Gladbeck. Die Caritas Gladbeck startet einen ambulanten Palliativ-Pflegedienst. Fachkräfte Bettina Hark und Cristina Berg geben Einblicke in ihre Arbeit.
Bei dem Wort „palliativ“ denken viele Menschen an Kranke, bei denen der Tod kurz bevorsteht. Doch das stimmt so nicht. Vielmehr geht es darum, Schwerkranke ganzheitlich zu behandeln und auf ihrem Weg zu begleiten. Ein selbstbestimmtes Leben in Würde ist das Ziel. Ist das denn in Anbetracht der gesundheitlichen Umstände überhaupt möglich? „Ja“, sagen Bettina Hark und Cristina Berg. Sie sind Fachkräfte beim zertifizierten Allgemeinen ambulanten Palliativ-Pflegedienst, den der Caritasverband Gladbeck gerade an den Start gebracht hat. Die beiden Frauen erzählen aus ihrem beruflichen Alltag.
Um es vorwegzunehmen: Diese Tätigkeit ist keineswegs immer traurig und bedrückend. Auch wenn es durchaus belastende Situationen gibt, selbst für Profis. Doch wer die Berichte der beiden Fachkräfte hört, merkt schnell: Sie lachen viel mit ihren Patienten und Angehörigen, knüpfen enge Verbindungen, stehen an der Seite ihrer Schützlinge, teilen gute wie schlechte Tage. Kurzum: Hark und Berg sind Bezugspersonen, Vertraute und Begleiterinnen.
Die Fachkräfte haben eine spezielle Weiterbildung absolviert
Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck, sagt: „Unser zertifizierter ambulanter Palliativ-Pflegedienst ist das einzige derartige Angebot in der Stadt.“ Mit eingebunden, so Bettina Hark, sind der Hospizverein und Palliativmediziner Ralf Makowka. 160 Stunden Weiterbildung liegen hinter den Fachkräften. Das Team setzt sich zusammen aus insgesamt fünf Palliativschwestern.
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Darunter Bettina Hark, gelernte Krankenschwester. Die 60-jährige Gladbeckerin arbeitet seit 40 Jahren in der Pflege, ist seit sage und schreibe 30 Jahren für die Caritas tätig.
Bei der 57-jährigen Cristina Berg kann man fast von einer „Spätberufenen“ sprechen. Die Musterschneiderin – geboren in Buer, seit zwölf Jahren in Gladbeck daheim – absolvierte vor fünf Jahren eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin. Ein mutiger Schritt? „Ich bereue, dass ich das nicht früher gemacht habe“, sagt Berg mit dem Brustton der Überzeugung. Und nun die Spezialisierung.
„Die Caritas wollte eine zertifizierte Palliativpflege, und dazu gehören Fachkräfte“, berichtet Bettina Hark. In ihrer Ausbildung zur Krankenschwester sei das seinerzeit kein Thema gewesen. Aber diese Schwerstkranken bedürfen der besonderen Zuwendung. „Für Patienten, die im Bett liegen, braucht es mehr als Körperpflege“ und medizinische Versorgung. Angehörige schließen die Fachkräfte immer mit ein.
„Ich möchte den Kranken eine schöne Zeit machen “
Cristina Berg: „Wir begleiten Menschen, die palliativ sind, über Wochen, manchmal Monate. Da entwickeln sich Beziehungen.“ Manche Kranke kennen sie und ihre Kollegin Hark schon aus gesundheitlich besseren Tagen. Ohne diese persönlichen Vertrauensverhältnisse ließe sich diese Arbeit vermutlich kaum umsetzen. Schließlich möchte Cristina Berg den Kranken „eine schöne Zeit machen“.
Die Versorgung der Erkrankten, die nicht mehr heilbar sind, umfasse, dafür Sorge zu tragen, „dass die Patienten schmerzfrei sind“. Hark ergänzt: „Es geht auch um Symptome wie Unwohlsein und krankhafte Erschöpfung.“ Sie wolle die Patienten „da abholen, wo sie gerade stehen“ – an guten wie an schlechten Tagen. Die Fachkräfte sind täglich zur Stelle, „wir kommen auch gerne viermal am Tag“.
