Gladbeck. Die Stadt hat das Traditionscafé am Rathaus vor einiger Zeit gekauft. Gladbecks Bürgermeisterin Weist kündigt im Interview nun einen Neustart an.

Hinter Gladbeck liegt ein spannendes Jahr 2024 – und auch 2025 wird sich einiges in der Stadt bewegen. Die Lokalredaktion sprach mit Bürgermeisterin Bettina Weist zum Jahresauftakt über aktuelle Fragen.

Die ursprünglich für das Rathauscafé Schwarte angedachte Lösung eines Jazzcafés hatte sich Ende vergangenen Jahres zerschlagen. Ist es richtig, und Aufgabe der Stadtverwaltung, sich so eine Immobilie ans Bein zu binden?

Diese Immobilie ist das Baby aller hier. Es gab eine breite politische Zustimmung, diese zu übernehmen. Auch, um dem entgegenzuwirken, dass wir hier an der wohl besten Adresse am Willy-Brandt-Platz etwas haben werden, was den Gladbeckern nicht so gut gefällt. Es ist aber wahrscheinlich eine einmalige Vorgehensweise, das wird jetzt hier nicht Schule machen. Immer da, wo das Thema so eng verknüpft ist mit Stadtentwicklung, ist es wichtig, dass die Stadt in Verantwortung geht. Es hat uns den Rücken gestärkt und letztendlich auch dazu geführt, dass wir das Rathauscafé erworben haben, dass Politik gesagt hat, das sei so genau richtig. Und der Wert der Immobilie ist ja auch da. Wenn die Stadt irgendwann das Tafelsilber verkaufen muss, dann hat man da mit dem Rathauscafé etwas stehen. Auch von daher fand ich den Kauf richtig.

Wie sehen die aktuellen Planungen für das Rathauscafé aus?

Wir sind auf der Zielgeraden. Aktuell verfolgen wir wieder ein Konzept mit zwei Personen, die viel Erfahrung aus dem Gastronomiebereich mitbringen und mit denen wir das gerne machen möchten. Das Konzept wollen wir jetzt zügig der Politik und der Öffentlichkeit vorstellen. Ich glaube, das wird genau das richtige hier auf dem Willy-Brandt-Platz sein. Angedacht ist eine Ganztags-Gastro mit Frühstück und Angeboten bis in den Abend hinein. Wir wollen als Vermieter auf jeden Fall unterstützen, zum Beispiel mit Instandsetzungen, um gute Startvoraussetzungen für das gastronomische Angebot zu schaffen.

Seniorenbeirat Gladbeck Veranstaltung
Gladbecks Bürgermeisterin Bettina Weist, hier im Gespräch mit Bürgern, verteidigt den Entschluss der Stadtverwaltung, das Rathauscafé Schwarte gekauft zu haben. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Das gastronomische Angebot in der Innenstadt beschäftigt viele Gladbecker. Vor allem junge Menschen beklagen immer wieder, dass es kaum Treffpunkte für sie gibt.

Mir ist es ein Anliegen, in Stadtmitte Angebote zu schaffen. Da halten wir einiges an kommunalen Einrichtungen vor, beispielsweise die Freizeittreffs. Wir wissen aber, dass nur ein kleiner Prozentsatz von Jugendlichen in die Einrichtungen geht. Darüber hinaus leisten auch die Sportvereine ganz viel. Für Jugendliche bringen wir nun das „3Eck“ wieder an den Start. Die Wiedereröffnung bereiten wir seit zweieinhalb Jahren vor. Am Montag hat ein Kollege damit begonnen, ein neues Konzept umzusetzen. Seine Aufgabe ist es, das „3Eck“ wieder zu öffnen. Vorstellbar ist zum Beispiel ein Schülercafé. Wir wollen jetzt erst einmal bei der Zielgruppe über Schülerinnen und Schüler nachfragen, was sie sich überhaupt wünscht. Auch die Skateranlage wird erneuert. Darüber hinaus haben wir in der Innenstadt weitere Treffpunkte, jetzt am Wochenende hat erst das Frozen Yogurt-Geschäft im City Center eröffnet. Und auch das Extrablatt, das am Marktplatz eröffnen soll, wäre ein möglicher Treffpunkt. Das ehemalige Rathauscafé Schwarte könnte künftig auch junge Erwachsene anziehen.

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Als Sie als Bürgermeisterin gestartet sind, haben Sie sich die Förderung von Start-ups auf die Fahne geschrieben. Nach ersten Messen im Innovationszentrum Wiesenbusch ist es aber ruhig geworden. Was ist aus der Förderung geworden, ist sie versandet?

