Witten. Auch in der Pflege fehlt Personal. Die Caritas Witten beschreitet neue Wege und bietet Zugewanderten einen Einstieg in den Job. Wie das geht.
Nicht nur in der Gastronomie oder im Handwerk mangelt es an Personal. Betroffen ist auch die Pflege. Die Caritas Witten hat sich jetzt eine innovative Methode einfallen lassen, um Menschen zu finden, die diesen Job machen wollen: Sie ermöglicht Zugewanderten den Einstieg ins Berufsleben. „Restart“ heißt das Pilot-Projekt. Zwei Frauen haben ihren Platz schon sicher.
Halyna Potomkina stammt aus Cherson in der Ukraine. Die 61-Jährige ist Krankenschwester. Ihre Heimatstadt ist komplett zerstört, sie wird dort auf absehbare Zeit nicht mehr arbeiten können. Trotz ihres Alters ist Halyna Potomkin motiviert, möchte in ihren Beruf zurückkehren und in Witten Fuß fassen.
Wittener Pilot-Projekt bietet zwölf Plätze
Auch Zeynap Karaagac (49) will unbedingt beruflich in der Ruhrstadt ankommen. Sie lebt seit sechs Jahren in Deutschland, davon drei Jahre in Witten. „Ich bin Hausfrau, habe aber immer was gemacht, geputzt oder in der Fabrik gearbeitet.“ Gerade nimmt sie an einem ehrenamtlichen Deutschkurs teil.
Von beiden Frauen war Projektkoordinatorin Luisa Fischer (32) nach ersten Bewerbungsgesprächen schnell überzeugt. Sie beginnen nun am 1. September mit dem Qualifizierungsprogramm. Insgesamt gibt es zwölf Plätze und aktuell doppelt so viele Bewerber. Die Auswahl läuft derzeit noch, sagt Miriam Venn (39), Fachdienstleitung Migration, Integration und Ehrenamt bei der Caritas.
Ein Jahr dauert die Qualifizierung. „Dabei schlagen wir drei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Venn. Wer teilnimmt, macht zunächst mal einen Deutschkurs. In den 20 Stunden Unterricht pro Woche werde nicht nur Alltags-, sondern auch gleich Pflegefachsprache gelehrt, praktische Übungen und Rollenspiele inklusive. Der Kurs sei umfangreicher als andere, die Gruppe kleiner als üblich. Zum Schluss gibt’s ein offizielles Sprachzertifikat.
Caritas Witten hofft durch das Projekt auf neue Pflegekräfte
Zweitens könnten die Teilnehmenden dann schneller in einer Einrichtung hospitieren, also berufspraktische Erfahrungen sammeln. „Daraus erwächst die Chance, schon im Laufe des Projekts an einen Minijob zu kommen“, sagt Miriam Venn. „Oder im Anschluss in eine Ausbildung oder in ein Anerkennungsjahr oder für den grundpflegerischen Bereich bei uns übernommen zu werden.“ Drittens biete das Projekt ein soziales Netzwerk mit neuen Kontakten und Aktivitäten. „Wir begleiten die Zugewanderten, machen auch gemeinsame Ausflüge.“
Das Ziel von „Restart“ ist auch ein bisschen eigennützig. Natürlich soll es den Zugewanderten eine Perspektive bieten und die sonst oft langwierige Berufsfindung in Deutschland verkürzen. Aber, so Venn: „Wir erhoffen uns, darüber auch eigene Mitarbeitende zu finden.“
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Etwa 530 pflegebedürftige Menschen betreut die Caritas derzeit mit ihrem ambulanten Dienst. Dazu kommen pro Jahr rund 500 Beratungen von Pflegegeldempfängern, also pflegenden Angehörigen. „Noch können wir das bedienen“, sagt Geschäftsführer Andreas Waning. Doch die Anfragen nach ambulanter Pflege steigen. „Wenn wir geeignetes Personal fänden, würden wir es einstellen.“
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Dabei hat die Caritas vor Kurzem erst neun Grundpflegeassistentinnen in 200 Stunden für die einfache Behandlungspflege weiterqualifiziert. Immerhin lernen 13 Azubis bei dem Wohlfahrtsverband, der außerdem die Arbeitszeiten etwas optimiert hat. So müssen die derzeit 45 Pflegekräfte nur noch jedes dritte Wochenende arbeiten. Und seit Corona gibt es bei Bedarf die sogenannten „Mutti-Touren“, die zwischen 7.30 und 9 Uhr beginnen, statt schon um sechs. Auch müssen die Pflegedokumentationen nicht mehr mit der Hand geschrieben, sondern können einfach diktiert werden.
Halyna Potomkina und Zeynap Karaagac jedenfalls sind froh über die Chance, die sich ihnen mit „Restart“ bietet. Miriam Venn ist überzeugt, dass beide Frauen richtig sind im Pflege-Projekt. „Sie sind so herzlich und immer freundlich. Das spüren später auch die Patienten.“