Witten. . 30 Jahre Gleichstellungsstelle: Cornelia Prill und Kornelia Wolf kümmern sich um die Belange von Frauen und Männern – allen Vorurteilen zum Trotz.

  • Gleistellungsstelle Witten feiert am 2. November den 30. Geburtstag
  • Cornelia Prill und Kornelia Wolf kümmern sich um Belange von Frauen und Männern
  • Trotzdem haben die Gleichstellungsbeauftragten mit manchem Vorurteil zu kämpfen

„Ich wollte unbedingt sehen, wie Gleichstellungsbeauftragte aussehen“, mit diesen Worten habe sie neulich ein Bürgermeister aus dem EN-Kreis begrüßt, erzählt Cornelia Prill (41) noch immer fassungslos. Auch Stellvertreterin Kornelia Wolf (38) hat manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen: „Mir hat vorgestern noch jemand gesagt, dass ich gar nicht wie eine Gleichstellungsbeauftragte aussehe.“ Tatsächlich tragen beide keine lila Latzhosen. Enttäuscht? Das muss nicht sein. Denn die beiden kümmern sich vielleicht auch mal um Ihre Belange. Seit 30 Jahren ist Gleichstellung in Witten ein Thema, für das es eine Anlaufstelle im Rathaus gibt. Und dabei geht es ebenso um Männer wie um Frauen.

Wann haben Sie sich zum ersten Mal Gedanken über Gleichberechtigung gemacht?

Cornelia Prill: Früher gar nicht. Ich bin so aufgewachsen, dass es keinen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gab, habe mir nichts gefallen lassen. Ich wollte zunächst Tischlerin werden. Mein Vater fand das auch gut, meinte aber, es wird nicht klappen wegen fehlender sanitärer Anlagen. Ich habe ihm das einfach so geglaubt, auch wenn ich das komisch fand. Irgendwann beim Studium der Erziehungswissenschaften habe ich gemerkt, da gibt’s massive Unterschiede.

Große Jubiläumsfeier steigt im Rathaus

30 Jahre Gleichstellungsstelle Witten – das feiern die beiden Gleichstellungsbeauftragten am Mittwoch, 2. November, mit allen Interessierten ab 17.30 Uhr im großen Saal des Rathauses. Das Motto: „Gleich ist nicht egal – immer noch genug zu tun!“ Es wird Rück- und Ausblicke geben sowie Musik und Fingerfood.

Wer dabei sein möchte, kann sich noch bis zum 24. Oktober anmelden: 581-1613, gleichstellungsstelle@stadt-witten.de

Worin drücken die sich aus?

Prill: Sprache ist so ein Thema. Ich habe aber zum Beispiel schon früher immer gesagt „Ich bin keine Freundin von...“

Kornelia Wolf: Ja, Conny redet total anders, die sagt auch „meine innere Schweinehündin“.

Warum ist eine geschlechtergerechte Sprache denn so wichtig?

Wolf: Früher hat es mich nicht gestört, wenn zum Beispiel nur von Bürgern die Rede war. Aber wenn ich mir das jetzt bewusst mache, dann hat das schon was mit der Wertschätzung der Frau zu tun. Das wollen wir auch hier im Haus so rüberbringen.

Prill: Mir tut das so weh, wie wenn manche Leute falsche Töne auf Instrumenten spielen. Männer und Frauen ticken anders. Und wenn man Frauen mitspricht, dann denkt man sie auch mit. Ja, ich nerve die Leute damit – bis sie es irgendwann, vielleicht auch nur aus Versehen, selbst tun. Manchmal brauche ich in einer Runde auch nur dazusitzen...

Wenn Sie sich Fremden als Gleichstellungsbeauftragte vorstellen, wie reagieren die Leute?

Prill: Bei Frauen stoße ich eher auf Widerstände. Die denken, sowas braucht es nicht, weil sie nicht nur als Quotenfrau eingestellt werden wollen.

Wolf: Als ich mich vor etwa einem halben Jahr auf die Stelle als Stellvertreterin beworben habe, waren meine Freundinnen begeistert. Ich werde eher von jüngeren Männern belächelt, die nicht begreifen, wie nötig unsere Arbeit ist, und die fragen: Was machst du da denn überhaupt?

Und was genau machen Sie als Gleichstellungsbeauftragte?

Prill: Wir sind an allen Entscheidungen beteiligt, die das Personal hier in der Verwaltung betreffen. Wir haben Einsicht in alle Bewerbungen und beraten bei Beförderungsrunden. Außerdem sitzen wir im Verwaltungsvorstand und haben immer dann was zu sagen, wenn es um Gleichstellungsrelevanz geht. Wenn zum Beispiel in der Innenstadt was gebaut wird, gucken wir, ob es da Angstecken gibt. Oder jetzt an der Rathaussanierung, da sind wir auch beteiligt. Ich fände es ja schön, wenn es so etwas wie Eltern-Kind-Räume für die Mitarbeiter oder Wickelräume für die Besucher des Rathauses gäbe. Letztlich scheitert leider vieles am Geld.

Was gehört noch zu Ihren Aufgaben?

Wolf: Wir organisieren Veranstaltungen, machen Straßenaktionen und vor allem viel Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind gut vernetzt mit den Gleichstellungsbeauftragten anderer Kommunen und tauschen uns mit ihnen aus. Außerdem beraten wir auch Einzelpersonen – sowohl Verwaltungsmitarbeiter als auch Bürger, die mit Problemen zu uns kommen.

Bürgermeisterin rettet Quote nicht

Wie gleichberechtigt ist Witten? Immerhin haben wir eine Bürgermeisterin...

Prill: Sie ist offen für das Thema, aber die Quote rettet sie nicht . Die drei Dezernenten sind Männer. Immerhin gibt es zwei Frauen, die sich eine Sachgebietsleitung teilen und einige Männer in Teilzeit.

Wie vereinbaren Sie Familie und Beruf?

Wolf: Ich arbeite jetzt 80 Prozent. Meine Kinder sind acht und zehn. Wir nutzen den Offenen Ganztag, und Oma und Opa. Außerdem kann ich mir meine Zeit auch mal flexibel einteilen. Ich wollte immer Familie, aber unabhängig sein vom Mann. Das hier ist mein Traumjob.

Prill: Mir stellt sich die Frage nicht. Ich habe keine Kinder. Aber auch für mich ist es der Traumberuf. Und ich mache mir keine Sorgen, dass uns bald keiner mehr braucht.