Witten. Masken behinderten Erzieherinnen während der Pandemie bei ihrer Arbeit mit den Kindern. Eine Wittener Kita-Leiterin nimmt kein Blatt vor Mund.
- Corona hat die Arbeit in Wittener Kitas extrem belastet
- Eine Wittener Kita-Leiterin erzählt, wie schwierig ihre Arbeit mit Gesichtsmaske war
- Inzwischen kann sie ihr modernes Konzept wieder wie gewünscht umsetzen
Das Leben in der Kita hat sich in den vergangenen fünf Jahren dramatisch verändert. So viel steht fest. Sina Dreyer und ihr Team der Kindertagesstätte St. Pius Rüdinghausen haben in der Corona-Zeit viel gelernt, vor allem eines: wie wichtig gemeinsames spielerisches Lernen von Vorschulkindern ist.
Wittener Kita-Leiterin musste sich während der Pandemie neu erfinden
„Sie probieren sich sozial aus“, sagt die 46-jährige Kita-Chefin. Sie lernen, sich zu entscheiden, sich abgrenzen und sich, ganz wichtig, nach einem Streit zu vertragen. Was heutzutage selbstverständlich erscheint, war in der Zeit der Pandemie kaum oder gar nicht möglich. Dafür entdeckte die Kita-Leiterin bei sich selbst eine bisher unbekannte Seite.
Während der Pandemie musste sie sich neu erfinden. Die Leiterin mit 23-jähriger Führungserfahrung hat sich weniger als Erzieherin, dafür umso mehr als Managerin erlebt. Sie selbst sieht von ihrem Schreibtisch noch immer direkt auf ein Regal, das mit Ordnern prall gefüllt ist. Klagen will sie nicht: Der Träger habe signalisiert, dass lediglich das vom Gesetzgeber vorgegebene Maß an Bürokratie erledigt werden müsse. Allein das hat ausgereicht, um in der Kita „Langeweile“ zum Fremdwort zu machen.
Familien trugen in Corona-Zeit Hauptlast
Heutzutage erinnert in der Kita an der Kreisstraße nichts mehr an die Lockdowns, die Erzieherinnen, Kindern und Eltern alles abverlangt haben. „Die Hauptlast“, weiß Dreyer, „haben Familien getragen.“ Die Fachwirtin im Sozialwesen zeigt sich im Nachhinein erleichtert, dass sich Kinder, Eltern und Team bereitwillig auf die sich immer wieder geänderten Regeln beim Umgang mit der damals unbekannten Krankheit eingelassen haben – „auch wenn manchmal eine Hilflosigkeit da war“. Dabei weiß die Kita-Chefin zu schätzen, dass ihre Arbeit in dem gutbürgerlichen Stadtteil in mancher Hinsicht leichter ist als in Brennpunkten.

Dennoch haben auch Sina Dreyer und ihr Team harte Zeiten erlebt. Masken stehen beispielhaft für manches Anstrengende. Inzwischen werden sie nur noch beim Karneval getragen. So sehr sie vor Infektionen schützen – bei der pädagogischen Arbeit schaden sie. „Die Mimik ist ganz wichtig, um eine Bindung zu den Kindern aufzubauen“, sagt Dreyer in der Gewissheit, dass die Kita wieder ein Land des Lächelns ist.
Der Bedarf an familienergänzender Vorschulerziehung ist nach ihrer Beobachtung im Grenzbereich von Witten und Dortmund in jüngerer Zeit sogar noch größer geworden als vor der Pandemie. 45 Mädchen und Jungen besuchen die Kita. Ab zwei Jahren dürfen Kinder kommen. Die Bewerberliste ist lang. Etwa die Hälfte der Kinder darf 45 Wochenstunden in der Kita spielen.
Lesen Sie auch
- Grippe trifft in Witten vor allem Kinder: „Es ist kräftig“
- Brand in Wittener Werkstatt: Rauchwolke stoppt Autofahrer
- Wittener Politik-Professor zu Scholz vs. Merz: „Kein echtes TV-Duell“
Der Anteil an Einzelkindern steigt, auch in Witten
Das wachsende Interesse an Betreuung spiegelt einen Trend in den Familien in Rüdinghausen und Umgebung. Immer mehr Frauen wollen oder müssen arbeiten, manche in Vollzeit, viele in Teilzeit. Die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden steige im Schnitt, hat Dreyer festgestellt. Es gibt aber auch pädagogische Gründe für Eltern, ihren Nachwuchs in eine Kita zu schicken. Der Anteil an Einzelkindern steigt, wie Sina Dreyer beobachtet hat. Spielen in der Gruppe, so scheint es, ersetzt zuweilen fehlende Geschwister.
+++Folgen Sie jetzt auch dem Instagram-Account der WAZ Witten+++
Längst eröffnet die Kita der Kinderschar wieder Möglichkeiten, die während Corona tabu waren. Mädchen und Jungen dürfen selbst entscheiden, wo und mit wem sie spielen. Die Kita hat ihr Raumkonzept neu erfunden. Früher gab es alle Angebote in einem Raum. Heutzutage sind sie räumlich getrennt. Im „Atelier“ dürfen sich kleine Künstler ausprobieren. Im „Bauhaus“ wird gewerkelt. Ein Bewegungsraum bietet Platz zum Toben. Es gibt sogar eine Zone für Rollenspiele. Dazu kommt der Außenbereich mit Sandkästen und Fläche zum Dreiradfahren.

Alle Stellen sind in der Kita in Witten-Rüdinghausen besetzt
All das trägt dazu bei, dass die Kleinen emotional wachsen können. Dazu gehört auch, Störgefühle zuzulassen und, falls nötig, Nein zu sagen. Zur kindlichen Entwicklung gehört aber auch, wie Sina Dreyer betont, dass Kinder beispielsweise bei Frühstück oder Mittagessen lernen müssen, mal zu warten. Sieben Erzieherinnen, eine Ergänzungskraft und eine Auszubildende sorgen dafür, dass das Angebot bestmöglich läuft. Alle Stellen sind besetzt.
Auch interessant

Unterdessen wirkt eine Erkenntnis weiter, die sich in der Corona-Zeit bewährt hat: „Es ist ganz wichtig, dass wir mit den Eltern offen und ehrlich umgehen. Alles muss transparent sein.“
Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.