Witten. Witten kämpft mit einer starken Grippewelle: Kinder und ältere Menschen sind besonders oft betroffen. Können Impfungen helfen?

Zusammenfassung

  • Grippewelle trifft Witten: Zahl der Erkrankten verdoppelt
  • Kinder und Senioren besonders von Grippe betroffen
  • Grippe-Impfungen: Schutz oder überflüssig?

Deutschland schnieft, hustet, röchelt. Die winterliche Infektionswelle, so vermeldet es das Robert-Koch-Institut, schwappt durchs Land. Im Vergleich zur Vorwoche seien die Zahlen der Erkrankten „deutlich gestiegen, insbesondere bei den Schulkindern“. Wie ist die Lage vor Ort, in Witten wie im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis?

Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein lässt Zahlen sprechen. Die Grippewelle fällt demnach in diesem Jahr doppelt so heftig wie 2024 aus. Im Januar vorigen Jahres wurden 346 Fälle aktenkundig. Diesmal waren es 696 Erkrankte. Die Februar-Zahlen, das lässt der Trend erkennen, knüpfen da an, wo die Januar-Daten endeten. Klinke-Rehbein: „Die Dunkelziffer der tatsächlichen Erkrankungsfälle dürfte deutlich höher liegen.“

Wittens Ärztesprecher Dr. Meinshausen: „Es ist kräftig im Moment“

Wittens Ärztesprecher Dr. Arne Meinshausen hat das gesamte Infektionsgeschehen im Blick: „Es ist kräftig im Moment.“ Bis zu 60 Prozent seien Grippe-Infekte. Dazu kommen Lungenentzündungen, die durch das RSV-Virus ausgelöst werden. „Für Säuglinge sind sie gefährlich“, weiß der Herbeder Allgemeinmediziner, „für Erwachsene nicht so.“ Zum „bunten Programm“ gehören zudem Hals- und Nebenhöhlenentzündungen, eitrige Bronchitis und Schnupfen. Betroffen sind Menschen aller Altersklassen.

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Dr. Dörte Hilgard kann das bestätigen. Die Kinderärztin arbeitet in einer Praxis an der Bahnhofstraße in Wittens Innenstadt. Sie spricht von „reichlich kranken Kindern“. Im Mittelpunkt stehe Grippe. Doch nicht nur kleine Erkrankte treffe das Virus, sondern auch Mitglieder ihres Teams. „Bei uns“, sagt die Medizinerin, „herrscht Oberkante.“

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Grippe-Erkrankungen verlaufen mitunter schwer. Das spüren die beiden Wittener Krankenhäuser. Sabine Edlinger, Verwaltungschefin des Marien-Hospitals, weiß, dass Influenza-Patienten, die in dem katholischen Krankenhaus behandelt werden. „aus allen Altersgruppen“ kommen: „Besonders häufig werden in diesem Jahr unter zehnjährige und über sechzigjährige Patienten behandelt.“ Auf der Intensivstation landen allerdings durchweg betagte Erkrankte. Diese Einschätzung teilt Edlinger mit Professor Dr. Mario Iasevoli. Er leitet die Klinik für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus.

Wittener EvK: Kinder können unter Folgeerkrankungen leiden

Iasevoli verweist auf ein besonderes Risiko für Kinder. Sie seien kaum von schweren Verläufen betroffen. Stattdessen würden sie mehr unter Folgeerkrankungen wie Mittelohrentzündungen oder Nebenhöhlenentzündungen leiden.

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Welche Vorteile bringen Grippe-Impfungen? Ärztesprecher Meinshausen erklärt, die Spritze schütze entweder vor Ansteckung oder doch zumindest vor schwerem Verlauf. Die Bereitschaft der Patientenschar, sich einen Piks abzuholen, sei allerdings im vorigen Herbst, vor Beginn der Infekt-Saison, mäßig.

Wenig können Meinshausen wie Kinderärztin Dörte Hilgard Grippe-Impfungen für Kinder abgewinnen. „Ich weiß nicht, ob das hilft“, meint die Medizinerin. Meinshausen zeigt sich überzeugt, dass Grippe-Infekte bei Mädchen und Jungen zur Ausbildung eines funktionierenden Immunsystems beitragen.

Harkortschule in Witten-Stockum hat‘s erwischt

In Wittens Schulen  und Kindergärten zeigt sich ein vielschichtiges Bild. Die Kita Wirbelwind an der Eckardtstraß in Annen beispielsweise trifft die Infektionswelle derzeit nicht. Ähnlich sieht’s an der Grundschule Herbede aus. Die Harkortschule an der Hörder Straße  in Stockum hat es hingegen erwischt. Die Schulleitung spricht von „erhöhten Infektionszahlen bei Kindern“. Das Team sei nicht betroffen, der Unterricht finde in gewohntem Umfang statt.

Prof. Dr. Mario Iasevoli im EvK Witten: Grippe trifft derzeit vor allem Kinder.
Prof. Dr. Mario Iasevoli im EvK Witten: Grippe trifft derzeit vor allem Kinder. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Neben Grippe, Bronchitis und Lungenentzündung gehört auch Corona zu den Erkältungskrankheiten. „Corona ist inzwischen randständig“, bilanziert Meinshausen. Das war vor fünf Jahren anders. Damals, im März 2020, überrollte die erste Corona-Welle die Stadt. Gefühlt lag halb Witten flach.

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