Witten. Biografiearbeit liegt im Trend, weiß Marithres van Bürk-Opahle. Die Wittenerin schreibt auf, was Frauen ihr erzählen. Das kostet nichts, nur Mut.

Ehrenämter gibt es viele. Marithres van Bürk-Opahle widmet sich einer ganz besonderen Aufgabe: Die 65-Jährige verfasst Biografien über Frauen, die in Witten leben. Nicht Promis oder stadtbekannte Persönlichkeiten sind es, die sie interessieren, sondern ganz normale Hausfrauen und Rentnerinnen. Deren Geschichten schreibt sie auf - kostenlos. „Die Menschen können anderen oder sich selbst damit ein Geschenk machen.“

Die Idee dazu kam Marithres van Bürk-Opahle vor gut einem Jahr, als sie selbst in den Ruhestand ging. „Biografiearbeit ist gerade ein großer Trend“, sagt sie. Man könne sogar Kurse bei der VHS belegen, in denen man das Schreiben lernt. Wer dazu keine Lust hat, der ist bei ihr richtig. Die gebürtige Gladbeckerin, die seit 1995 an der Ardeystraße lebt, hat mal Theologie und Pädagogik studiert und sich später vor allem mit beruflicher Frauenförderung beschäftigt. Außerdem ist sie freiberufliche Trauerrednerin. „Und ich schreibe einfach total gerne“, sagt sie. Sie besitzt noch ihre und die Liebesbriefe ihres vor acht Jahren verstorbenen Mannes. Auch als die beiden Kinder geboren wurden, hat sie das aufgeschrieben.

Wittenerin hat bereits fünf Biografien geschrieben

Ihre 90-jährige Mutter, die selbst mal ihr eigenes sowie das Leben ihres Mannes und ihrer Mutter zu Papier gebracht hat, war anfangs skeptisch: „Wer erzählt dir denn was? Du bist doch für die Menschen eine Fremde.“ Deshalb hat die Tochter erstmal in Witten Klinken geputzt. Sie war bei der Gleichstellungsbeauftragten ebenso wie beim Seniorenbüro, bei der Caritas und der Awo. Darüber hoffte sie, interessierte Frauen zu erreichen - die übrigens ab 70 aufwärts sein sollten. „Aber 69 Jahre ist auch nicht schlimm“, schmunzelt Marithres van Bürk-Opahle. „Wichtig ist, dass die Leute mir vertrauen.“

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Fünf Biografien hat sie inzwischen geschrieben. Die erste für ein Ehepaar, das im Awo-Seniorenzentrum Egge lebt. „Beide sitzen im Rollstuhl, sind schon ewig miteinander verheiratet und total aufeinander eingestellt.“ Die Menschen erzählen von guten und schlechten Zeiten, von ihren Stärken und Schwächen, von ihrem Alltag in Witten. Letzteres festzuhalten, ist der Autorin besonders wichtig. Denn sie steht mit dem Stadtarchiv in Kontakt. „Die wollen die Biografien in ihren Bestand aufnehmen, wenn die Frauen damit einverstanden sind.“

„Das hat mich sehr bewegt“

Biografin Marithres van Bürk-Opahle über das Schicksal einer Frau

Marithres van Bürk-Opahle hat schon eine ganze Bandbreite von Schicksalen kennengelernt, „die sich hinter Fenstern verbergen, die alle gleich aussehen“. Eine Frau hat ihr von schwerstem sexuellen Missbrauch erzählt. „Das hat mich sehr bewegt.“ Keine von ihnen, auch das hat sie erfahren, wäre von selbst auf die Idee gekommen, das eigene Leben aufzuschreiben. „Dabei haben alle eine Geschichte zu erzählen.“

Ein paar Mal trifft sich die 65-Jährige mit ihren Interviewpartnerinnen und nimmt die Gespräche auf. Dann setzt sie sich zuhause an ihren Küchentisch neben dem Kamin und tippt die Texte in den Laptop ein. Etwa einen Monat schreibt sie an einer Biografie und korrigiert hier und da, falls es hinterher Verbesserungsvorschläge geben sollte. Zuletzt hat sie einer 90-Jährigen zugehört, die 1943 die Zerstörung der Möhnetalsperre live erlebt hat.

Ein ungewöhnlicher Vorname

Weit weniger bedeutsam, aber umso witziger, ist übrigens die Anekdote, die sich um den ungewöhnlichen Vornamen der Biografin rankt. Eigentlich sollte sie Marie-Therese heißen, erzählt die Wittenerin. Weil aber ihr Vater stets nur mit halbem Ohr zugehört hat, ist beim Standesamt „Marithres“ daraus geworden. Der erste Teil des Nachnamens stammt aus Flandern, der zweite aus Schlesien. Die Geschichten dahinter - vielleicht schreibt van Bürk-Opahle auch die irgendwann auf.

Biografie als Geschenk in digitaler Form

Marithres van Bürk-Opahle schreibt die Geschichten von Frauen auf, die in Witten wohnen. Sie tut dies ehrenamtlich, es entstehen also keine Kosten. In der Regel erhalten die Frauen ihre Biografie digital als pdf-Datei geschenkt. Nur wer einen Ausdruck wünscht, dem berechnet die Autorin einen Euro für die Kopien.

Wer Interesse hat, der meldet sich einfach bei van Bürk-Opahle unter 0176 61306487 oder vanbuerk.opahle@yahoo.de

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