Mülheim. Fünf Mülheimer Schulen sollen sich vergrößern. Speziell an einer sieht man große Probleme auf sich zukommen. Eines davon: zunehmende Aggression.

  • In den kommenden Jahren wird sich die Zahl der Schüler in Mülheim deutlich erhöhen.
  • An fast allen betroffenen Schulen muss angebaut werden, um die Zügigkeit zu erhöhen.
  • Dazu gibt es kritische Stimmen. Ein Schulleiter spricht von einem „vielfach gestressten System“.

Fünf Mülheimer Schulen nehmen ab dem kommenden Schuljahr standardmäßig mehr Schülerinnen und Schüler auf als bisher. Ihre sogenannte Zügigkeit wird erhöht, sprich die Anzahl der Parallelklassen, die Jahr für Jahr anfangen. Fast überall muss dafür gebaut werden. Die größte Veränderung erlebt die Realschule Stadtmitte, die von vier auf sechs Züge erweitert wird. Die Gesamtschule Saarn geht von fünf auf sechs Züge und die Luisenschule, das Gymnasium Heißen sowie das Gymnasium Broich gehen von je vier auf fünf Züge. Der Bildungsausschuss winkte die Pläne am Montag durch. Zuvor meldeten sich einige kritische Stimmen zu Wort.

So erinnerte Jens Dübbert, stellvertretender Leiter der Realschule Stadtmitte mit 827 Kindern und Jugendlichen, daran, dass der Schulsozialindex für seine Schule die höchste Note „9“ ausweist. Sprich: Schon jetzt muss man vor Ort mit besonders schwierigen sozialen Bedingungen zurechtkommen. Dübbert spricht von „Brennpunktschule“, und davon, dass man diese Belastung jeden einzelnen Tag merke. Er erlebe „ein vielfach gestresstes System“. Der Containerbau an der Ecke Klöttschen/Von-Bock-Straße sei vollumfänglich belegt und auch der „baufällige“ Pavillon auf dem Schulgelände. Ein Raum sei gesperrt wegen fehlender Fluchtwege. Insgesamt habe man von 35 Klassenzimmern gerade noch vier frei - deutlich zu wenig für die Ausbaupläne.

Mülheims Realschule ist nicht so weit wie geplant

Längst wurde daher beschlossen, die Realschule Stadtmitte massiv auszubauen. „Leider sind wir mit den Maßnahmen aber noch nicht so weit, wie wir eigentlich wollten“, so Schuldezernent David Lüngen. Vize-Schulchef Dübbert fragt sich indes schon, wie sich die Bauarbeiten aufs Schulleben auswirken werden: „Schon jetzt haben wir kleine Schulhöfe und zum Teil große Aggressionen.“ Es stehe zu befürchten, dass diese Aggressionen zunehmen, wenn die Arbeiten zu weiteren Einschränkungen auf den Höfen führen.

Die rotgeklinkerte Realschule Stadtmitte zwischen dem Berufskolleg (r.) und der Turnhalle der Otto-Pankok-Schule (l.). Schon jetzt, so sagt die Leitung, seien die Schulhöfe viel zu klein. Und man fürchte, dass der Ausbau noch zu einer Zunahme der Konflikte zwischen Schülern führt.
Die rotgeklinkerte Realschule Stadtmitte zwischen dem Berufskolleg (r.) und der Turnhalle der Otto-Pankok-Schule (l.). Schon jetzt, so sagt die Leitung, seien die Schulhöfe viel zu klein. Und man fürchte, dass der Ausbau noch zu einer Zunahme der Konflikte zwischen Schülern führt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey www.luftbild-blossey.de

Inge Göricke von den Grünen wünschte der Schulgemeinde „viel Kraft und Geduld“. Sie halte die Erweiterung für „sehr kritisch“. Das Kollegium stehe vor einer „extrem anspruchsvollen Aufgabe“. Heiko Hendriks (CDU) versuchte indes, nochmal zu erklären, warum man sich 2022 im Bildungsentwicklungsplan darauf verständigt hatte, ausgerechnet diese Schule so massiv zu erweitern. „Unsere Aufgabe ist, Kindern, die sich für eine Schulform entscheiden, auch genau in dieser Schulform einen Platz anzubieten.“ An den anderen Realschulen aber sei kein Raum mehr für Erweiterungen. Die Schülerzahl aber wachse weiter, man müsse handeln.