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Zu den Aufgaben der Fachkräfte gehören: Infusionen legen, Wunden versorgen, Kompressionsverbände anlegen, Schmerzmittel in unterschiedlicher Form wie Tabletten, Injektionen und Pflaster verabreichen. Die Behandlungspflege wird über die Krankenkassen finanziert. Für die sogenannten körperbezogenen Leistungen, zum Beispiel das Anreichen von Essen und Getränken sowie das Umbetten als Maßnahme gegen Wundliegen kommt die Pflegekasse auf.
„Ich begleite die Menschen gerne. Es tut mir leid, wenn ich nicht bis zum Ende den Weg mit ihnen gehen kann.“
Berg möchte „in Würde pflegen, nicht huschhusch“. Das schließt Gespräche mit Kranken und Verwandten ein – nicht unbedingt über den Tod, sondern auch über Alltägliches, Gott und die Welt. Da darf auch gerne gelacht werden. Oder es werden Kirchenlieder gesungen, gemeinsam haben die Katholikinnen mit den ihnen Anvertrauten auch schon das „Vaterunser“ gebetet. Was immer den Patienten guttut. Und das sollte nicht gegen ihren Willen geschehen: Selbstbestimmung steht im Fokus der Arbeit.
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Am Herzen liegt Berg und Hark vor allem, auf die Bedürfnisse der Schwerkranken und deren Verwandten einzugehen. „Schwierig ist es, wenn Konflikte in der Familie bestehen, dann versuche ich zu vermitteln“, berichtet die 60-jährige Gladbeckerin. Denn steht ein Kranker in seiner letzten Lebensphase erst einmal unter schweren Medikamenten, kann es für eine Aussprache zu spät sein. Deshalb appelliert Bettina Hark: „Kümmert Euch, wir wollen doch alle zu Hause sterben.“ Sie weiß: „Manche Menschen halten es nicht aus, wenn der Partner leiden muss.“ Kollegin Berg fügt hinzu: „Oder wollen es nicht wahrhaben, dass der Mensch geht.“
„Es ist in unserem Sinne, dass die Palliativ-Pflege ausgebaut wird.“
Das gilt manchmal auch für die Schwerkranken, hat Berg festgestellt: „Die Patienten erwarten dann von sich selbst Dinge, die sie nicht mehr leisten können, zum Beispiel Autofahren oder Duschen. Die Erkrankten lehnen Pflege ab, aber die Angehörigen machen sich Sorgen.“ Dann gehen die Palliativschwestern Schritt für Schritt vor, bauen Beziehungen auf.
Wer Beziehungen zu seinen Mitmenschen pflegt, ist betroffen, wenn der Tod kommt. Sicher, er gehört zum Leben. Hark gibt dennoch zu: „Der Tod nimmt einen mit.“ Berg meint: „Besonders, wenn die Menschen nicht palliativ waren und sie vor ihrer Zeit abgeholt werden.“ Die 57-Jährige beschäftigt es, wenn auch relativ junge Menschen gehen.“ Sie und ihre Kolleginnen betreuen palliative Patienten ab etwa 75 Jahren und nicht-palliative Schützlinge. Bettina Hark gibt zu: „Manches nimmt man mit nach Hause.“ Da sind die Kräfte froh, wenn sie sich untereinander stützen können.
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Das Wort „sterben“ nehmen Hark und Berg so gut wie gar nicht in den Mund. Sie sprechen davon, dass die Kranken gehen dürfen. Bettina Hark sagt nachdenklich: „Ich begleite die Menschen gerne. Es tut mir leid, wenn ich nicht bis zum Ende den Weg mit ihnen gehen kann.“
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Caritas-Sprecherin Antonia Gemein blickt in die Zukunft und sagt: „Es ist in unserem Sinne, dass die Palliativ-Pflege ausgebaut wird.“ Das dürfte angesichts der demografischen Entwicklung auch notwendig sein. Zumal, wie Bettina Hark betont, „die Palliativ-Pflege jedem zusteht.“ Cristiana Berg meint: „Jeder möchte doch zu Hause sterben.“ Wenn sich dies ermöglichen lässt, so Bettina Hark, „ist das ein Geschenk“.
Wer sich für den zertifizierten Allgemeinen ambulanten Palliativ-Pflegedienst der Caritas Gladbeck interessiert, kann sich wenden an: Svenja Patz, 02043/3712115.