, mit dem Wunsch, alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen zu stärken. Wir sprechen als Lehrkraft immer von ,unserer Klasse‘, das sind unsere Kinder.“

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