Ausschreibungen ohne Angebot: „Eine dramatische Situation“

Ihm sei aber auch klar, dass es „eine Hausnummer“ ist, auf sechs Eingangsklassen hochzugehen. „Die Schule wird schon sehr groß - und wer sagt uns denn, dass wir in einigen Jahren überhaupt noch genug Lehrer haben für qualifizierten Unterricht?“ Hendriks sah noch weitere Probleme: „Auch wenn wir unsere Hausaufgaben machen und Beschlüsse fassen - es gibt zu wenig Fachpersonal, auch bei den Baufirmen.“ Man sehe ja, dass sich auf manche Ausschreibungen niemand meldet, „eine dramatische Situation“.

Andreas Iligen, Sprecher der Mülheimer Schulleitungen, und Mathias Kocks (SPD), seines Zeichens auch stellvertretender Leiter der Willy-Brandt-Schule, mahnten an, die Schulleitungen stets rechtzeitig über alle Entwicklungen zu Ausbau und Co. zu informieren. „Denn es ist richtig doof, wenn man so etwas quasi über den zweiten Bildungsweg erfährt“, so Kocks, „also über Eltern oder die Presse.“ Er machte der Realschule Mut: „Jeder, der so eine Sanierung hinter sich gebracht hat, weiß um die Strapazen, weiß aber auch, wie viel schöner es hinterher ist.“

Leiterin der Luisenschule sieht bereits neue Kapazitätsprobleme

Zu Wort meldete sich auch Heike Quednau, Leiterin der Luisenschule. Sie sei mit der neuen Zügigkeit „völlig einverstanden“. Fraglich aber sei, ob man damit in Zukunft überhaupt hinkommt. Laut Prognose seien 164 Neuankömmlinge an ihrer Schule zu erwarten - im Schnitt hätte damit jede der fünf Klassen weit über 30 Jungen und Mädchen. Zu viele, „zumal wir ja auch immer noch zwei Sportklassen haben, mit deutlich weniger Schülern“.

Es könne durchaus sein, antwortete Peter Hofmann, Leiter der Schulverwaltung, dass man dann mehrere Dutzend Schüler ablehnen muss, „also genau wie bisher“. Im Austausch mit der Bezirksregierung könne man vielleicht für das ein oder andere Jahr eine Sechszügigkeit ermöglichen. Bildungsdezernent Lüngen wies darauf hin, dass der „Peak“ der Schülerzahlen bald erreicht sei, „sie werden aber langfristig höher bleiben als zuvor“. In den Ausschuss-Unterlagen findet sich unter anderem die erwartete Anzahl der Fünftklässler an Mülheims fünf Gymnasien - 707 (in 2025/26), 782 (2026/27), 833 (2027/28), 826 (2028/29), 810 (2029/30) und 795 (2030/31) -, an den drei Realschulen - 364 (in 2025/26), 421 (2026/27), 434 (2027/28), 442 (2028/29), 428 (2029/30) und 420 (2030/31) - sowie an den drei Gesamtschulen - 468 (in 2025/26), 528 (2026/27), 547 (2027/28), 555 (2028/29), 538 (2029/30) und 530 (2030/31).

Neubau an der Gesamtschule Saarn auf lange Sicht zu klein

Claudia Büllesbach, Leiterin der Gesamtschule Saarn, dankte dem Ausschuss für den Neubau, und dafür, dass man immer an ihre Schule geglaubt habe. „Für sechs Züge aber ist der Neubau zu klein.“ Schon jetzt seien die Siebtklässler in weit entfernten Containern untergebracht. „Und wir fürchten, dass die Schule über Jahre eine Containerschule wird.“ Man brauche weiterhin Unterstützung und hoffe, dass alsbald eine Machbarkeitsstudie für einen zusätzlichen Anbau entstehe. Laut Lüngen könnte dies 2026 der Fall sein. „Es stehen aber an 31 der 38 Mülheimer Schulen Baumaßnahmen an.“ An dem ein oder anderen Standort müsse man sich also wohl weiter in Geduld üben.

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