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Nein, ganz im Gegenteil. Wir haben allerdings tatsächlich gemerkt, dass wir mit den Start-up-Messen die Zielgruppe nicht erreichen. Inzwischen haben wir in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Bottrop das Tun-Netzwerk gegründet. Und das ist richtig super. Das Netzwerken funktioniert richtig gut. Auch die Idee, Büros mietfrei im Wiesenbusch anzubieten, hatte nicht funktioniert. Wir haben richtig viel Werbung gemacht, aber es hat sich niemand beworben. Das Kreativamt hat sich hingegen super entwickelt. Da sind viele Unternehmen gestartet, für die der Platz dort mittlerweile sogar zu klein geworden ist. Im Wiesenbusch haben wir uns inzwischen auf ein Profil geeinigt, nämlich für gebäudenahe Dienstleistungen und Technologien. Damit sich die Jungunternehmer auch innerhalb des Komplexes Wiesenbusch vernetzen können. Von daher ist beim Thema Start-up einiges passiert. Und auch in der Innenstadt gibt es einige Gründungen, etwa in den Nebenstraßen. Sei es das Seifengeschäft Seifenbrise, der Frozen Yogurt-Laden oder auch Keli‘s Schnellrestaurant mitten an der Hochstraße.

In wenigen Wochen steht die vorgezogene Bundestagswahl an. Hat Ihre Partei, die SPD, überhaupt Chancen?

Ich bin jemand, der Hoffnung bis zum Schluss hat. Hoffnung, dass die demokratischen Parteien gestärkt aus der Bundestagswahl herausgehen. Ich glaube, die SPD zeigt gerade in diesen Wochen, dass sie eine starke Partei der Mitte auch weiterhin sein wird.

Sie sprechen damit die Debatte rund um die Entscheidung von CDU-Chef Friedrich Merz an, Mehrheiten in der Migrationspolitik mit der AfD zu bilden. Wie blicken Sie auf die aktuelle Asyldebatte?

Das, was Friedrich Merz losgetreten hat, ist unsäglich. Das hat mich absolut erschüttert. Wir haben hier im vergangenen Jahr mit den Gladbeckern 75 Jahre Grundgesetz gefeiert, auch, um die Demokratie zu stärken. Und um zu zeigen, dass wir uns auf unsere Grundwerte besinnen. Wir gestalten das Miteinander und fördern das friedliche Zusammenleben in der Stadt und das gelingt uns auch in weiten Teilen. Jetzt bekommt man so einen Knüppel zwischen die Beine geworfen. Da bin ich fassungslos drüber. Wenn ich sehe, dass hunderttausend Menschen jetzt auf die Straße gehen, macht mir das schon Hoffnung, dass es da eine Korrektur geben wird. Wir haben das Recht auf Asyl im Grundgesetz stehen. Es ist unsäglich, dass auf dem Rücken von Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf gemacht wird. Viele der Menschen sind jetzt zutiefst verunsichert aufgrund dieser Diskussionen. Es ist jetzt ganz wichtig, dass SPD, Grüne und Linke dagegenhalten und klarmachen, dass wir in einem solchen Land nicht leben möchten. Natürlich hat die Diskussion auch eine Berechtigung hinsichtlich des Themas innere Sicherheit. Wenn ich an den Attentäter aus Aschaffenburg denke, ist klar, dass wir klare Regeln haben müssen und die Systeme auch funktionieren müssen. Und das hat nichts mit ,Wir machen die Grenzen dicht‘ zu tun.

Im September steht dann schließlich die Kommunalwahl an. Was gibt Ihnen Kraft, noch einmal anzutreten?

Mein innerer Motor ist, die Stadt weiter zu gestalten. Nach fünf Jahren ist man damit noch nicht fertig. In den vergangenen Jahren habe ich viele Weichen gestellt, viele Konzepte auf den Weg gebracht. Da möchte ich natürlich auch dabei sein, wenn die Projekte in die Umsetzung gehen. Bürgermeisterin ist man 24 Stunden pro Tag, an sieben Tagen in der Woche. Das Amt war für mich auch ein großes Versprechen, für alle Gladbecker da zu sein. Ich möchte weitere fünf Jahre meine Kraft einsetzen.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass es wieder eine feste Mehrheit im Rat geben wird, und Sie nicht immer um wechselnde Mehrheiten kämpfen müssen?

Ich kenne es gar nicht anders, als ständig neue Mehrheiten organisieren zu müssen. Wir haben viel Arbeit und Zeit hineingesteckt, von unseren Ideen zu überzeugen. Und auch Vertrauen aufzubauen. Hier gilt eine Frau ein Wort, ich brauche keine Hinterzimmerspielchen, ich kann sie auch gar nicht. Natürlich wünsche ich mir eine starke SPD für den Stadtrat. Ich wünsche mir aber insgesamt eine starke demokratische Mehrheit. Das hat hier immer gut funktioniert, und bei den meisten Fragen, wo es wirklich drauf ankam, ist es uns gelungen, eine Mehrheit im Stadtrat zu organisieren. Ich möchte mir aber nicht ausmalen, was es für die Stadt bedeuten würde, wenn wir diese starke demokratische Mehrheit nicht bekommen.

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